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Filmkritik: "Shape of Water – das Flüstern des Wassers"

Ich liebe einen Wassermann

Schau an, dieser Guillermo del Toro ist ja ein echter Romantiker. Man hätte es sich zwar denken können, nachdem er uns bereits in "Hellboy" eine Ausgeburt der Hölle vorgestellt hatte, die an fortgeschrittenem Liebeskummer litt. Dennoch kommt "Shape of Water" einigermaßen überraschend. Der mexikanische Regisseur, bekannt für seine Horror- und Superhelden-Filme, legt hier ein Märchen im Stil von "Die Schöne und das Biest" vor.

Allerdings ohne Schöne beziehungsweise ohne eine Frau von großer äußerer Schönheit. Elisa Esposito (Sally Hawkins) ist der Typ der unauffälligen Nachbarin, schüchtern und notgedrungen stumm – in ihrer Kindheit wurde ihr Kehlkopf beschädigt, seither kann sie nicht mehr sprechen. Sie arbeitet als Putzfrau in einem Gebäude des US-Militärs. Es sind die frühen 60er Jahre, jeder hat Angst vor einem Atomkrieg, gleichzeitig versuchen Amerikaner und Russen sich beim Wettlauf ins All zu übertrumpfen.

Da kommt ein neues "Objekt" in das Gebäude, ein Wasserwesen, gefangen im Amazonas. In der äußeren Form ähnelt es einem Menschen, doch seine Haut ist von Schuppen überzogen, es atmet durch Kiemen und hat die großen Augen eines Fisches. Mitgebracht hat es Richard Strickland (Michael Shannon), einer der größten Unsympathen der Kinogeschichte. Er ist ein rassistischer, gefühlloser Militärangehöriger, der das Wasserwesen mit einem Elektroschocker traktiert und foltert. Dass es sich um ein intelligentes Wesen handelt, will er nicht wahrhaben, ebenso wenig wie sein Vorgesetzter, ein General, der sich von der Untersuchung Aufschlüsse darüber verspricht, wie sich der Menschen an das Leben im Weltall anpassen könnte.

Elisa jedoch nimmt heimlich Kontakt mit dem Wassermenschen auf, bringt ihm die Gebärdensprache bei und verliebt sich in ihn. Schließlich schmiedet sie einen Plan, um ihn mithilfe ihrer Kollegin Zelda (Octavia Spencer, "The Help") und ihres Nachbarn, des erfolglosen, schwulen Werbegrafikers Giles (Richard Jenkins) zu entführen und in die Freiheit zu entlassen.

Diese Geschichte wird vor dem Hintergrund alter, schwarzweißer Liebesfilme und Musicals aus den 40er und 50er Jahren erzählt, die ständig irgendwo in einem Fernseher laufen. Auch der Score von "Shape of Water" ist gefüllt mit Musik aus jener Zeit, dazu wohnen Elisa und Giles auch noch über einem Kino. Del Toro stellt den Film in die große Tradition der Musikfilme aus Hollywood, die immer schon eine märchenhafte Atmosphäre zu vermitteln suchten.

Gleichzeitig verleugnet er aber auch nicht seine Wurzeln: Wenn Stricklands Finger, die das Wasserwesen ihm abgebissen hat, zusehends zu eitern und zu faulen beginnen, spielt er, vielleicht sogar mit einem leicht vergnügten Grinsen, mit den Mitteln des Horrorfilms. Auf der anderen Seite sorgt die wunderbare Octavia Spencer mit ihrem unfehlbaren Gespür für Timing immer wieder für komische Szenen. Allerdings hat auch allein schon die Idee, das Plappermaul Sally Hawkins ("Happy-Go-Lucky") mehr als zwei Stunden lang kein einziges Wort sagen zu lassen, einen gewissen Witz (zwar sagt sie zwischendurch dann schon einen Satz, allerdings ist unklar, ob es sich nicht um eine Traumsequenz handelt).

Schauspielerisch ist der Film toll. Hawkins, Spencer, Jenkins, Shannon und auch Michael Stuhlbarg ("Arrival") in einer Nebenrolle als Wissenschaftler agieren auf höchstem Niveau. Dazu kommt die gut getroffene, spießige Atmosphäre der frühen 60er, die tolle Ausstattung mit den zahlreichen Details, die ruhig durch die Räume gleitende Kamera – del Toro hat alles richtig gemacht.

Und doch will sich dann letztlich nicht das Gefühl einstellen, einen wirklich großen Film gesehen zu haben. Denn "Shape of Things" berührt einen nicht, lässt einen vielmehr mit dem Eindruck aus dem Kino gehen, einen zwar hervorragend gemachten, vielschichtigen Film gesehen zu haben, bei dem man jedoch mit der Hauptfigur ebenso wenig mitgefiebert hat wie mit Ginger Roberts bei einer Affäre mit Fred Astaire.

"Shape of Things – das Flüstern des Wassers" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Freitag 16 Februar 2018 um 0:09 von Roland Freist

Bearbeitet: Mittwoch 21 Februar 2018 22:36

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