« November 2014 | Startseite | Januar 2015 »

Archiv vom Dezember 2014

Filmkritik: "The Homesman"

Geschrieben am Dienstag 23 Dezember 2014 um 18:53 von Roland Freist

Zurück in den Osten

Immer wenn man glaubt, das Genre gebe nun endgültig nichts mehr her, kommt ein kleiner, feiner Western und beweist das Gegenteil. Tommy Lee Jones zeigt mit seinem zweiten großen Spielfilm nach "Three Burials – Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada" wie ein moderner Western aussehen kann.

Es beginnt schon damit, dass die Hauptperson eine Frau ist. Mary Bee Cuddy, großartig gespielt von der zweimaligen Oscar-Preisträgerin Hilary Swank ("Million Dollar Baby"), ist eine alleinstehende Farmerin in der weiten Landschaft von North Dakota. Sie ist eine starke Persönlichkeit, diszipliniert, mit festen Grundsätzen, aber auch viel christlicher Nächstenliebe. Ihr gelingt, was viele Farmer in der Umgebung nicht schaffen, nämlich aus dem kargen Land so viel herauszuholen, dass sie davon leben kann. Ihr einziges Unglück ist, dass sie keinen Mann findet, der sie heiraten will. Sie ist Anfang 30 und befürchtet, als alte Jungfer zu enden.

In dem winzigen Kaff, zu dem ihre Ranch gehört, sind in kurzer Zeit drei Frauen wahnsinnig geworden. In kurzen Rückblicken zeigt der Film, wie sie an der Armut und Hoffnungslosigkeit ihres Lebens verzweifeln und kaputt gehen. Bei einer ist es die verdorbene Ernte, die ihr und ihrem Mann nichts mehr zum Leben übrig lässt und sie in eine Art stille Verzweiflung schickt. Bei der zweiten sind in kurzer Zeit alle drei Kinder gestorben, die dritte hat ihr eigenes Kind umgebracht. Der Pfarrer (John Lithgow) sucht nun jemanden, der die drei zu einer Gemeinde in Iowa bringt, von wo aus sie in ein Sanatorium verlegt werden sollen. Doch die Männer des Ortes drücken sich vor der gefährlichen Fahrt, bei der auf weiten Strecken die Gefahr besteht, dass entweder Banditen oder Indianer die Reisenden ausrauben und ermorden. Schließlich meldet sich Cuddy.

Sie packt die Frauen in einen kleinen, abschließbaren Wagen, spannt ihre beiden Maultiere davor und zieht los. Eigentlich wollte sie nicht allein fahren, doch keiner will sie begleiten. Doch durch Zufall trifft sie auf George Briggs (Tommy Lee Jones), der, weil er sich unrechtmäßig auf einer verlassenen Farm eingenistet hat, gehängt wurde. Cuddy schneidet ihn los und nimmt den Deserteur und Herumtreiber mit auf die Reise.

Während der nun folgenden Fahrt räumt "The Homesman" gründlich mit den alten Western-Mythen auf. Nicht nur, weil Cuddy und Briggs nach Osten unterwegs sind, während Hollywood seine Helden traditionell in den goldenen Westen schickte. Er zeigt die Landschaft so, wie es in weiten Teilen des Mittleren Westens eben aussieht: Eine öde Prärie, auf der kaum etwas wächst und wo der Blick sich an keinem Gebirge oder sonstigen Naturformationen orientieren kann. Weit und breit ist kein grüner Strauch oder gar Baum zu sehen, alles ist tot und verdorrt. Die Indianer, denen sie unterwegs begegnen, interessieren sich lediglich dafür, ob sie etwas von Wert dabei haben. Das Pferd, das Briggs ihnen im Tausch für die Weiterreise überlässt, werden sie wahrscheinlich aufessen, erklärt er seiner Begleiterin.

Überhaupt Briggs: Tommy Lee Jones spielt ihn als illusionslosen, alten Kämpen, der gelernt hat, dass er am besten durchs Leben kommt, wenn er sich aus den Angelegenheiten seiner Mitmenschen heraushält. Er interessiert sich ausschließlich für die 300 Dollar, die Cuddy ihm für die Fahrt bezahlen will. Als sich die beiden während der wochenlangen Reise dann doch ein wenig annähern, sieht es so aus, als würde er sogar so etwas wie Sympathie für sie entwickeln. Doch das geht schnell vorbei.

"The Homesman" ist kein großer, aber ein sehenswerter Film. Er ist toll fotografiert von Rodrigo Prieto, der in den letzten Jahren unter anderem bei "Argo" und "The Wolf of Wallstreet" die Kamera führte. Dazu kommt der Cast, der vor großen Namen nur so strotzt – neben den bereits Genannten tauchen unter anderem noch William Fichtner, James Spader und Meryl Streep in Nebenrollen auf.

Der Film zertrümmert systematisch das Bild, das Hollywood einst vom Westen aufgebaut hat. Durch einige abrupte Wendungen verhindert er zudem sehr wirkungsvoll, dass man sich mit den beiden Hauptfiguren identifizieren kann. Tommy Lee Jones vermeidet allerdings, vermutlich ganz bewusst, den Aufbau eines neuen, zeitgemäßeren Mythos. Und so lässt "The Homesman" den Zuschauer zum Schluss mit einem Gefühl der Leere zurück.

"Homesman" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Filmkritik: "Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere"

Geschrieben am Montag 15 Dezember 2014 um 22:45 von Roland Freist

Berg des Wahnsinns

Ein Film, der genau das einlöst, was sein Titel verspricht. "Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere" ist, von wenigen Szenen abgesehen, ein einziges großes Kampfgetümmel, ein kaum unterbrochenes Hauen, Schlagen, Stechen und Schießen. Und seltsamerweise ist es der beste Teil der Hobbit-Trilogie geworden.

Der Inhalt ist schnell erzählt: Der Film beginnt genau an dem Punkt, an dem "Smaugs Einöde" aufhörte. Der Drache greift die Seestadt Esgaroth an und legt sie in Schutt und Asche, mit Feuerstößen, die die Wirkung an Napalm-Bomben entfachen. Doch dann kann Bard (Luke Evans) ihn mit dem schwarzen Pfeil aus der Stadt Thal erledigen. Und alles könnte wieder gut werden.

Wird es aber nicht, denn der Schatz im Eisernen Berg lässt Neid und Missgunst sprießen. Thorin Eichenschild (Richard Armitage) ist wahnsinnig geworden und schwört, er werde kein einziges Goldstück aus dem Schatz hergeben. Sein Gefährte Balin (Ken Stott) diagnostiziert die "Drachenkrankheit". Doch die Elben unter ihrem Anführer Thranduil (Lee Pace) wollen einige ihnen geraubte Teile wieder zurück, die überlebenden Menschen von Esgaroth verlangen von Eichenschild ihren Anteil am Schatz. Hinzu kommen noch zwei Ork-Heere unter dem Kommando des einarmigen Azog (Manu Bennett), für den der Einsame Berg ein wichtiger strategischer Stützpunkt ist, sowie eine Armee von Zwergen, die Thorin Eichenschild zur Verstärkung gerufen hat. Fertig ist die Schlacht der fünf Heere. Dazu gibt es noch eine kurze Nebenhandlung: Gandalf (Ian McKellen), Saruman (Christopher Lee), Galadriel (Cate Blanchett) und Elrond (Hugo Weaving) bekämpfen in der verfallenen Festung Dol Guldur die Nazgul und den Nekromanten, der sich schließlich als Sauron entpuppt und entkommen kann.

Obwohl die Filmhandlung recht eindimensional ist, kommt doch – im Unterschied zu den ersten beiden Teilen – keine Minute Langeweile auf. Peter Jackson ist spürbar in seinem Element, mischt die Szenen von den aufeinander prallenden Heeren mit kunstvoll arrangierten Duellen. Immer neue superstarke Trolle tapsen heran, außerdem tauchen noch einige bislang ungesehene Kreaturen auf wie die Erdfresser, die an die Sandwürmer vom Wüstenplaneten erinnern, oder eine Armee von überdimensionalen Fledermäusen.

Jackson gelingt es sogar, im Chaos der Kämpfe die Zeichnung der Charaktere zu vertiefen. Die tragische Liebe zwischen Tauriel (Evangeline Lilly) und Kili (Aidan Turner), die Freundschaft zwischen Bilbo (Martin Freeman) und Thorin, die Krankheit und letztendliche Läuterung des Zwergenkönigs – alles findet einen angemessenen Platz. Kaum zu glauben, dass dies mit zweieinhalb Stunden Dauer der kürzeste der drei Hobbit-Filme ist. Allerdings sind auch deutliche Schwächen erkennbar. Neben der sehr vorhersehbaren Story sind es vor allem die großen Löcher in der Handlung (was wurde eigentlich aus dem Arkenstein?), die unangenehm auffallen. Außerdem entsteht der Eindruck, dass man die Rolle von Bilbo Beutlin auch einfach hätte weglassen können, ohne dass der Fortgang der Ereignisse dadurch wesentlich beeinflusst worden wäre.

Insgesamt schließt "Die Schlacht der fünf Heere" in der Qualität jedoch nahtlos an die "Herr der Ringe"-Reihe an und zitiert sogar in der Schlussszene den Anfang von "Die Gefährten". J. R. R. Tolkien hatte "Der Hobbit" für Kinder geschrieben, von dem kindgerechten Ton hat sich die Reihe jedoch immer weiter entfernt. Vielleicht war das sogar der grundlegende Fehler der ersten beiden Filme, nämlich der Spagat, den Peter Jackson versuchte. Er ließ die lustigen, tollpatschigen Zwerge aus dem Buch bestehen, inszenierte ihre Abenteuer jedoch als tödliche Gefahren. Das hat sich in diesem dritten Teil geändert. Der zunehmende Irrsinn ihres Anführers, die Tausenden von Zwergen, Menschen und Elben, die sich für sie opfern, das verleiht Balin und Co. einen tiefen Ernst und lässt sie erstmals als echte Charaktere erscheinen. Die Trilogie hat damit ihre Unschuld verloren, "Die Schlacht der fünf Heere" setzt einen würdevollen Schlusspunkt.

"Der Hobbit: Die Schlacht der fünf Heere" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Montag 22 Dezember 2014 10:39

Edgar Wright über Comedy

Geschrieben am Dienstag 02 Dezember 2014 um 11:04 von Roland Freist

Edgar Wright hat mit "Shaun of the Dead" den lustigsten Zombie-Film aller Zeiten gedreht, außerdem gehen unter anderem auch "Hot Fuzz" und "Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt" auf sein Konto. In diesem äußerst lehrreichen Video erklärt er, wie man mit visuellen Gags Komik erzeugt. Eine Liste der verwendeten Filmausschnitte wird am Schluss eingeblendet.

Bearbeitet: Sonntag 31 Mai 2015 18:45

« November 2014 | Zurück nach oben | Januar 2015 »