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Archiv vom Juni 2010

"Physisch", und nicht "physikalisch"

Geschrieben am Dienstag 29 Juni 2010 um 12:01 von Roland Freist

Seit immer mehr Server und Clients virtualisiert werden, braucht die IT-Welt ein Wort, um diese virtuellen Maschinen von den metallenen zu unterscheiden. Leider verwendet sie dafür nur allzu gern das Adjektiv "physikalisch", spricht also von "physikalischen Maschinen", um auszudrücken, dass es sich um dreidimensionale, mit der Hand berührbare Geräte handelt.

Das ist falsch! "Physikalisch" bedeutet "die Physik betreffend", was in diesem Zusammenhang keinen Sinn ergibt. Richtig ist das Adjektiv "physisch", was laut Duden für "natürlich; körperlich" steht. Denn das ist ja gemeint: ein körperlich vorhandener Server, im Unterschied eben zu einem virtuellen, der lediglich im Arbeitsspeicher eines anderen Rechners existiert. Also: Es gibt physische und virtuelle (oder meinetwegen auch virtualisierte) Server, aber keine physikalischen.

Die Verwirrung kommt wohl zustande, da das englische Wort "physical" laut Cassel’s German Dictionary sowohl "physisch" wie auch "physikalisch" bedeuten kann. Da "physical", ich betone jetzt mal auf der letzten Silbe, sich jedoch eher anhört wie das deutsche "physikalisch" (Betonung auf der dritten Silbe), wird zumeist dieses Adjektiv für die Übersetzung herangezogen. Dabei handelt es sich jedoch um einen "falschen Freund".

Ich habe übrigens Hinweise darauf gefunden (die ich leider nicht nachprüfen kann), dass der Fehler zum ersten Mal in der deutschen Übersetzung eines Microsoft-Handbuchs auftrat, und zwar beim Begriff der "physikalischen Netzwerkadresse". Dabei handelte es sich allerdings schon immer um eine physische Adresse, da sie an die körperlich existierende Hardware des Netzwerkadapters gebunden ist und nicht etwa mithilfe physikalischer Formeln berechnet wird.

Bearbeitet: Montag 07 Oktober 2013 11:46

Einige Notizen vom Microsoft Systemmanagement Summit 2010

Geschrieben am Freitag 11 Juni 2010 um 14:17 von Roland Freist

Gestern, am 10. Juni, fand in München der vierte Microsoft Systemmanagement Summit statt. Im ersten Vortrag auf der Konferenz sprachen Michael Korp und Peter Hake, beide Technical Evangelists bei Microsoft, einige der wichtigsten Trends an, die sie in der professionellen IT-Welt derzeit beobachten. So registrieren sie ein wachsendes Interesse der Unternehmen, ihre gesamte IT inklusive Servern, Client-Anwendungen und Storage in die Cloud auszulagern. Allerdings könne nicht alles delegiert werden. So müsse sich jede Firma überlegen, welche Daten sie in die Hände der Cloud-Dienstleister übergibt. Außerdem müssten die Verantwortlichkeiten intern bleiben, sprich, es muss immer noch jemand da sein, der den aktuellen Status überwacht und im Notfall eingreift beziehungsweise Alarm schlägt. Aber auch die Zugriffssteuerung und Rechtevergabe, also die Entscheidung darüber, wer auf welche Daten zugreifen darf, könne nur innerhalb des Unternehmens erfolgen.

Später am Tag stellte Microsoft gleich zwei Anwendungen für die IT-Prozessautomatisierung im Rechenzentrum vor. Im vergangenen Dezember hat der Konzern die kanadische Firma Opalis übernommen, deren gleichnamige Applikation nun im Bundle der System Center Server Management Suite vertrieben wird. Parallel dazu hat MS selbst den System Center Service Manager entwickelt, stellt ihn bislang allerdings nur als 180-Tage-Testversion zur Verfügung. Mit beiden Anwendungen lassen sich typische Service-Aufgaben der IT-Abteilungen – wie beispielsweise der Reset eines Passworts – so weit automatisieren, dass sie nach Anforderung durch den Anwender ohne Zutun eines IT-Mitarbeiters durchgeführt werden. Aber es sind auch komplexere Aufgaben wie die Analyse einer eingefrorenen Anwendung und die anschließende Installation von Patches oder Treibern realisierbar.

Opalis sah in der Demo noch etwas unfertig aus, das Programm muss erst noch in die Microsoft-Welt integriert werden. Die Stärke der Software war jedoch sofort erkennbar, nämlich die übersichtliche grafische Darstellung und einfache Steuerung der einzelnen Schritte beim Abarbeiten einer Aufgabe. Und: Opalis ist aufgrund seiner Historie nicht auf Microsoft-Umgebungen beschränkt, sondern arbeitet beispielsweise auch mit HP-Anwendungen zusammen. Das kann der Service Manager nicht, dafür bietet er eine enge Anbindung an den MS SQL Server, so dass der Administrator umfassende Auswertungen der Service-Fälle, also beispielsweise der häufigsten Absturzursachen von einzelnen Desktop-Anwendungen, vornehmen und anschließend entsprechend handeln kann.

Infos zu den Vorträgen auf der Veranstaltung gibt es unter www.systemmanagementsummit.de.

Bearbeitet: Freitag 11 Juni 2010 14:34

Kommunikation 2010 - Bericht von einer seltsamen Veranstaltung

Geschrieben am Montag 07 Juni 2010 um 22:25 von Roland Freist

Die dpa-Tochter news aktuell hatte heute Abend zur Podiumsdiskussion ins Münchner Haus der Bayerischen Wirtschaft geladen. Thema war "Kommunikation 2020 – Aufbruch in ein neues Informationszeitalter?" Eine Frage, über die sich vier Diskutanten und ein Moderator unterhalten wollten. Die Teilnehmer waren Terry von Bibra, der Geschäftsführer von Yahoo Deutschland, Helmut Freiherr von Fircks, Geschäftsführer bei F&H Public Relations, Jochen Wegner, Chefredakteur von Focus Online und Professor Peter Wippermann, Gründer und Gesellschafter von Trendbüro, einem Beratungsunternehmen für gesellschaftlichen Wandel. Das Gespräch leiten sollte der Kommunikationsberater Klaus Eck.

Wie die Kommunikation in zehn Jahren aussehen würde, wussten die Diskutanten auch nicht. Das machte aber nichts, denn dazu befragte der Moderator sie zunächst auch nicht. Stattdessen ging es los mit Second Life und warum sich die virtuelle Realität nicht durchgesetzt hat. Dann kam das Gespräch auf das iPad und seine Bedeutung für die Medienszene. Jochen Wegener erzählte, dass sich seine Kinder damit gerne die Sesamstraße ansehen. Helmut von Fircks fand das Gerät gut als eine Art vereinfachten Computer für Senioren und wies darauf hin, dass es sich um ein Nischenprodukt handele. Das konnte schnell bestätigt werden: Bei der Frage von Klaus Eck, wie viele der vielleicht zwei- bis dreihundert anwesenden Medienarbeiter bereits ein iPad besäßen oder sich zumindest eines zulegen wollten, gingen vielleicht zehn Hände hoch.

Etwas besser sah es bei Twitter aus: Etwa ein Drittel der Anwesenden meldete sich, als nach den aktiven Twitterern im Saal gefragt wurde. Jochen Wegner berichtete begeistert, dass seine Redaktion dank der Infos aus dem Twitter-Universum schneller als die meisten Konkurrenten wusste und melden konnte, dass Michael Jackson gestorben war. Auch die Nachricht von der Notwasserung eines Flugzeugs auf dem Hudson River habe sie auf diese Weise früher ins Netz stellen können. Was Twitterer damit von Bild-Leserreportern unterscheidet, blieb allerdings unklar.

Einige Trends in der Kommunikation konnte das Podium allerdings dann doch ausmachen: So verlagere sich der Journalismus von den unabhängigen Medien immer mehr in Richtung Unternehmen und PR. Die Privatsphäre löse sich immer mehr auf, da die Unternehmen von ihren Mitarbeitern zunehmend verlangen, dass sie auch am Abend und am Wochenende online erreichbar sind. Das Private wird zu einer Art Währung, von der im Moment allerdings noch niemand sagen könne, was sie wert sei. Allerdings würden die modernen, digitalen Medien von den Menschen heute privat meist schon intensiver genutzt als von den Unternehmen. Viele Firmen würden es ihren Mitarbeitern sogar verbieten, am Arbeitsplatz die Instrumente des Web 2.0 zu nutzen. "Die Zukunft ist eigentlich hier, aber wir verdrängen sie die ganze Zeit", fasste Professor Wippermann den Stand der Dinge zusammen.

Insgesamt stand dieser Abend von vornherein unter einem schlechten Stern. Dieser Stern war in diesem Fall eine Twitterwall (http://twitterwallr.com), die auf die Wand hinter den Diskutanten projiziert wurde und jeweils die letzten zwölf Postings mit dem Hashtag #mediacoffee anzeigte. So sollte das Publikum im Saal mittels seiner Mobilgeräte und über Twitter eigene Fragen stellen und Diskussionsbeiträge liefern können. Leider hätten der Moderator und die übrigen Podiumsteilnehmer die Tweets nur dann sehen können, wenn sie sich ständig umgedreht hätten, was sie aber natürlich nicht taten. So nutzten einige Zuhörer den digitalen Kanal, um das Geschehen auf der Bühne teils recht hämisch zu kommentieren, was bei den mitlesenden Kollegen im Saal immer wieder für Unruhe oder sogar Lachanfälle und beim nicht mitlesenden Podium für Irritationen sorgte. Zumindest das wird bei der Kommunikation im Jahr 2020 wohl anders laufen.

Wer’s übrigens nachlesen möchte, braucht auf Twitter lediglich nach #mediacoffee zu suchen. Und hier findet man ein leider unscharfes Foto von Publikum, Podium und der fiesen Twitterwall.

Bearbeitet: Dienstag 08 Juni 2010 9:52

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