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Archiv vom April 2011

Filmkritk: "Thor"

Geschrieben am Freitag 29 April 2011 um 22:47 von Roland Freist

Erbschaftsstreitigkeiten

Mit Thor schickt Marvell einen weiteren seiner Comic-Helden auf die Kinoleinwand. Thor, im Film gespielt von Chris Hemsworth, ist der Donnergott, der Sohn von Odin, dem Hauptgott der nordischen Mythologie. Der Film zeigt ihn zu Beginn in seiner Heimat Asgard, wo es, man hatte es nicht anders erwartet, recht martialisch zugeht. Zu Beginn läuft gerade die Krönungszeremonie, mit der Thor zum neuen Herrscher ernannt werden soll. Die Zeremonie muss jedoch unterbrochen werden, als die Asen feststellen, dass es ihren Feinden, den Eisriesen, gelungen ist, in ihren Palast einzudringen. Beinahe hätten sie es bis zu dem magischen Artefakt geschafft, das ihnen Odin (Anthony Hopkins) vor langer Zeit im Krieg abgenommen hat. Thor beschließt, Rache zu nehmen, außerdem will er wissen, wie es den Eisriesen gelingen konnte, in das von Heimdall streng bewachte Asgard vorzudringen. Gegen den Willen seines Vaters bricht er mit seinem Bruder Loki (Tom Hiddleston) und seinen Freunden Sif, Volstagg, Fandral und Hogun zum Krieg gegen die Eisriesen auf und wir lernen, dass er ein überheblicher Draufgänger und zudem seinem Vater gegenüber chronisch ungehorsam ist. Der anschließende Kampf gegen die Riesen, die alles und jeden einfrieren können, erinnert stark an die Schlachten in Spielen wie "Diablo" oder "World of Warcraft" und man ahnt, woher Blizzard die Inspiration für seine Charaktere und ihre Fähigkeiten nimmt.

Für seinen Ungehorsam wird Thor von seinem Vater auf die Erde verbannt und zudem seiner magischen Kräfte beraubt. Schlimmer noch: Auch auf seinen geliebten Hammer Mjölnir hat er keinen Zugriff mehr. Thor landet in der Wüste von New Mexico und wird dort von einer Gruppe von Wissenschaftlern aufgelesen, unter ihnen die Astrophysikerin Jane Foster (Natalie Portman) und der Physiker Erik Selvig (Stellan Skarsgård). Aber auch die Regierungs-Organisation S.H.I.E.L.D. hat den Absturz des Gottes registriert und ist nun hinter ihm her. In Asgard wiederum hat mittlerweile Loki das Kommando übernommen und schickt den Zerstörer los, eine etwa zehn Meter hohe, lebende Ritterrüstung mit eingebautem Hochofen, der Thor mit seinem Feuerstrahl vernichten soll.

"Thor" ist natürlich reines Popcorn-Kino, aber nicht schlecht gemacht. Zum einen ist man dankbar, dass der Film einigen Humor hat: Die rauen und sehr männlichen Trink- und Umgangsformen in der Götterwelt wirken im heutigen New Mexico äußerst komisch, das gilt auch für die altrömische Panzerkleidung der Asen. Zum zweiten beweist der Film eine beeindruckende visuelle Fantasie, die er mit gekonnter Kameraführung zur Schau stellt – die Kampfszenen in der dunkelblau gehaltenen Stadt der Eisriesen etwa sind sorgfältig choreographiert, die Maschine, die per Wurmloch Asgard mit anderen Welten verbindet, ist ein wie Messing glänzendes Kunstwerk. Die CGI-Effekte (Computer Generated Imagery) sind sauber ausgeführt, ohne dass sie zu stark in den Mittelpunkt gerückt würden. Zum dritten nimmt sich Regisseur Kenneth Branagh die Zeit, den Kampf zwischen Thor und Loki um die Gunst des Vaters und seine Nachfolge einigermaßen glaubwürdig darzustellen. Dass die Handlung ansonsten nicht viel mit Logik zu tun hat und man am besten nicht lange darüber nachdenkt, was da gerade warum geschieht – geschenkt. Denn insgesamt ist "Thor" ein gut funktionierender Superhelden-Film, nichts Außergewöhnliches, aber sorgfältig produziert und mit guten Schauspielern besetzt.

"Thor" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Montag 07 Oktober 2013 11:49

He'll be back

Geschrieben am Donnerstag 28 April 2011 um 11:05 von Roland Freist

Er sagte, er werde zurückkommen, und jetzt sieht es so aus, als könnte das tatsächlich geschehen. Der mittlerweile 63-jährige Arnold Schwarzenegger will wieder als Schauspieler arbeiten, und natürlich kommt einem dabei sofort seine Paraderolle als Terminator in den Sinn. Passend dazu kabbeln sich derzeit mehrere Parteien um die Rechte an "Terminator 5", einem Filmprojekt, für das bislang noch nicht einmal ein Drehbuch existiert. Die Hintergründe schlüsselt ein Artikel der LA Times auf. Zur Erinnerung an seine Schauspieler-Karriere hier noch einmal zwei Zusammenstellungen mit den schönsten Sprüchen von Schwarzenegger:

Bearbeitet: Donnerstag 28 April 2011 11:34

Little Thor

Geschrieben am Montag 25 April 2011 um 11:43 von Roland Freist

Diese Woche startet "Thor", die Comic-Verfilmung von Kenneth Branagh, der in den 90er Jahren mit Shakespeare-Verfilmungen wie "Viel Lärm um Nichts" bekannt wurde. Das Filmstudio hat dazu einen der üblichen, eher langweiligen Superhelden-Trailer gedreht (siehe unten). Dann muss aber noch etwas Geld übrig gewesen sein, denn vor einigen Tagen tauchte dieses Video auf, eine perfekte Parodie auf die aktuelle Volkswagen-Werbung:

Volkswagen zeigte das Original in den USA während der Super Bowl. Hier die amerikanische Fassung mit einem grauen statt einem schwarzen Passat, der zudem kein Nummernschild trägt. Sie ist auch etwas länger als die deutsche:

Es gibt sogar eine Art Making of des Spots mit nicht verwendeten Szenen:

Und schließlich noch der erste Trailer zu "Thor", der mit dem Witz der oben gezeigten Spots leider absolut nichts am Hut hat:

Update im Juni 2011: Und es geht weiter. Von Greenpeace kommt unter dem Titel "VW: The Dark Side" eine neue Version des Spots, die Kritik an der Umweltpolitik von Volkswagen übt:

Bearbeitet: Montag 02 Dezember 2013 17:27

Eine kurze Geschichte des Titeldesigns

Geschrieben am Donnerstag 21 April 2011 um 11:53 von Roland Freist

Ein schönes, kleines Video zeigt anhand von ausgewählten Beispielen, wie sich in den vergangenen rund hundert Jahren das Design der Film- und Fernsehvorspänne entwickelt hat. Die Musik dazu stammt von dem Amerikaner RJD2 und heißt "Ghostwriter".

A Brief History of Title Design from Ian Albinson on Vimeo.

Bearbeitet: Sonntag 31 Mai 2015 18:54

Filmkritik: "World Invasion: Battle Los Angeles"

Geschrieben am Donnerstag 14 April 2011 um 23:04 von Roland Freist

Häuserkampf in LA

Eines vorweg: Ich habe eine Schwäche für Alien-Filme. Ich bin jedes Mal wieder gespannt, wie die Außerirdischen aussehen werden – sind sie menschenähnlich und stehen auf zwei Beinen (die Sparversion) oder hat sich die Special-Effects-Crew etwas Neues einfallen lassen? Wie sehen ihre Waffen aus? Strahlenwaffen, die Panzer und anderes Kriegsgerät nach einem kurzen Moment platzen lassen, sind immer toll, aber auch Luftdruck- und Akustik-Schocker werden gerne genommen. Haben sich die Produzenten die Mühe gemacht, für die Aliens eine eigene Sprache entwerfen zu lassen? Und wenn ja, wie hören sie sich an? Schnatternd, klackernd, pfeifend? Oder verständigen sie sich telepathisch? Und wie gelingt es den Menschen, sie zu besiegen? Kommen mal wieder Viren und Bakterien zu spätem Kriegsruhm oder ist es einfach nur die moderne Militärtechnik (langweilig)? Und was wollen sie überhaupt hier? Ist alles nur ein großes Missverständnis oder sind sie einfach durch und durch bösartig?

"World Invasion: Battle Los Angeles" gibt auf die meisten dieser Fragen eine sehr enttäuschende Antwort. Hinzu kommt, dass auch die menschliche Seite nicht viel zu bieten hat. Beginnen wir mit der:

Die wichtigste Figur ist Michael Nantz (Aaron Eckhart), ein Sergeant der US-Marines. Am Anfang sehen wir, wie er nach 20 Dienstjahren seinen Rücktritt einreicht. 24 Stunden später greifen die Aliens an. Blöd gelaufen, Nantz muss nochmal ran. Wir erfahren, dass die Raumschiffe der Außerirdischen in Meteoriten stecken, die vor den Küsten der Weltstädte ins Meer stürzen. Wie sie dann beispielsweise in kürzester Zeit Paris erreichen konnten, ist unklar. Es wird nicht das einzige Rätsel bleiben. Egal, weiter. Offenbar ist bereits nach wenigen Stunden nur noch Los Angeles unzerstört. Aber die Aliens kommen, sie entern auf verwaschenen Fernsehbildern die Strände der Stadt. Dort will die Air Force daher bombardieren, vorher müssen allerdings die letzten Zivilisten evakuiert werden. Nantz und seine Leute bekommen den Befehl, eine Gruppe von Personen aus den Trümmern von Santa Monica zu holen. Die Zeit drängt etwas, denn schon in drei Stunden sollen die Bomben fallen.

Der Film stellt die Mitglieder der Expedition nacheinander vor: Der eine hat eine Schwester in Angola, mit der er per Skype Videotelefongespräche führt, einer schreibt noch einen Brief an seine Frau und steckt ihn sich in die Hemdtasche, einer wird von seinen Kameraden gehänselt, weil er angeblich noch Jungfrau ist – nichts davon ist wirklich interessant. Die Charaktere sind Klischees, allesamt kernige Typen mit einem kleinen schwachen Punkt, der sie sympathisch machen soll. Funktioniert aber nur mäßig. Schon bald nachdem sie aufgebrochen sind, treffen sie auf die ersten Aliens.

Die Aliens: Sind eine Enttäuschung. Sie sind etwas größer als die Menschen, gehen auf zwei Beinen, besitzen zwei Arme und einen abgeplatteten Kopf. Ihre Körperhaltung ist etwas eingeknickt, als hätten sie ständig Angst, sich an einem Türbalken den Kopf zu stoßen. Sie bewegen sich nur langsam. Als Nantz später ein Alien seziert, werden Erinnerungen an "Independence Day" wach.

Ihre Waffen: Verschießen ganz normale Explosivgeschosse. Böh. Die Gewehre wurden offenbar in die Körper implantiert, was für echte Soldaten eine erhebliche Einschränkung bedeuten würde. Egal, weiter. Die Aliens besitzen auch so etwas wie eine Artillerie. Die Kanone sieht aus wie eine Art Filmkamera mit Stativ auf Rollen und ist ständig in Gefahr, auf dem von Trümmern übersäten Boden umzukippen. Außerdem gibt es eine Luftwaffe, die aus ferngesteuerten Drohnen besteht und recht effektiv zu sein scheint.

Die Alien-Sprache: Ein paar Mal hört man eine Art Knacken. Das ist alles.

Warum sind sie hier? Offenbar benutzen sie flüssiges Wasser als Energiequelle und für die eigene Regeneration. Und Wasser gibt es auf der Erde mehr als genug. Obwohl: "Der Meeresspiegel ist bereits gefallen", ruft ein aufgeregter Nachrichtensprecher bereits wenige Stunden nach Ankunft der Aliens. Habe herzlich gelacht.

Wie die Aliens besiegt werden: Wird nicht verraten. Der Film ist bereits spannungslos genug, da muss man nicht auch noch das Ende vorwegnehmen. Fast zwei Stunden lang werden ununterbrochen Kommandos gebrüllt, irgendwo explodiert etwas, dann wird wieder wie wild geschossen. Es gibt keine Spannungsspitzen, allerdings kommt auch keine echte Langeweile auf. Nantz verliert ein paar seiner Leute, holt aber natürlich die Zivilisten raus. Darunter ist auch Michele, gespielt von der eleganten Bridget Moynahan, die die gesamte restliche Zeit so aussieht als würde sie sich fragen, wie um alles in der Welt sie in diesen Film geraten ist. Kurz darauf stößt dann auch noch Sergeant Elena Santos alias Michelle Rodriguez zur Gruppe, die einzige Überlebende irgendeines Spezialkommandos.

"World Invasion: Battle Los Angeles" ist ein militaristischer Mist, mit massenweise Ungereimtheiten in der Handlung, schlechter Kameraführung und nicht zuletzt ziemlich öden Aliens. Trotzdem überlegte ich mir im Kino, ihm dennoch anderthalb Sterne zu geben, weil ich mich zumindest nicht gelangweilt hatte. Als dann jedoch der kleine Latino-Junge sich auf seinen toten Vater warf und rief "Wach auf, Daddy!", woraufhin Aaron Eckhart, um ihn zu trösten, unter anderem sagte: "Du wirst mein kleiner Marine werden." – da gab’s dann noch einmal einen Punktabzug.

"World Invasion: Battle Los Angeles" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

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Bearbeitet: Montag 07 Oktober 2013 11:54

Meine Lieblingsfilme 2010

Geschrieben am Mittwoch 13 April 2011 um 10:44 von Roland Freist

Nachdem mit "The Fighter" der letzte der Oscar-Kandidaten auch in Deutschland angelaufen ist, wird es Zeit, Bilanz zu ziehen. Insgesamt war es ein eher unterdurchschnittliches Kinojahr, trotzdem haben einige Filme wirklich Spaß gemacht. In der folgenden Liste berücksichtige ich lediglich die Filme der Oscar-Saison 2010. Ich habe also nur Titel aufgenommen, die im Jahr 2010 in den USA ins Kino kamen. Leider waren gleich mehrere davon bei uns erst in diesem Frühjahr zu sehen.

1. "Carlos"

Eine Fernsehproduktion über den europäischen Terrorismus auf Platz 1? Ja, denn der Film war trotz fünfeinhalb Stunden Länge spannend, interessant, gut gespielt, mit guter Musik versehen (The Feelies! Wire!) und, doch, wirklich, in einigen Szenen sogar recht komisch. Freue mich schon auf die Fernsehausstrahlung.

2. "Black Swan"

Nicht nur wegen der schauspielerischen Leistung von Natalie Portman unbedingt sehenswert. Ein Psychothriller mit Horror-Elementen aus der Welt des Balletts, die Geschichte einer Tänzerin, die kaputt geht, weil sie etwas sein soll, was sie nicht ist, eindringlich inszeniert von Darren Aronofsky. Erst beim zweiten Sehen habe ich übrigens registriert, dass die immer wieder kolportierte Geschichte von der Mutter, die wegen ihres eigenen Ehrgeizes ihre Tochter in den Ruin treibt, Blödsinn ist – tatsächlich sorgt sich die Mutter, dass ihre Tochter zuviel arbeitet, und versucht sie zu bremsen.

3. "True Grit"

Ein klassischer Western von den Coen-Brüdern, der Rachefeldzug eines Mädchens, dessen Vater ermordet wurde. Der Film hat alles, was einen guten Western ausmacht, Männer, die, wenn's darauf ankommt, zu Helden werden, Bösewichter, Feuergefechte, klare, einfache Motivationen und grandiose Landschaft. Nur ganz selten blitzt die gewohnte Ironie der Coens auf.

4. "The King’s Speech"

Unter anderem ist "The King's Speech" auch die Geschichte einer Männerfreundschaft, man sieht zu, wie sich zwei sehr unterschiedliche Charaktere einander annähern und sich gegenseitig zu verstehen und respektieren lernen. Und nur wegen dieser genauen Charakterzeichnung kann dieser Film auch funktionieren, ohne dass die Hauptfiguren lächerlich wirken. Obwohl von einem Engländer in England gedreht, stand "The King's Speech" in diesem Jahr am ehesten in der Tradition des alten Breitwand-Hollywoodkinos.

5. "Inception"

Ein technisch perfekter Thriller in der Machart eines Science-Fiction-Films. Während einige Kritiker bemängelten, dass der Film viel zu einfach zu entschlüsseln und damit langweilig sei, erzählte mir mein Friseur, er habe die DVD nach einer halben Stunde wieder aus dem Player geworfen, weil ihm diese mehrfach verschachtelten Traumebenen einfach zu kompliziert gewesen seien. Vermutlich hat Christopher Nolan also einen recht guten Mittelweg gefunden. Und die visuellen Effekte sind natürlich grandios.

6. "Der Ghostwriter"

Ein schöner, ruhiger Krimi in der langen Tradition britischer Polit- und Agententhriller, der Anleihen bei Alfred Hitchcock nimmt, um Spannung aufzubauen. Roman Polanski zeigt hier seine ganze Meisterschaft.

7. "Winter’s Bone"

Genau wie in "True Grit" ist auch in "Winter's Bone" die Hauptperson ein halbwüchsiges Mädchen, das eine Spur verfolgt. Diesmal ist der Vater der Gesuchte, der jedoch nicht mehr als elterliche Bezugsperson gefragt ist, sondern nur noch als eine Art Pfand, das zurückgegeben werden muss, denn ansonsten droht der Familie der Ruin. Ein Independent-Film aus der rauen Welt der Ozark Mountains.

8. "The Social Network"

Von "The Social Network" war ich nach der begeisterten Vorberichterstattung zwar etwas enttäuscht, muss aber anerkennen, dass das Drehbuch von Aaron Sorkin und die Regie von David Fincher meisterhaft sind. Schade, dass die Facebook-Story da nicht ganz mithalten kann.

9. "The American"

Ein wortkarger, eher handlungsarmer Krimi, der in der rauen Gebirgswelt der italienischen Abruzzen spielt. Doch die Faszination, die von den gut geölten, mit einem satten, metallischen Klacken einschnappenden Waffen ausgeht, ist typisch amerikanisch. Genau wie George Clooney, der hier eine der besten Performances seiner Laufbahn abliefert.

10. "127 Hours"

Ein Film, den ich nur als eine Art Verlegenheitslösung in diese Liste aufgenommen habe – etwas Besseres habe ich leider nicht gesehen. Wobei der Film keineswegs schlecht ist. In Erinnerung blieben vor allem die leuchtenden Farben der Wüste von Utah und die drei Minuten, in denen die Hauptfigur ... Sie wissen schon. Wurde trotz anderthalb Stunden Laufzeit überraschenderweise nie langweilig.

Meine Top Ten des Jahres 2009 finden Sie hier.

Bearbeitet: Donnerstag 14 April 2011 23:45

Filmkritik: "The Fighter"

Geschrieben am Freitag 08 April 2011 um 22:55 von Roland Freist

 

Der Kampf seines Lebens

Dies hätte ein großer Boxerfilm werden können, vergleichbar mit "Raging Bull", "Million Dollar Baby" oder, nun ja, "Rocky". Aber aus irgendeinem Grund ist etwas schief gegangen. Und das hat sehr stark etwas mit der Hauptrolle und ihrem Darsteller zu tun.

Diese Hauptrolle ist ein Boxer im Halbweltergewicht, der wegen seiner irischen Abstammung "Irish" Micky Ward genannt wird. Es gab ihn tatsächlich, im Jahr 2000 gewann er den Weltmeistertitel in der Version der WBU. Er wird gespielt Mark Wahlberg, der ihn als ruhigen, eher wortkargen Typen mit einem begrenzten Spektrum an Emotionen darstellt. Micky ist aufgewachsen in der Kleinstadt Lowell, Massachusetts, inmitten einer umfangreichen Familie. Da ist zum einen sein Vater George (Jack McGee), der genau wie der Rest der Familie unter der Fuchtel von Alice (Melissa Leo) steht, Mickys Mutter und zugleich seine Managerin. Weiterhin gibt es sage und schreibe sieben Schwestern, die grundsätzlich als Gruppe auftreten und dabei die meiste Zeit wirken wie ein Haufen aufgescheuchter Hühner. Und da ist Mickys älterer Halbbruder Dicky Eklund, ein ehemaliger Boxer, der sein Trainer sein will, die meiste Zeit jedoch wegen seiner Crack-Sucht bei dieser Aufgabe versagt.

Dicky ist zweifellos der interessanteste Charakter des Films. Christian "Batman" Bale spielt ihn als hohlwangigen Drogenesser, aufgeputscht und hypernervös, der sein Selbstbewusstsein aus der Tatsache zieht, dass der große Sugar Ray Leonard, einer der besten Boxer der 70er und 80er Jahre, einmal in einem Kampf gegen ihn zu Boden ging – ob Dicky ihn tatsächlich so gut getroffen hatte oder ob Leonard einfach nur ausgerutscht war, bleibt bis zum Ende offen. Auf jeden Fall hat Dicky ständig Ärger mit der Polizei, entweder wegen seiner Drogengeschichten oder aufgrund von Prügeleien. Als er mal wieder im Knast landet, weil er einen Polizisten zusammengeschlagen hatte, sieht der bis dahin weitgehend erfolglose Micky ein, dass es so nicht weitergeht. Auch auf Drängen seiner Freundin Charlene (Amy Adams) bricht er aus seinem Box-Familienbetrieb aus, vertraut sich einem neuen Manager an, besorgt sich einen professionellen Trainer und beginnt noch einmal ganz von vorne.

Eins der Probleme von "The Fighter" ist, dass die Rolle des durchgeknallten Bruders wesentlich stärker und auch besser gespielt ist als die eigentliche Hauptrolle. Es wirkt so, als würde der Film zwei Geschichten erzählen, die des heruntergekommenen, ehemaligen Boxers, der sich über seinen größten Kampf gegen Sugar Ray Leonard selbst etwas vormacht, und eine zweite Geschichte, in der es um einen weitgehend unbekannten Boxer geht, der im Alter von über 30 Jahren überraschend den Weltmeistertitel holt. Mark Wahlberg ist kein schlechter Schauspieler, aber Christian Bale, der für seine Leistung einen Oscar als bester Nebendarsteller bekam, ist deutlich charismatischer. Hinzu kommt die starke Rolle der Mutter – auch für Melissa Leo gab’s einen Oscar – und ihr verzweifeltes Bemühen, ihre Familie mit Gefühlsausbrüchen, Tränen und Drohungen unter ihrer Kontrolle zu behalten. Wahlbergs Micky Ward dagegen bleibt blass. Bis zum Schluss weiß man nicht genau, was in ihm vorgeht, er bleibt einem fremd, und sein Schicksal berührt einen nicht. Der "Fighter" wird etwas besser, als Dicky im Knast sitzt und das Interesse des Zuschauers stärker auf Micky und dessen zunehmende Erfolge im Boxring gelenkt wird. Der unvermeidliche Schlusskampf ist dann gut und professionell inszeniert, der emotionale Höhepunkt des Films. Das reicht jedoch nicht, um aus "The Fighter" tatsächlich noch einen guten Film zu machen.

"The Fighter" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Sonntag 03 Juli 2011 16:21

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