« Die besten Pixar-Kurzfilme | Zurück zur Startseite dieses Blogs | Filmkritik: "The Town" »

Filmkritik: "The American"

Die Psychologie des Auftragskillers

"The American" ist ein Krimi, die Geschichte eines Killers, der in den Abruzzen seinen letzten Job erledigt. Wichtiger jedoch, und essentiell für die Spannung des Films, ist die Psychologie. Der niederländische Regisseur Anton Corbijn zeigt uns einen Mann, einen eiskalten Profi, an dessen zunächst nahezu unbeweglichem Gesicht man im Verlauf des Geschehens immer deutlicher ablesen kann, was tatsächlich in ihm vorgeht.

Dieser Mann heißt Jack oder vielleicht auch Edward – seinen richtigen Namen erfährt man nicht. Er wird gespielt von George Clooney, der hier eine der besten Performances seiner Karriere abliefert. Zu Beginn sieht man Jack/Edward mit seiner Freundin in einer verschneiten schwedischen Hütte. Sie werden von zwei Killern aufgestöbert. Jack/Edward erschießt sie und anschließend auch die Freundin. Wir verstehen: Als Zeugin war sie ein zu großes Risiko. Jack flieht nach Italien in ein abgelegenes Dorf in den Abruzzen. Dort bekommt er seinen nächsten Auftrag: Er soll für eine Attentäterin ein spezielles Scharfschützengewehr konstruieren.

Der Film spielt fast ausschließlich in diesem Dorf. Er zeigt den Alltag von Jack/Edward. Er redet nicht viel und nur mit wenigen Menschen. Der Pfarrer des Dorfes nimmt Kontakt zu ihm auf, er ist neugierig und ahnt auch, dass Jack/Edward nicht ganz koscher ist. Der besorgt sich derweil bei einem Mechaniker ein paar Metallteile und baut das Gewehr zusammen. Seine Kundin kommt, eine schöne, junge Frau. Sie sprechen nur das Notwendigste miteinander, es gibt kaum vollständige Sätze, lediglich technische Details. Nur als sie das Gewehr zum ersten Mal ausprobiert, spürt man die Anspannung der beiden. Es sind Profikiller, die sich belauern. Kann es sein, dass diese Waffe nur ein Vorwand ist und einer den anderen umbringen soll?

Jack/Edward will keine emotionalen Bindungen eingehen. Einmal pro Woche geht er in ein Bordell und besucht dort eine Prostituierte. Sie heißt Clara (Violante Placido), und dieser geheimnisvolle Amerikaner beginnt ihr zu gefallen. Es gelingt ihr, Jack/Edward zu einer öffentlichen Verabredung zu überreden. Er bleibt nach wie vor misstrauisch, doch nach und nach beginnt seine Maske zu bröckeln. Darunter kommt ein Mann voller Einsamkeit, Ängsten und Paranoia zum Vorschein. Er hat Alpträume, wacht nachts schweißgebadet auf. Und Jack/Edward beschließt auszusteigen.

"The American" ist ein Film, der nur auf der großen Leinwand funktioniert. Nur hier kann man die anfangs kaum sichtbaren Gemütsregungen des Killers erkennen, die Angst in seinen Augen, ein kaum sichtbares Zucken im Gesicht. Die Kamera bleibt die meiste Zeit dicht an den Protagonisten dran und studiert ihre Gesichter in Großaufnahmen. Ansonsten werden die Figuren immer wieder vor der einsamen Bergwelt der Abruzzen gezeigt, was das Gefühl der Einsamkeit und Isolation noch verstärkt. Und obwohl einem die Gedankengänge eines professionellen Mörders fremd sind, wird man doch mehr und mehr angesteckt von seiner Paranoia. Als an einer Stelle ein Geräusch ertönte, das sich anhörte wie ein Schuss, zuckte das gesamte Kinopublikum gemeinsam mit George Clooney zusammen. "The American" ist ein gut gemachter, psychologischer Thriller in der Tradition der französischen schwarzen Serie. Es gibt nur wenig Action, und es sind auch keine Rätsel zu lösen. Der eigentliche Film spielt sich im Kopf ab.

"The American" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Dienstag 21 September 2010 um 11:44 von Roland Freist

Bearbeitet: Sonntag 03 Juli 2011 16:32

*
blog comments powered by Disqus

« Die besten Pixar-Kurzfilme | Zurück nach oben | Filmkritik: "The Town" »

Impressum/Kontakt