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Filmkritik: "Arrival"

Hallo Aliens, ich bin Louise

Ein Science-Fiction-Schmankerl für Linguisten ist dieser Film. Zwölf außerirdische Raumschiffe haben die Erde erreicht, 400 Meter lange, dunkle Gebilde, die senkrecht in der Luft schweben. Doch anstatt wie bei Roland Emmerich auf ein Zeichen ihren Eroberungsfeldzug zu starten, geben sie keinen Mucks von sich geben. Sie sind zunächst einfach nur da und besitzen eine ähnlich ikonische Ausstrahlung wie damals die schwarzen Monolithen in Kubricks "2001". Sie parken rund um die Welt, in Sibirien, im Indischen Ozean, im Sudan, Venezuela, Australien etc. Und ein Exemplar hat sich Montana als Standort ausgesucht.

Schon bald entdecken die Menschen, dass die Raumschiffe eine Einstiegsluke besitzen, die sich auch bereitwillig öffnet, wenn man sich ihr nähert. Und auch die Insassen zeigen sich, hinter einer Glasscheibe erscheinen riesige, tintenfischähnliche Lebewesen, die wegen ihrer sieben Arme bald Heptapods genannt werden. Sie besitzen auch eine Sprache aus Knurr-, Brumm- und Zischlauten, die von den menschlichen Gästen jedoch weder nachgeahmt noch verstanden werden kann.

Die US-Army, die das Gebiet rund um den Landeplatz sofort evakuiert hat, holt sich daher die Linguistik-Professorin Louise Banks (Amy Adams) sowie den theoretischen Physiker Ian Donnelly (Jeremy Renner) zur Unterstützung. Sie sollen einen Weg finden, mit den Aliens Kontakt aufzunehmen. Denn eine Frage will das Militär in Gestalt von Colonel Weber (Forest Whitaker) möglichst schnell beantwortet haben: Was wollen sie von uns und warum sind sie hier?

Banks wird schnell klar, dass eine sprachliche Verständigung unmöglich ist. Also weicht sie aus auf eine zeichenbasierte Kommunikation und bringt bei ihren Besuchen Schrifttafeln mit. Und es funktioniert: Auch die Aliens besitzen eine Art von Schrift, Kreise aus mehreren Elementen, die zusammen einen Satz ergeben. In wochenlanger Arbeit beginnt sie Schritt für Schritt ein Vokabular aufzubauen, um sich mit der aus zwei Heptapods bestehenden Besatzung des Raumschiffs verständigen zu können. Ähnliches geschieht an den anderen Standorten, alle wissenschaftlichen Teams sind weltweit miteinander vernetzt. Doch dann führt eine unklare Übersetzung dazu, dass die Außerirdischen als Bedrohung wahrgenommen werden. Das Militär übernimmt die Regie, und es droht eine Katastrophe.

Man lernt in "Arrival" viel darüber, wie Sprache funktioniert und wie sie analysiert wird. Doch der Film ist alles andere als wissenschaftlich-nüchtern. Er wird erzählt aus der Sicht von Louise Banks – Amy Adams zeigt hier wieder einmal, was für eine großartige Schauspielerin sie ist. Natürlich hat sie Angst, als sie das Raumschiff betritt, in dem eine Schwerkraft senkrecht zu jener der Erde herrscht. Und bei der ersten Begegnung mit den Aliens sieht man ihr deutlich an, dass sie nur mit Mühe die aufsteigende Panik unterdrückt und sich bemüht, einen klaren Gedanken zu fassen. Auch Forest Whitaker und Jeremy Renner spielen ihre Rollen sehr überzeugend, allerdings zieht Adams jederzeit die Blicke auf sich.

Doch "Arrival" handelt nicht nur von Sprache und Kommunikation, es geht auch um die Zeit und die Frage, ob sich das Schicksal verändern lässt. Und wie bei allen Filmen, die sich an dieses Thema herantrauen, tauchen auch hier logische Probleme auf und man beginnt, Fragen zu stellen.

Der kanadische Regisseur Denis Villeneuve hat die Handlung kunstvoll verschachtelt, er spielt ein wenig mit den Sehgewohnheiten der Zuschauer und ihren Erwartungen, wann und wozu Rückblenden eingesetzt werden. Auf diese Weise erzielt er zum Schluss einen Wow-Effekt, allerdings hat man als Betrachter auch ein wenig das Gefühl, bewusst in die Irre geführt worden zu sein. Hinzu kommt, dass der Sprache ein wenig zu viel abverlangt wird. Vielleicht ist die Auflösung am Ende metaphorisch gemeint, was jedoch nicht so aussieht und den Film daher ein wenig unglaubwürdig erscheinen lässt.

Trotzdem ist "Arrival' einer der großen Filme dieses Jahres und es erscheint nahezu sicher, dass die Oscar-Jury ihn berücksichtigen wird. Freuen würde mich die Auszeichnung vor allem für Amy Adams, die sich in den letzten Jahren zu einer der besten amerikanischen Schauspielerinnen entwickelt hat.

"Arrival" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Sonntag 27 November 2016 um 16:51 von Roland Freist

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