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Filmkritik: "Die Kunst zu gewinnen – Moneyball"

Mit Mathe zum Sieg

Es gibt eine Gattung von Browserspielen, die sich allein dem Kauf und Verkauf von Fußballspielern widmet. Etliche Websites bieten entsprechende Games an. Immer geht es darum, eine Mannschaft aufzubauen und mit dem Kauf und Verkauf von Spielern stärker und erfolgreicher zu machen – auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Genau um dieses Thema geht es auch in "Moneyball", dem neuen Film von Bennett Miller ("Capote"), nur dass der Sport hier Baseball heißt.

Er beginnt mit einer Niederlage. Das Team der Oakland Athletics, kurz Oakland A’s, hat unter seinem Teammanager Billy Beane (Brad Pitt) den Einzug in die Playoffs verpasst. Oakland ist eine der finanziell schwächsten Mannschaften der Liga, vergleichbar mit Mainz 05 oder Gladbach in der deutschen Fußball-Bundesliga. Der Verein muss daher nach Ende der Saison seine besten Spieler zu anderen, reicheren Clubs ziehen lassen, die ihnen ein höheres Gehalt zahlen können. Als Ersatz werden junge Nachwuchsspieler angeworben, von denen man sich erhofft, dass sie die entstandenen Lücken auffüllen können. Nicht immer gelingt das.

Beane hat keine Lust mehr auf dieses System. Er will die Meisterschaft und sucht nach neuen Wegen, mit seinem begrenzten Budget Erfolg zu haben. Da trifft er auf Peter Brand (Jonah Hill), einen jungen, dicken Nerd, Absolvent der Elite-Uni Yale, der noch nie in seinem Leben Baseball gespielt hat, aber nahezu sämtliche Spiele der letzten Jahre, und vor allem die beteiligten Spieler, statistisch analysiert hat. Er kann mit einem Blick in seine Datenbank genau sagen, welcher Spieler mit einem Marktwert von X Dollar mit welcher Wahrscheinlichkeit welchen Spielzug wie oft in der Saison erfolgreich ausführen wird. Gemeinsam beginnen Beane und Brand ein neues Spiel und nennen es Moneyball: Sie kaufen und verkaufen Spieler für das Team der kommenden Saison nicht mehr aufgrund ihrer vermutlichen Entwicklung, sondern stellen die Mannschaft auf Basis von Brands Daten zusammen. Und es funktioniert: Zwar rutschen die Oakland A’s zu Anfang der Saison zunächst auf den letzten Tabellenplatz ab, danach legen sie jedoch mit 20 Siegen in Folge die längste Serie in der Geschichte des amerikanischen Baseballs hin.

"Moneyball" ist zum einen ein herkömmlicher Sportfilm: Es geht um einen Underdog, der über sich hinauswächst und plötzlich sogar die Favoriten schlagen kann. Doch anders als in Klassikern wie "Freiwurf" oder "Die Bären sind los" ist es nicht der Zusammenhalt im Team oder das neue Selbstvertrauen der Spieler, was den Erfolg bringt, es ist auch nicht ein kauziger, abgehalfterter Trainer, der sich noch einmal aufrafft und die Mannschaft zum Sieg führt, sondern kalte Mathematik, gepaart mit einem nüchternen, mitleidlosen Umgang mit den Akteuren auf dem Feld.

Und das ist das Interessante an diesem Film: Er zeigt den Schacher um die Spieler als reinen, nicht regulierten Kapitalismus. Die Transferperiode reicht bis weit in die Saison hinein. So ist es möglich, dass ein Spieler morgens verkauft wird und am nächsten Tag bereits für seinen neuen Verein antritt. Auf seine eigenen Wünsche, seine Familie wird keinerlei Rücksicht genommen. Sein alter Verein sagt ihm, er soll sich umziehen, drückt ihm noch eine Telefonnummer und ein Flugticket in die Hand, und das war’s. In langen Sequenzen sieht man, wie Beane mit den Managern anderer Vereine am Telefon verhandelt. Ein paar Namen fliegen hin und her, ein paar Zahlen werden genannt, den Rest erledigen die Anwälte. Der Trainer, hier gespielt von Philip Seymour Hoffman, wird übrigens nicht gefragt, er muss das Spielermaterial nehmen, das der Manager ihm vorsetzt.

An keiner Stelle des Films lernen wir auch nur einen der Spieler näher kennen. Wir werden nur über ihren statistischen Wert informiert. Auch die Fans spielen in "Moneyball" keine Rolle, sie sind einfach nur eine große, anonyme Masse ohne Einfluss auf die Vorgänge in ihrer Mannschaft. Der Film erzählt vom Baseball allein aus Manager-Sicht. Und das ist erstaunlich spannend.

"Moneyball" beruht auf der wahren Geschichte der 2002er Saison der Oakland A’s. Billy Beane hat damals mit Hilfe von Peter Brand den Baseball verändert und die alten Männer entmachtet, die zuvor als fachkundige Scouts nach neuen Spielern suchten. Es ist eine typisch amerikanische Geschichte von einem Mann, der neue Wege geht, sich gegen alle Widerstände durchsetzt und zum Schluss belohnt wird. Diese altmodische Story ist so stark, dass sie sogar in der drögen Welt der Baseball-Statistiken funktioniert.

"Moneyball" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Freitag 03 Februar 2012 um 17:35 von Roland Freist

Bearbeitet: Dienstag 14 August 2012 17:56

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