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Filmkritik: "The Fighter"

 

Der Kampf seines Lebens

Dies hätte ein großer Boxerfilm werden können, vergleichbar mit "Raging Bull", "Million Dollar Baby" oder, nun ja, "Rocky". Aber aus irgendeinem Grund ist etwas schief gegangen. Und das hat sehr stark etwas mit der Hauptrolle und ihrem Darsteller zu tun.

Diese Hauptrolle ist ein Boxer im Halbweltergewicht, der wegen seiner irischen Abstammung "Irish" Micky Ward genannt wird. Es gab ihn tatsächlich, im Jahr 2000 gewann er den Weltmeistertitel in der Version der WBU. Er wird gespielt Mark Wahlberg, der ihn als ruhigen, eher wortkargen Typen mit einem begrenzten Spektrum an Emotionen darstellt. Micky ist aufgewachsen in der Kleinstadt Lowell, Massachusetts, inmitten einer umfangreichen Familie. Da ist zum einen sein Vater George (Jack McGee), der genau wie der Rest der Familie unter der Fuchtel von Alice (Melissa Leo) steht, Mickys Mutter und zugleich seine Managerin. Weiterhin gibt es sage und schreibe sieben Schwestern, die grundsätzlich als Gruppe auftreten und dabei die meiste Zeit wirken wie ein Haufen aufgescheuchter Hühner. Und da ist Mickys älterer Halbbruder Dicky Eklund, ein ehemaliger Boxer, der sein Trainer sein will, die meiste Zeit jedoch wegen seiner Crack-Sucht bei dieser Aufgabe versagt.

Dicky ist zweifellos der interessanteste Charakter des Films. Christian "Batman" Bale spielt ihn als hohlwangigen Drogenesser, aufgeputscht und hypernervös, der sein Selbstbewusstsein aus der Tatsache zieht, dass der große Sugar Ray Leonard, einer der besten Boxer der 70er und 80er Jahre, einmal in einem Kampf gegen ihn zu Boden ging – ob Dicky ihn tatsächlich so gut getroffen hatte oder ob Leonard einfach nur ausgerutscht war, bleibt bis zum Ende offen. Auf jeden Fall hat Dicky ständig Ärger mit der Polizei, entweder wegen seiner Drogengeschichten oder aufgrund von Prügeleien. Als er mal wieder im Knast landet, weil er einen Polizisten zusammengeschlagen hatte, sieht der bis dahin weitgehend erfolglose Micky ein, dass es so nicht weitergeht. Auch auf Drängen seiner Freundin Charlene (Amy Adams) bricht er aus seinem Box-Familienbetrieb aus, vertraut sich einem neuen Manager an, besorgt sich einen professionellen Trainer und beginnt noch einmal ganz von vorne.

Eins der Probleme von "The Fighter" ist, dass die Rolle des durchgeknallten Bruders wesentlich stärker und auch besser gespielt ist als die eigentliche Hauptrolle. Es wirkt so, als würde der Film zwei Geschichten erzählen, die des heruntergekommenen, ehemaligen Boxers, der sich über seinen größten Kampf gegen Sugar Ray Leonard selbst etwas vormacht, und eine zweite Geschichte, in der es um einen weitgehend unbekannten Boxer geht, der im Alter von über 30 Jahren überraschend den Weltmeistertitel holt. Mark Wahlberg ist kein schlechter Schauspieler, aber Christian Bale, der für seine Leistung einen Oscar als bester Nebendarsteller bekam, ist deutlich charismatischer. Hinzu kommt die starke Rolle der Mutter – auch für Melissa Leo gab’s einen Oscar – und ihr verzweifeltes Bemühen, ihre Familie mit Gefühlsausbrüchen, Tränen und Drohungen unter ihrer Kontrolle zu behalten. Wahlbergs Micky Ward dagegen bleibt blass. Bis zum Schluss weiß man nicht genau, was in ihm vorgeht, er bleibt einem fremd, und sein Schicksal berührt einen nicht. Der "Fighter" wird etwas besser, als Dicky im Knast sitzt und das Interesse des Zuschauers stärker auf Micky und dessen zunehmende Erfolge im Boxring gelenkt wird. Der unvermeidliche Schlusskampf ist dann gut und professionell inszeniert, der emotionale Höhepunkt des Films. Das reicht jedoch nicht, um aus "The Fighter" tatsächlich noch einen guten Film zu machen.

"The Fighter" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Freitag 08 April 2011 um 22:55 von Roland Freist

Bearbeitet: Sonntag 03 Juli 2011 16:21

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