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Archiv vom August 2013

Filmkritik: "Elysium"

Geschrieben am Dienstag 20 August 2013 um 23:29 von Roland Freist

Wheel in the Sky

Nach "Oblivion" und "After Earth" kommt dieses Jahr nun schon die dritte düstere Zukunftsvision in die Kinos: Im Jahr 2156 ist die Erde durch Kriege und Umweltkatastropehn verwüstet, die Luft ist stark verschmutzt. "Elysium" zeigt uns die Überreste von Los Angeles: einen gigantischen Slum, dessen Bewohner größtenteils arbeitslos sind. Einer der wenigen, die einen Job haben, ist Max (Matt Damon), ein ehemaliger Autodieb. Eines Tages wird er bei einem Arbeitsunfall in seiner Fabrik radioaktiv verstrahlt und erfährt, dass er nur noch fünf Tage zu leben hat. Auf der Erde ist keine Heilung möglich, aber es gibt ja noch Elysium.

Elysium ist ein riesiges Rad, das sich einige Hundert Kilometer über der Erde dreht und den Reichen als neues Zuhause dient. Dort gibt es saubere Luft, gepflegte Gärten, prächtige Häuser und unter anderem auch sonnenbankähnliche Maschinen, die jede Krankheit in Sekundenschnelle heilen können. Die Konstruktion dieses Ghettos für die Reichen erinnert stark an die Ringwelt im gleichnamigen Science-Fiction-Roman von Larry Niven, ohne allerdings deren Ausmaße zu erreichen. Elysium hat eine Verteidigungsministerin namens Delacourt (Jodie Foster), deren vorrangige Aufgabe darin besteht, die Welt vor Flüchtlingen von der Erde zu schützen. Aber sie will mehr, sie will Präsidentin werden. Um dieses Ziel zu erreichen, organisiert sie mithilfe des Industriellen John Carlyle (William Fichtner) einen Putsch. Doch dann gerät Carlyle in die Hände einer Gruppe von Kriminellen auf der Erde. Sie übertragen die Daten des Staatsstreichs in das Gehirn von Max und rüsten ihn mit einem mechanischen Exoskelett aus, das seine Kräfte verstärkt. Mit diieser Ausrüstung will er sich nach Elysium durchschlagen, wo er seine Krankheit heilen und die Tore dieser Welt für die gesamte Menschheit öffnen will.

Das ist allerdings bei weitem noch nicht die gesamte Handlung. Es gibt noch einen zweiten Faden mit einer Jugendfreundin von Max, gespielt von Alice Braga, und ihrer kleinen, an Leukämie erkrankten Tochter. In einer zweiten Nebenlinie taucht ein Mann namens Kruger auf (Sharlto Copley), der zusammen mit seinen Leuten auf der Erde die Drecksarbeit für Ministerin Delacourt erledigt. Je länger der Film dauert, desto mehr vermischen sich die Handlungsstränge und desto unübersichtlicher werden die Kausalzusammenhänge.

Regisseur Neill Blomkamp ("District 9") beschreibt in "Elysium" eine zwiegespaltene Welt, in der eine reiche Minderheit oben im Himmel in einem Paradies lebt und die arme Mehrheit unten auf der Erde in einem überhitzten und verdreckten Slum, wo es keine Perspektive gibt und die medizinischen Versorgung unzureichend ist. Vergleiche mit dem gewaltigen Gefälle zwischen den reichen Industrienationen auf der Nordhalbkugel und den armen Ländern im Süden drängen sich auf. Man sieht wieder die Bilder von den aneinander gedrängten Menschen in den Flüchtlingsschiffen vor Lampedusa vor sich oder auch von den verzweifelten Gestalten, die versuchen, die Grenzbefestigungen zwischen Mexiko und den USA zu überwinden.

Diese Problematik der Kluft zwischen Arm und Reich und was sie für die Menschen bedeutet zum Thema eines Science-Fiction-Films zu machen, ist zunächst einmal lobenswert. Zudem nimmt "Elysium" sein Publikum ernst und gibt ihm, was es haben will – Spannung, packend inszenierte Actionszenen, Hightech-Waffen und -Fluggeräte sowie einige gern gesehene Schauspieler in den Hauptrollen. Matt Damon mit seinem muskelbepackten Körper ist prädestiniert für solche Einzelkämpfer-Rollen, auch wenn er als Jason Bourne überzeugender war. William Fichtner spielt effizient, wie er es immer tut, und kann sich mittlerweile auf seinen hohen Wiedererkennungswert verlassen. Leider bleibt Jodie Foster verhältnismäßig blass, die Rolle scheint nicht zu ihr zu passen. Hinzu kommt ihre deutsche Synchronstimme, die sie noch mehr wie ein Fremdkörper wirken lässt.

Je länger der Film allerdings dauert, desto mehr hat man den Eindruck, dass Logik und Plausibilität geopfert werden, um zu einer bestimmten Schlusskonstellation zu gelangen. Es ist, als habe von vornherein festgestanden, wie "Elysium" einfach enden MUSS. Denn nur wenn er ein vordefiniertes Ende erreicht, ist die Botschaft verständlich, die der Regisseur seinem Publikum vermitteln will. Um zu diesem Ziel zu gelangen, wirft Blomkamp kurzerhand sämtliche Logik über Bord, die dabei im Wege stehen könnte. Und da der Film, wie bereits erwähnt, mehrere Handlungsebenen enthält, ist es eine ganze Menge Logik, die hier mit einem Fingerschnippen beiseite geräumt wird.

Man kann sich "Elysium" einfach nur als Science-Fiction- beziehungsweise Action-Film anschauen. So funktioniert er gut, denn man erwartet von solchen Filmen ohnehin nicht, dass jedes Detail logisch stimmig ist. Und technisch ist er ohne Tadel, mit sauber ausgearbeiteten Special Effects und etlichen eindrucksvollen Bildern. Doch wenn man die Einladung zum Nachdenken annimmt, fällt einem auf, was hier vor allem in den letzten 30 Minuten alles nicht stimmt.

"Elysium" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Dienstag 20 Dezember 2016 23:43

Filmkritik: "Lone Ranger"

Geschrieben am Mittwoch 14 August 2013 um 0:13 von Roland Freist

Fluch des Westens

"Lone Ranger" ist einfach zehn Jahre zu spät dran. Wäre der Film bereits 2003 in die Kinos gekommen, dann hätte man ihn vermutlich mit wohlwollenden Kritiken bedacht. So aber zieht man ständig Vergleiche mit "Fluch der Karibik" und hat den Verdacht, dass Disney das Erfolgsrezept der Piraten- nun auf Westernfilme übertragen möchte, dass "Lone Ranger" also nichts anderes ist als eine aus rein monetären Interessen heraus entstandene Kopie. Vor allem die von Johnny Depp gespielte Figur des Komantschen Tonto nährt diesen Verdacht, da er einen ähnlich skurrilen Outlaw abgibt wie damals Captain Jack Sparrow. Das hat der Wahrnehmung des Films im Vorfeld enorm geschadet und etliche Verrisse nach sich gezogen. Doch im Grunde ist es schade, denn tatsächlich ist "Lone Ranger" ein recht unterhaltsamer, technisch hervorragend gemachter Sommer-Blockbuster, dem man lediglich vorwerfen muss, dass er bei der Story ein wenig vom Weg abgekommen ist.

Johnny Depp ist natürlich der Eyecatcher in diesem Film, auch wenn der Titel auf den Ranger verweist. Sein Tonto wurde von seinem Stamm verstoßen und läuft nun mit einem Gesicht voll abblätternder, weißer Schminke und mit einer toten Krähe auf dem Kopf durch die Wüsten der amerikanischen Südstaaten. Der Lone Ranger hingegen ist zunächst gar kein Ranger, sondern der Staatsanwalt John Reid (Armie Hammer), der in den Westen gekommen ist, um seinen Bruder Dan (James Badge Dale), einen Texas Ranger, zu besuchen. Im Zug stößt er zum einen auf Tonto und zum anderen auf den kriminellen Butch Cavendish (William Fichtner), die beide ihrem Gerichtsprozess entgegenfahren. Cavendish wird jedoch, wie könnte es anders sein, von seiner Bande befreit, bei dieser Gelegenheit kann auch Tonto fliehen. Die beiden Reid-Brüder machen sich mit einer Gruppe von Helfern auf, Cavendish wieder einzufangen, geraten jedoch in einen Hinterhalt, den lediglich Dan überlebt. Als Tonto ihn findet, schließen sich der Ranger und der Indianer zusammen, um Cavendish endgültig zur Strecke zu bringen.

Einiges an diesem Film ist einfach nur großartig. An erster Stelle sind dabei die beiden Eisenbahn-Szenen zu Beginn und am Schluss zu nennen, die zum Besten gehören, was seit "Indiana Jones und der Tempel des Todes" mit fahrenden Zügen gedreht worden ist. Das ist perfektes, witziges Action-Kino, mit einem gigantischen Aufwand an Special Effects und CGI-Bildern gestaltet. Hier sieht man, wo die 250 Millionen Dollar geblieben sind, die Disney in diesen Film gesteckt hat.

Toll sind weiterhin die Kostüme und die Bauten. Jedes Detail stimmt, die Atmosphäre passt, Licht und Räume sind perfekt eingefangen. Und da zu einem guten Western auch immer grandiose Landschaftsaufnahmen gehören, hat Regisseur Gore Verbinski große Teile der Handlung ins Monument Valley verlagert, wo er tatsächlich noch einmal Blickwinkel fand, die man so bislang noch nicht gesehen hat.

Doch so schön das alles inszeniert ist: Man kommt nie in die Versuchung, "Lone Ranger" zum Meisterwerk zu erklären. Das war vermutlich auch nie die Absicht der Macher, doch ein paar mehr positive Kritiken hätten sie vermutlich schon gerne gelesen. Vor allem aufgrund der vorwiegend negativen Beurteilungen in den USA sieht es im Moment so aus, als ob als der Film einen zwei- bis dreistelligen Millionenbetrag Miese einfahren könnte.

Die meisten Kritikpunkte hängen sich an der Story auf, und das nicht ganz zu unrecht. Das Grundthema des Films ist der Bau der Eisenbahn, die den Osten mit dem Westen Amerikas verbinden soll. Dabei muss gemäß den Vereinbarungen mit den Komantschen ihr Stammesgebiet umfahren werden. Dort jedoch wurde Silber gefunden. Und so zettelt der Chef des Bautrupps (Tom Wilkinson) einen Krieg mit den Indianern an, um sie von ihrem Gebiet zu vertreiben. Dabei bedient er sich sogar der Kavallerie, die dann jedoch bei einem Überfall der Komantschen nahezu bis auf den letzten Mann getötet wird – und der Zuschauer sieht es mit Vergnügen, denn die Indianer sind in diesem Fall die Guten.

Es ist seltsam, was in diesem Film passiert. "Lone Ranger" dreht die üblichen Westernklischees – Kavallerie gut, Indianer böse – ganz einfach um und schildert die Armee als eine von korrupten Wirtschaftsbossen missbrauchte Organisation. Vergleiche mit dem zweiten Irak-Krieg drängen sich auf. An und für sich wäre das ein gutes Thema. Doch in eine Klamauk-Komödie, und das ist "Lone Ranger" nun einmal, passt eine solche Geschichte einfach nicht hinein. "Fluch der Karibik" verwendete eine milde Horrorgeschichte als Basis und machte sich gleichzeitig gekonnt über sie lustig. "Lone Ranger" baut auf einer Story über Gier, Verrat und Kolonialismus auf. Da gibt es nichts, über das man sich amüsieren könnte.

Was ebenfalls nicht funktioniert, ist die Gewaltdarstellung. Nahezu jede Person, die im falschen Moment den Mund aufmacht, wird erschossen. Das kann man auf verschiedene Arten inszenieren, im Stil einer Komödie oder als Tragödie. "Lone Ranger" wirkt in diesem Punkt oft unentschlossen, der Film ist daher in vielen Szenen brutal, ohne tatsächlich brutal sein zu wollen. Doch die Freigabe ab zwölf Jahren ist vollauf gerechtfertigt.

Der Film ist auf jeden Fall den Preis einer Kinokarte wert. Denn einige Szenen hat man so gut noch nicht gesehen. Und trotz einer Überlänge von 149 Minuten langweilt man sich nicht, Tempo und Rhythmus halten einen dicht an der Handlung, den Rest erledigen die hervorragenden Bilder. Doch sollte es einen zweiten Teil geben, werde ich den vermutlich auslassen.

"Lone Ranger" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Mittwoch 21 August 2013 0:07

Stephen Colbert gets lucky

Geschrieben am Samstag 10 August 2013 um 16:55 von Roland Freist

Weil Stephen Colbert, der Moderator der satirischen Fernsehshow "The Colbert Report", Daft Punk nicht in die Sendung bekam, interpretiert er "Get Lucky" eben selbst. Herausgekommen ist dabei ein hervorragendes, witziges Musikvideo mit Gastauftritten unter anderem von Hugh Laurie, Jeff Bridges, Jimmy Fallon, Bryan Cranston, Matt Damon und Henry Kissinger.

Filmkritik: "Conjuring – Die Heimsuchung"

Geschrieben am Dienstag 06 August 2013 um 22:40 von Roland Freist

Die Geisterjäger

"The Conjuring" präsentiert eine Art Best of des Horrorkinos. Nacheinander treten auf: eine Holzpuppe mit großen Augen, die von einem Dämon besessen ist. Zwei Spezialisten für paranormale Ereignisse. Ein einsam gelegenes, bereits etwas heruntergekommenes Haus, das von einer jungen Familie gekauft wird, die fortan von unheimlichen Erscheinungen gequält wird. Visionen von Menschen, die Selbstmord begangen haben oder ermordet wurden. Und zum Schluss gibt’s sogar noch einen Exorzismus, bei dem man sich jedoch ein wenig fragt, warum um einen so simplen Vorgang so ein Bohei gemacht wird. Aber egal.

Zu Anfang stellt uns Regisseur James Wan ("Saw") das Ehepaar Lorraine und Ed Warren vor (Vera Farmiga und Patrick Wilson), die als Beruf Dämonologen angeben. Laut Wikipedia haben sie tatsächlich gelebt. Sie untersuchten parapsychologische Phänomene, hielten Vorträge, schrieben Bücher und gründeten 1952 die New England Society for Psychic Research. Der Film schildert einen Fall aus dem Jahr 1971. Das Ehepaar Carolyn und Roger Perron (Lili Taylor und Ron Livingston) bezieht mit seinen fünf Kindern ein Haus, das sie bei einer Zwangsversteigerung günstig erworben haben. Schon bald bemerken sie unerklärliche Phänomene: Türen schlagen zu, man hört mehrere Male drei dumpfe Schläge (wir lernen im späteren Verlauf des Films, dass die Dämonen mit den drei Schlägen die heilige Dreifaltigkeit verhöhnen wollen), alle Uhren bleiben nachts um sieben Minuten nach drei stehen, Carolyn hat jeden Morgen am ganzen Körper neue, große Hämatome, der Hund will nicht ins Haus kommen und stirbt bereits in der ersten Nacht und so weiter. Im weiteren Verlauf der Handlung treten die Geister auch persönlich auf, wobei man allerdings ein wenig Schwierigkeiten hat, ihre genaue Zahl anzugeben – mal ist da ein Mädchen im Schlafrock, dann ein kleiner, offenbar schüchterner Junge, dann wieder ein anderer Junge, und unten im Keller wohnt auch noch eine dicke Frau. Apropos Keller: Die Perrons entdecken zudem immer weitere Räumlichkeiten in ihrem Haus, was teilweise auch recht verwirrend ist.

Als der ganze Spuk nicht mehr auszuhalten ist, holen sie schließlich die Warrens zu Hilfe. Die bringen gleich noch einen jungen Gehilfen und rätselhafterweise den Sheriff mit, der offenbar so wenig zu tun hat, dass er tagelang in einem Geisterhaus abhängen kann. Ziel der Dämonologen ist es, die Geisteraktivitäten auf Film, Foto und Tonband zu dokumentieren. Mit diesem Material wollen sie die katholische Kirche anschließend überzeugen, einen Exorzismus durchzuführen, um Haus und Familie von den Geistern zu befreien. Doch dann gerät die Situation außer Kontrolle.

"The Conjuring" ist über weite Strecken nicht besonders gruselig, da war "Mama" in diesem Jahr deutlich fieser. Das liegt in erster Linie an den beiden Dämonologen, die das Problem des geisterverseuchten Hauses mit wissenschaftlicher Nüchternheit angehen. Anstatt emotional zu handeln und auf die Dämonen immer nur zu reagieren, wie es die Protagonisten in anderen Filmen machen, agieren sie und unternehmen zielgerichtete Maßnahmen. Das nimmt dem Film einiges an Grusel, verleiht ihm aber andererseits eine hohe Spannung. Und während des rasanten Finales gelingt sogar eine gute, ausgewogene Mischung aus Horror und Action.

Dies ist kein Klassiker des Horrorfilms, dazu gibt es zu viele lose Enden und Ungereimtheiten und zu wenig innovative Szenen. Doch der Film macht Spaß und wird während der gesamten Laufzeit von einer Stunde und 52 Minuten niemals langweilig.

"Conjuring – Die Heimsuchung" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

"Breaking Bad": The Middle School Musical

Geschrieben am Dienstag 06 August 2013 um 14:15 von Roland Freist

Musical-Aufführungen haben an amerikanischen Schulen eine lange Tradition. Dieses Video ist jedoch lediglich eine Simulation. Das Comedy-Duo Rhett & Link nutzt die Form, um eine der interessantesten, aber auch brutalsten TV-Serien der letzten Jahre zu parodieren. "Breaking Bad" in einer Schulaufführung wäre auch in den USA so nicht möglich.

Ein ähnliches Video habe ich in diesem Blog schon einmal vorgestellt. Damals ging es um eine Schulaufführung von Brian de Palmas "Scarface" – bitte hier klicken.

Eine Kritik zu "Breaking Bad" finden Sie hier, drei Videoessays zu der großartigen Kameraarbeit in der Serie gibt es hier.

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