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Filmkritik: "7 Psychos"

No Country for Old Dogs

Eigentlich müsste dieser Film "6 Psychos" heißen, da sich zum Ende hin herausstellt, dass ein Psycho doppelt gezählt wurde. Andererseits fragt man sich an manchen Stellen, ob er nicht genauso gut auch "10 Psychos" oder "Ein Dutzend Psychos" heißen könnte, ohne dass der Film irgendjemandem Unrecht tun würde.

Der Schauplatz ist Los Angeles, was, wie wir seit "Pulp Fiction" und "The Big Lebowski" wissen, die Psycho-Hauptstadt der Welt ist. Dort lebt der Drehbuchautor Marty Faranan (Colin Farrell) und kämpft mit einer Schreibblockade. Dass er den gleichen Vornamen trägt wie der reale Regisseur und Autor des Films, Martin McDonagh ("Brügge sehen … und sterben?"), ist sicher kein Zufall. Martys bester Freund Billy (Sam Rockwell, "Moon") will ihm helfen und erzählt ihm Geschichten wie die von dem Quäker-Killer (in einer Traumsequenz gespielt von Harry Dean Stanton), der jahrzehntelang einem Mann nachjagt und sich, nachdem er ihn in den Selbstmord getrieben hat, selbst die Kehle durchschneidet. Eine andere Geschichte steuert Tom Waits bei, der hier Zachariah heißt: Er hat sich als Serienmörder darauf spezialisiert, andere Serienmörder umzubringen.

Im normalen Leben betätigt sich Billy gemeinsam mit einem älteren Herrn namens Hans (Christopher Walken) als Hundeentführer: Sie kidnappen die Tiere von reichen Hundehaltern und bringen sie zurück, sobald eine Belohnung ausgeschrieben ist. Leider haben sie dabei aus Versehen den Shih Tzu eines Mafiabosses namens Charlie (Woody Harrelson) erwischt, der bei der Suche nach seinem geliebten vierbeinigen Pelzknäuel nicht gerade zimperlich vorgeht. Zum Schluss kommt es in der Wüste zum Showdown zwischen Marty, Billy, Hans und Charlie, wobei Billy dem Hund von Charlie eine Signalpistole an den Kopf hält mit der Drohung, ihn zu erschießen …

Das alles könnten die Komponenten eines wunderbaren Films sein, witzig, unterhaltsam, phantasievoll und lakonisch erzählt. Leider funktioniert "7 Psychos" über weite Strecken nicht. Die ersten rund 75 Minuten bieten dabei zumindest noch einige gute Geschichten, die jedoch häufig einfach dadurch beendet werden, dass entweder der Erzähler oder der Zuhörer erschossen werden. So wie diese Szenen gefilmt sind, wirken sie nicht lustig. Auch ist der Rhythmus um einen Tick zu langsam, und es fehlen an einigen Stellen einfach die zündenden Ideen.

Schlimm wird es dann in der letzten halben Stunde in der Wüste. Es geschieht wenig, die Dialoge sind wortreich, aber zugleich zäh und langatmig, und wirken zudem an vielen Stellen krampfig. Langeweile kommt auf und gleichzeitig der Wunsch, dass im Kino bald das Licht angehen möge. Hätte Martin McDonagh hier nicht so ausgezeichnete Schauspieler zusammengebracht, allen voran der große Christopher Walken, würden diese Szenen in der Wüste wirken wie das selbstgeschriebene Stück eines Laientheaters.

"7 Psychos" zeigt die Entstehung eines Films in einem Film, er erzählt von den seltsamen Wegen, auf denen ein Filmdrehbuch zustande kommt und woher der Schreiber seine Inspiration bezieht. Er spielt teilweise in der Realität und teilweise in der Erinnerung beziehungsweise der Phantasie des Autors und der ihn umgebenden Figuren. Das Ergebnis hat etwas von einer Reihe von Insider-Witzen, die die Beteiligten sich und ihren Gästen abends am Lagerfeuer erzählen. Für den Gast ist der Erzähler dabei meist wesentlich witziger und sympathischer als seine Geschichte.

"7 Psychos" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Sonntag 09 Dezember 2012 um 22:41 von Roland Freist

Bearbeitet: Sonntag 09 Dezember 2012 23:20

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