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Archiv vom Juli 2013

Filmkritik: "Wolverine – Weg des Kriegers"

Geschrieben am Mittwoch 31 Juli 2013 um 22:39 von Roland Freist

Rotkäppchen und der Wolf

Der neue "Wolverine" ist ein trauriges Beispiel für einen Film, der gut anfängt, einem vertrauten Thema neue, interessante Seiten abgewinnt, nur um am Ende so zu enttäuschen, dass es sich auf die Bewertung der gesamten 126 Minuten auswirkt. Die letzte halbe Stunde ist so unglaubwürdig, sowohl was die Charaktere wie auch was die Handlung angeht, dass sie alles zerstört, was der Film zuvor sorgfältig aufgebaut hatte.

Los geht es 1945 mit dem Atombombenabwurf auf Nagasaki. Logan (Hugh Jackman) sitzt als amerikanischer Kriegsgefangener in einem japanischen Militärlager in der Nähe der Stadt. Als die Bombe explodiert, rettet er einen der japanischen Soldaten (Hal Yamanouchi), indem er ihn mit seinem unverwundbaren Körper vor dem Feuer und der Strahlung schützt.

Sprung in die heutige Zeit. Logan lebt als Eremit irgendwo in den nordamerikanischen Wäldern. Anstatt seiner üblichen Frisur mit den putzigen kleinen Wolfsohren an den Seiten hat er sich eine schulterlange Mähne und einen Fusselbart zugelegt. In seinen Träumen erscheint ihm seine Ex Jean Grey (Famke Janssen), die er im dritten Teil der X-Men-Saga umgebracht hatte, nachdem sie wahnsinnig geworden war. Er leidet unter seinen Erinnerungen, an seinem Dasein und er weiß inzwischen, dass er für seine Unsterblichkeit einen hohen Preis bezahlen muss.

Da taucht plötzlich die sehr rothaarige Yukio (Rila Fukushima) auf. Sie wird von dem Soldaten geschickt, den Logan 1945 gerettet hatte. Sein Name ist Yashida, und mittlerweile ihm gehört das größte Unternehmen von ganz Asien. Nun liegt er im Sterben, doch vor seinem Tod möchte er sich bei Logan noch einmal bedanken und sich von ihm verabschieden. Das hat er jedenfalls Yukio erzählt. Angekommen in Japan erkennt Logan jedoch, dass alles ganz anders ist, als Yukio es ihm erzählt hatte. Tatsächlich ist der Kampf um Yashidas Erbe bereits voll entbrannt. Der greise Firmengründer bittet Logan von seinem Krankenbett aus, dass er sich um seine Enkelin Mariko (Tao Okamoto) kümmere, die er in seinem Testament als Alleinerbin benannt hat. Um dieses Erbe zu verhindern, trachten ganze Hundertschaften von Yakuzas und vermummten Ninja-Kriegern Mariko nach dem Leben, dazu kommt mit der giftspritzenden Viper (Svetlana Khodchenkova) der neben Wolverine einzige Mutant des Films. Ihr gelingt es, Logan/Wolverine zumindest einen Teil seiner Selbstheilungskräfte zu nehmen, wodurch er über weite Strecken genauso verletzlich ist wie ein normaler Mensch. "Wolverine – Weg des Kriegers" ist im X-Men-Kosmos bislang der Film, in dem die speziellen Fähigkeiten der Mutanten die geringste Rolle spielen.

Überhaupt ist es ein sehr untypischer Vertreter dieser Reihe. Er zeigt unter anderem eine zarte, in langen Einstellungen gedrehte Liebesgeschichte, die lediglich den Fehler hat, dass sie Logan mit der falschen Frau zusammenbringt – finde ich jedenfalls. Und

(Vorsicht, Spoiler!)

der Schluss, in dem es unser Held mit dem gestählten Körper mit einem mächtigen Roboter zu tun bekommt, erinnert eher an Science-Fiction des letzten Jahrtausends als an den Stil der X-Men-Serie.

Wie gesagt, am Anfang macht der Film alles richtig. Einige Szenen, wie etwa der Atombombenabwurf oder ein Duell auf einem mit Höchstgeschwindigkeit dahinrasenden Shinkansen-Zug, sind sogar spektakulär. Und Wolverine wurde noch nie so menschlich gezeigt, sowohl physisch wie psychisch so verletzlich. Doch nur auf diese Weise gelingt es ihm, Jean Grey langsam aus seinem Kopf zu bekommen und sich neu zu verlieben. Das ist alles interessant und nachvollziehbar und für einen X-Men-Film ungewöhnlich. Und dann kommt dieser unsägliche Schluss.

"Wolverine – Weg des Kriegers" wird in den meisten Kinos in 3D gezeigt, und wieder einmal ist die dreidimensionale Darstellung völlig überflüssig und für den visuellen Eindruck sogar nachteilig. In diesem Fall ist der Effekt die meiste Zeit nicht sichtbar, und wenn, sind die Auswirkungen durchweg negativ. Die Szenen wirken, als würden die Figuren im Vordergrund vor einer Leinwand spielen. Dass die Bilder dazu wie von einem Grauschleier überzogen aussehen, kommt noch erschwerend hinzu. Der Tipp lautet also: Suchen Sie sich ein Kino, das den Film in hellem, freundlichem 2D zeigt.

"Wolverine – Weg des Kriegers" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Freitag 30 August 2013 14:26

Filmkritik: "Only God Forgives"

Geschrieben am Donnerstag 25 Juli 2013 um 22:30 von Roland Freist

David Lynch goes Bangkok

Nicolas Winding Refns "Drive" war der coolste Film des vergangenen Jahres. Die Rolle des schweigsamen Stuntman schien speziell für Ryan Gosling geschrieben worden zu sein, der Plot um das hübsche Mädchen von nebenan, das vor seinem Verbrecher-Ehemann gerettet werden muss, war klassischer französischer Film noir. Alles passte, und ich freute mich auf "Only God Forgives", die nächste Zusammenarbeit zwischen Refn und Gosling.

Und dann das. Wie soll man diesen Film beschreiben? Es ist, als ob David Lynch einen Ausflug nach Asien gemacht hätte. Die Atmosphäre ist düster, die Räume sind dunkel. Meist ist nicht zu erkennen, wie der Hintergrund eines Zimmers aussieht. Die roten Lampen, die die Räume beleuchten, lassen die Szenerie oft aussehen wie eine Vision der Hölle. Die Figuren stehen oder sitzen einfach nur da und schweigen, die Kamera verweilt auf ihnen. Auf den Gesichtern ist keine Gefühlsregung erkennbar. Wenn sie überhaupt etwas sagen, dann erst nach langen Pausen. Wie gesagt: David-Lynch-Atmo pur.

Doch es gibt eine nachvollziehbare Geschichte, was Lynch wahrscheinlich nicht interessiert hätte. Die Brüder Julian (Ryan Gosling) und Billy (Tom Burke) führen in Bangkok einen Boxclub, der auch als Mantel für ihre Drogengeschäfte dient. Billy hat eine Vorliebe für minderjährige Frauen. Eines Tages nimmt er eine 14-jährige Prostituierte mit in seine Wohnung und ermordet sie. Der Kommissar, der die Untersuchung leitet (Vithaya Pansringarm), hält offensichtlich nicht viel von Gerichtsprozessen, sondern wendet sich an den Vater des Mädchens und überzeugt ihn, Billy seinerseits zu töten. Da Strafe jedoch sein muss, hackt der Polizist dem Vater anschließend die rechte Hand ab.

Damit könnte der Fall erledigt sein. Doch nun taucht die Mutter der beiden Brüder auf (Kristin Scott Thomas), um Billy zu beerdigen. Auch sie ist in das Drogengeschäft involviert und wie sich bald zeigt, die treibende Kraft dahinter. Trotz ihrer eleganten Erscheinung ist sie eine hartgesottene, vulgäre Person, die gleich nach der Ankunft wütend verlangt, dass Julian seinen Bruder rächen solle. Ödipale Motive werden angedeutet, teilweise sogar recht deutlich: Mutter lässt sich über die Schwanzlänge ihrer beiden Söhne aus (sie ist wirklich recht vulgär), begrüßt Julian wie eine Liebende mit "Ich habe dich vermisst. Hast du mich auch vermisst?", und sie streichelt zärtlich mit dem Finger seinen Bizeps. Julian verschont jedoch den Vater des ermordeten Mädchens und beauftragt stattdessen drei Killer, den Kommissar zu töten. Als der Anschlag misslingt, schraubt sich die Gewaltspirale immer höher.

Es gibt viele Gewaltszenen in diesem Film. Die Kamera widmet sich dabei vor allem den großen, blutenden Wunden der Opfer. Der Kommissar verwendet mit Vorliebe ein Schwert als Waffe, weshalb es immer wieder Großaufnahmen von aufgeschlitzten Bäuchen, durchstoßenen Hälsen und aufgerissenen Köpfen gibt. Hinzu kommt eine mehrere Minuten lange, schwer zu ertragende Folterszene, bei der Essstäbchen und Haarnadeln eine wichtige Rolle spielen.

Alles in diesem Film wirkt inszeniert, die Figuren, ihre Gespräche, die Gewalt. Die Protagonisten bewegen sich, als würden sie von Dämonen fremdgesteuert. Nur Julian zeigt Mitleid und menschliche Regungen, etwa als er in einer Szene die kleine Tochter des Kommissars verschont. "Only God Forgives" ist mit seiner Kälte und der in Zeitlupe gezeigten, blutigen Gewalt in hohem Maße abstoßend. Einige Kritiker fanden gerade das faszinierend, vor allem vor dem Hintergrund des großen Erfolgs von "Drive". Aber ein Film muss aus sich selber wirken, und da ist diese Art der Inszenierung wirklich Geschmackssache. Wegen der künstlerischen Vision gibt’s dennoch zwei Punkte, mehr jedoch ist nicht drin.

"Only God Forgives" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Filmkritik: "Pacific Rim"

Geschrieben am Donnerstag 18 Juli 2013 um 23:01 von Roland Freist

Godzilla vs. Mechwarrior

Endlich! "Pacific Rim" ist ein Sommer-Blockbuster wie er sein soll: kraftvoll, spannend, laut und bunt, mit glaubwürdigen Figuren, sympathischen Schauspielern und perfekten Special Effects. Der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro ("Hellboy", "Blade II") weiß, wie man einen solchen Kracher inszeniert, und vor allem weiß er, dass es auch bei einer so technikverliebten Geschichte im Kern immer um Menschen gehen muss, damit sie funktioniert. Das ist der große Unterschied zu einem Machwerk wie Michael Bays "Transformers 3", einem Film, der in seinen Special Effects noch einmal einen Tick besser ist, aufgrund der Story über weite Teile hinweg jedoch einfach nur langweilt. Denn letztlich geht es dort eben nur um die Auseinandersetzungen von zwei verfeindeten Roboter-Gruppen.

In "Pacific Rim" kämpfen riesige Roboter gegen echsenartige Wesen, die aus einer vulkanischen Spalte am Grund des Ozeans emporsteigen. Doch im Unterschied zu Michael Bays wandelbaren Auto-Bots werden sie von Menschen gesteuert, die in einer Kommandozentrale im Kopf sitzen. Da die Abläufe so kompliziert sind, müssen es immer zwei Personen sein, deren Gehirne parallel geschaltet werden. Die Roboter werden Jaeger genannt, sie haben menschliche Gestalt, sind einige Hundert Meter hoch und erinnern in Bewaffnung und Bewegungsabläufen an die Protagonisten aus den Kultspielen der Mechwarrior-Serie. Sie wurden als Antwort auf die Angriffe der Echsen entwickelt, die eines Tages aus dem Meer kamen und eine Stadt nach der anderen verwüsteten. Die Medien gaben ihnen den Namen Kaiju. Sie sind genauso groß wie die Roboter und weisen eine starke Ähnlichkeit mit Godzilla auf.

Aber wie gesagt, es geht um die Menschen. Raleigh Beckert (Charlie Hunnam, "Sons of Anarchy") bildete zusammen mit seinem Bruder ein Jaeger-Pilotenteam. Doch bei einem Kampf mit einem Kaiju wurde sein Bruder getötet, der traumatisierte Raleigh quittierte daraufhin den Dienst. Fünf Jahre später steht das Jaeger-Programm vor dem Aus. Die Roboter sind den immer häufigeren Angriffen der ständig größer werdenden Monster nicht mehr gewachsen, stattdessen soll eine riesige Küstenmauer die Menschen schützen. Die letzten Modelle werden daher in Hong Kong zusammengezogen, einem bevorzugten Angriffsziel der Kaiju. Doch es fehlt an erfahrenen Piloten. So reaktiviert Kommandeur Stacker Pentecost (Idris Elba, "Luther") Raleigh und gibt ihm nach einigem Zögern seine Adoptivtochter Mako Mori (Rinko Kikuchi) als Partner an die Seite. Genau wie ihr Co-Pilot hat sie ein traumatisches Erlebnis mit einem Kaiju hinter sich, das sie zunächst überwinden muss, bevor sie in den Kampf ziehen kann.

Zur gleichen Zeit taucht an unerwarteter Stelle ein Hoffnungsschimmer auf: Einem Wissenschaftler (Charlie Day) ist es gelungen, sein Gehirn mit dem eines Kaiju zu verbinden. Gemeinsam mit einem Kollegen (Burn Gorman, "Torchwood") entwickelt er einen Plan, um die Monster-Plage endgültig zu beenden. Doch dazu benötigt man nicht nur eine Kaiju-Leiche, es ist auch wahrscheinlich, dass mindestens ein Jaeger-Team die Aktion nicht überlebt.

Der Film ist eine Orgie aus Metall, Mechanik und Monstern. Hier ist kaum etwas digital, es regiert die rohe, physische Gewalt. Selbst die Uhr im Kontrollzentrum ist mechanisch. Es gibt keine ferngesteuerten Drohnen, intelligenten Bomben oder sich selbst steuernden Raketen. Die Roboter schlagen mit den blanken Metallfäusten auf die Kaiju ein, nehmen sie in den Schwitzkasten oder schleudern sie durch die Luft. Die Monster revanchieren sich mit Schlägen ihrer gewaltigen, gepanzerten Schwänze, mit Hieben ihrer klauenbewehrten Vorderbeine, mit Stößen und Bissen ihrer spitzen Mäuler. Außerdem haben sie einen Plasmastrahl im Repertoire, den die Jaeger mit Raketen-Batterien kontern. "Pacific Rim" ist die Gegenposition zu den modernen Computer-Spielen mit ihren Sniper-Gewehren, den Panzern und Hubschraubern. Hier gibt es noch den archaischen Kampf Körper gegen Körper, Schlag gegen Schlag, und verloren hat am Schluss, wer am Boden liegen bleibt.

"Pacific Rim" hat Schwächen, keine Frage. Logik ist nicht die Stärke eines solchen Films, das erwartet allerdings auch niemand. Schlimmer ist, dass del Toro, wohl um noch etwas Humor in die Geschichte zu bringen, die beiden Wissenschaftler zu Witzfiguren gemacht hat, was einfach nur störend wirkt. Das alles wird jedoch aufgewogen durch die souverän gehandhabte Technik und die Hauptfiguren. Die 3D-Effekte, bei den meisten anderen Filmen weitgehend überflüssig, sind sorgfältig designt und bringen eine angenehme räumliche Tiefe. Der entscheidende Punkt ist jedoch, dass der Regisseur dem Zuschauer immer wieder vor Augen führt, dass es Menschen sind, die hier ums Überleben kämpfen, und keine chipgesteuerten Maschinen.

"Pacific Rim" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Donnerstag 25 Juli 2013 23:06

Schauspieler spielen sich selbst

Geschrieben am Dienstag 16 Juli 2013 um 11:32 von Roland Freist

Es ist einer der Running Gags der Filmgeschichte: Immer wieder haben Regisseure in ihre Filme bekannte Schauspieler eingebaut, die sich dann selbst spielten. Meist sind es alllerdings nur kurze Szenen, in denen jemand "Hey, da ist ja XY!" ruft und auf die Figur zeigt. Nur selten werden diese Szenen zu einem prägenden Teil des Films. Aber wenn doch, kann es sehr lustig werden. Mein Favorit ist Steven Soderberghs "Ocean's 12", in dem die Jungs Tess Ocean (gespielt von Julia Roberts) überreden, sich als Julia Roberts auszugeben, und dabei auch noch einige gute Tipps für sie bereithalten ("Sie verschluckt immer die letzten Silben"). Diese Szene ist im folgenden Supercut natürlich genauso enthalten wie John Malkovich, der in "Being John Malkovich" John Malkovich spielt oder Joaquin Phoenix, der für "I'm still here" seinen eigenen Absturz simulierte. Zu dem Video findet man hier einen kurzen Text von Matt Zoller Seitz, Fernsehkritiker beim New York Magazine und Chefredakteur von rogerebert.com.

Filmkritik: "Die Unfassbaren"

Geschrieben am Donnerstag 11 Juli 2013 um 23:01 von Roland Freist

Nur dem Anfang wohnt ein Zauber inne

Es ist eine Show im Stil von David Copperfield: Vier Magier, die sich selbst als "Die vier Reiter" bezeichnen, stehen auf einer Bühne des MGM Grand in Las Vegas. Nach dem Zufallsprinzip suchen sie einen Zuschauer im Publikum aus und bitten ihn auf die Bühne. Sie bieten ihm an, dass er seine Hausbank ausrauben kann, und er macht mit. Da er Franzose ist, hat er sein Geld bei einer Pariser Bank angelegt, aber das ist kein Problem. Mit einer futuristischen Apparatur transportieren ihn die Magier in den Tresorraum seiner Bank, wo drei Millionen Euro liegen. Das Publikum in Las Vegas kann ihm dank einer Kamera an seinem Helm zusehen. Die Magier öffnen einen "Luftkanal" von Paris ins MGM Grand, und plötzlich schweben die Scheine aus dem Tresorraum auf die Zuschauer in Las Vegas nieder. Was ist da geschehen?

Das fragen sich auch der FBI-Agent Dylan Rhodes (Mark Ruffalo, "Avengers") und die Interpol-Ermittlerin Alma Dray (Mélanie Laurerit, "Inglourious Basterds") und nehmen die Magier fest – denn es stellt sich heraus, dass die Bank in Frankreich tatsächlich ausgeraubt wurde. Doch sie können ihnen nichts nachweisen. Auch der als Berater hinzugezogene Thaddeus Bradley (Morgan Freeman), der im Fernsehen Zaubertricks aufdeckt, kann ihnen nicht sagen, wie die vier das Geld gestohlen haben. So folgt eine weitere Vorstellung der Magier in New Orleans, dieses Mal wird Arthur Tressler (Michael Caine), der reiche Sponsor der "Vier Reiter", um sein Vermögen erleichtert, und die Zauberer verteilen es an Opfer des Hurricane Katrina. Doch der ganz große Coup kommt erst mit der dritten und letzten Vorstellung in New York.

Regisseur Louis Leterrier erzählt diese Geschichte mit hohem Tempo und ohne dem Zuschauer zwischendurch eine Pause zu gönnen. Er hat gute und sehr gute Schauspieler engagiert, um den Figuren Leben einzuhauchen, die vier Magier werden gespielt von Jesse Eisenberg ("The Social Network"), Woody Harrelson ("Natural Born Killers"), Isla Fisher ("Die Hochzeits-Crasher") und Dave Franco ("Warm Bodies"). Vor allem Eisenberg und Harrelson machen ihre Sache sehr gut. Und am Anfang funktioniert der Film auch, er macht Spaß wie eine große Zaubershow. Man sieht genau hin, um hinter das Geheimnis der Tricks zu kommen, und wird doch immer wieder in die Irre geführt. Aber das mit Charme und Humor, und so ist es einfach gute Unterhaltung. Aber wenn nach der zweiten Wendung noch eine dritte, vierte und fünfte folgen, wenn also aus dem Zylinder erst ein Kaninchen, dann ein Strauß Blumen, dann ein endloses Band bunter Tücher, dann wieder ein Kaninchen und zum Schluss ein Zauberwürfel kommen – dann beginnt es langweilig zu werden. Das ist nach etwa etwas mehr als einer Stunde der Fall. Doch der Film geht noch eine dreiviertel Stunde weiter, mit unverändert hohem Tempo und ständig neuen Wendungen, die immer unglaubwürdiger werden. Zum Schluss ist einem die Auflösung dann weitgehend egal. Wenn ein Film dem Zuschauer keine Möglichkeit gibt, von selbst auf die richtige Lösung zu kommen und ihn stattdessen immer wieder auf falsche Pfade lockt, hat er irgendwann einfach keine Lust mehr, sich noch weiter Gedanken über die Lösung des Rätsels zu machen.

Es ist von allem etwas zu viel: zu viel Geschwindigkeit, zu viel Handlung, zu viele plötzliche Schlenker und nicht zuletzt auch zu viele Figuren. Vieles hätte man kürzen oder gar ganz weglassen können, so wäre Zeit gewesen, um auch einmal das Tempo zu wechseln und die Hauptfiguren intensiver vorzustellen. So lässt die Spannung stetig nach, und wenn sich zum Schluss herausstellt, dass es in Wahrheit das Kaninchen war, das hier den Zauberstab geführt hat, ist das nur noch eine Unglaubwürdigkeit mehr.

"Die Unfassbaren" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Zombies wie im wirklichen Leben

Geschrieben am Donnerstag 11 Juli 2013 um 11:44 von Roland Freist

Die spektakulärste Szene in "World War Z" ist die Erstürmung von Jerusalem. Bei den Zombies, die dort mit ihren Körpern eine, nun ja, lebende Pyramide bauen, um die Mauer rund um die Stadt zu überwinden, scheint es sich auf den ersten Blick um Statisten oder Stuntmen zu handeln. Doch tatsächlich ist die CGI-Technik heute so weit, dass sie autonom agierende Figuren schaffen kann, denen man lediglich noch einige Regeln mit auf den Weg geben muss, damit solche Massenszenen entstehen können. Das folgende Video zeigt, wie die Szenen in Jerusalem zustandekamen. Auf der Seite bei Wired, von der die Bilder stammen, gibt es noch etwas Text dazu.

Walulis sieht fern

Geschrieben am Montag 08 Juli 2013 um 10:55 von Roland Freist

Philipp Walulis macht seit 2011 Fernsehen, das sich mit Fernsehen beschäftigt, zuerst bei Tele 5, mittlerweile bei EinsPlus. Seine Sendung "Walulis sieht fern" zeigt die Stereotypen des deutschen Fernsehens, die immer gleichen Abläufe, Figuren und Kulissen, und ist in ihrer Analyse auch noch sehr witzig. EinsPlus strahlt die halbstündige Sendung jeden zweiten Mittwoch um 20:15 Uhr aus, neue Folgen sind für den Herbst angekündigt. Außerdem laufen einzelne Clips in der Satiresendung Extra 3 des NDR. Hier eine Auswahl der besten Parodien inklusive des "Tatort in 123 Sekunden", das Video hatte ich in diesem Blog schon einmal gezeigt.

Der typische Tatort in 123 Sekunden

Asis im Brennpunkt – die typische Scripted Reality

Schockierend – der typische Unglücksbeitrag

Abenteuer Halbwissen – die typische Werbe-Reportage

Samira Schwall – die typische Talkshow

München Tag und Nacht – die typische Scripted Soap

Ich bin ein C-Promi, schenkt mir Aufmerksamkeit

Die lustige Straßenumfrage

Die typische Freitagabend-Talkshow (Director's Cut)

Bearbeitet: Montag 08 Juli 2013 11:49

Filmkritik: "World War Z"

Geschrieben am Montag 01 Juli 2013 um 22:50 von Roland Freist

Zombies auf Speed

Zombie-Filme und -Fernsehserien kann man heute in zwei Gruppen unterteilen: Zu der einen zählen alle Produktionen, in denen sich die Zombies matt voranschleppen und dabei Laute von sich geben, die sich typischerweise wie eine Art Jammern anhören. Das ist sozusagen die klassische Linie, die George A. Romero mit "Die Nacht der lebenden Toten" populär gemacht hat. In die zweite Gruppe lassen sich alle Filme einsortieren, in denen die Infizierten beim Anblick eines potenziellen Opfers wie wild zu rennen beginnen und gleichzeitig kreischend und brüllend ihre Kumpel verständigen. Diese Gruppe wird angeführt von Danny Boyles "28 Days Later", einem Film, von dem "World War Z" auch noch einige andere Elemente übernommen hat.

Zombies, die sich bei der Jagd auf Nicht-Infizierte die Hacken abwetzen, machen natürlich erheblich mehr her als ihre Verwandten mit den unkoordiniert herumschlackernden Gliedmaßen. Und sie sind besser an das Tempo und die rasanten Schnitte moderner Filme angepasst, weshalb ich ihnen längerfristig die besseren Überlebenschancen einräume. In "World War Z" sorgen sie auf jeden Fall bis kurz vor Schluss für angenehm hohe Spannung.

Die Story dagegen ist eher gemächlich: Brad Pitt spielt Gerry Lane, einen ehemaligen Ermittler der Vereinten Nationen, der den Ausbruch der Zombie-Epidemie in Philadelphia mit Mühe überlebt und von seinem alten Arbeitgeber zusammen mit seiner Familie auf einen Flugzeugträger in Sicherheit gebracht wird. Zum Dank soll er sich auf die Suche nach Patient 0 machen, der Person also, bei der die Seuche ihren Ursprung hat. Die UN gibt ihm dafür einen der weltweit besten Virenforscher als Begleiter mit auf die Reise, der jedoch bereits bei der ersten Station in Südkorea getötet wird. Blöd gelaufen. Weiter geht es nach Jerusalem, wo die Gruppe die Erstürmung der ummauerten Stadt miterlebt, und schließlich in ein WHO-Forschungslabor in Cardiff, Wales, in dem die Forscher, unter ihnen Moritz Bleibtreu, zusammen mit Lane schließlich eine Lösung finden, um der Zombie-Plage zu begegnen.

"World War Z" ist ein Actionfilm mit einigen Elementen einer Detektivstory und enthält einige wirklich spektakuläre Special Effects, von denen jedoch die meisten bereits im Trailer zu sehen waren. Aber auch die Szenen, in denen ganz altmodisch und ruhig einfach nur die Spannung aufgebaut wird – etwa wenn die Protagonisten an Dutzenden Zombies vorbei durch ein Labor schleichen – sind gut und professionell gemacht. Teilweise fühlt man sich an den zweiten "Alien"-Film erinnert, nicht das schlechteste Vorbild, wenn es um intensiven Nervenkitzel geht.

Die Geschichte verdirbt leider den ansonsten recht guten Eindruck. Nicht nur, weil die Auflösung so dämlich ist, dass es beinahe schon wehtut. "World War Z" findet auch keine Erklärung für die Ungereimtheiten, die die meisten Zombie-Filme (nicht alle!) belasten. Wie etwa soll es möglich sein, dass eine Krankheit, die bereits zwölf Sekunden nach der Infektion ausbricht, mit dem internationalen Flugverkehr von Kontinent zu Kontinent übertragen wird? Entweder jeder an Bord ist infiziert, dann stürzt die Maschine ab. Oder der Pilot meldet die Infektion, dann wird der Flieger nicht ins Land gelassen oder in Quarantäne genommen. Und wie können Zombies überhaupt ohne Wasser und Nahrung tagelang überleben? Für Fans des Genres gehören solche logischen Probleme vermutlich einfach zu den bunten Verzierungen, die den Charme der Filme ausmachen. Aber man braucht schon sehr viel guten Willen, um darüber hinwegzusehen.

"World War Z" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

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