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Filmkritik: "Mad Max: Fury Road"

Das Beste kommt zum Schluss

Wenn eine erfolgreiche Actionserie aus früheren Jahrzehnten wiederbelebt wird, erwartet man nicht viel. Die Massen von Sequels und Prequels, die in den letzten Jahren die Kinosäle erreichten, haben größtenteils gezeigt, dass es Hollywood bei den Reihen nur darum geht, aus einem Stoff auch noch den letzten Dollar herauszuquetschen. Die Qualitätskurve weist jedoch nur in eine Richtung, nämlich nach unten. Ausnahmen wie "Fast & Furious", wo es zwischendurch auch bessere Filme gab, sind nur eine Bestätigung für diese Regel.

Das Gleiche war für den neuen "Mad Max" zu befürchten. Ich persönlich hielt den ersten Film der Reihe immer für den besten, ein Genre-Klassiker mit einem jungen, noch unverbrauchten Mel Gibson. Teil 2 und 3 fielen dagegen ab, und nachdem in "Jenseits der Donnerkuppel" Tina Turner "We don’t need another hero" gesungen hatte, war dann auch zu Recht Schluss. Aber da hatte ich Regisseur George Miller unterschätzt: 30 Jahre lang hat er für das Projekt gekämpft, während er zwischendurch Sachen wie "Schweinchen Babe in der großen Stadt" drehte. Und jetzt meldet er sich mit einem echten Hammer zurück. "Mad Max: Fury Road" ist der bislang beste Titel aus dieser Serie, besser selbst als Teil 1.

Die Handlung reduziert sich im Wesentlichen auf eine wahnwitzige Verfolgungsjagd durch die australische Wüste (gedreht wurde allerdings auch in Namibia und Südafrika). Mad Max, der Ex-Polizist Max Rockatansky, gespielt von Tom Hardy ("The Dark Knight Rises"), wird von einer Kolonie um den Warlord Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) gefangengenommen. Als einer seiner Offiziere, nämlich die von Charlize Theron gespielte Imperator Furiosa, seine fünf Frauen aus ihrem Sklavendasein befreit und mit einem Tanklastzug abhaut, schickt er seine halbe Armee hinterher, die Mad Max als eine Art lebende Blutkonserve mitnimmt. Der kann sich allerdings befreien und wechselt auf die Seite der Verfolgten.

Diese Geschichte wird in etwa zehn Minuten erzählt. Der Rest der Films besteht aus einer fulminanten Verfolgungsjagd, unterbrochen nur durch eine etwa 15-minütige Ruhepause, während der der Zuschauer etwas durchatmen kann. In der restlichen Zeit geht es im ICE-Tempo voran. Den Rhythmus gibt die Militärkapelle von Immortan Joe vor, eine Heavy-Metal-Band, die auf einem eigenen Wagen mitfährt und aus einem Gitarristen besteht, aus dessen Instrument Stichflammen schießen, sowie aus vier Schlagzeugern, die auf gewaltige Becken eindreschen.

Die restlichen Militärfahrzeuge sind eine wilde, halb verrostete Mischung aus Monstertrucks, Tanklastwagen, Kettenfahrzeugen, Motorrädern und alten Limousinen, die so abenteuerlich zusammengeschweißt wurden, dass sie aussehen, als wäre ihre Umwandlung zum Alien auf halbem Wege abgebrochen worden. Doch so schrottreif diese Karren auch aussehen, man erkennt doch die Liebe zum Detail, die die Set-Designer hineingesteckt haben. Es sind fantastische Konstruktionen, bewehrt mit Panzern, Stacheln und gewaltigen Waffenarsenalen, ihre Motoren werden mit Nitro-Spritzern auf Touren gebracht. Auch bei den Angriffen auf den flüchtenden Truck ist in jeder Einstellung der Wille zur Perfektion spürbar. George Miller und seinem Kameramann John Seale gelingen dabei Bilder von einer ungeheuren archaischen Kraft. Die 3D-Darstellung ist allerdings mal wieder überflüssig und bringt keinen zusätzlichen Effekt, sie legt nur einen leichten Grauschleier über die Szenen.

Doch auch Actionfilme funktionieren nur dann, wenn dem Zuschauer Gelegenheit gegeben wird, sich in die handelnden Charaktere hineinzuversetzen, mit ihnen mitzufiebern. Das gelingt hier ausgezeichnet. "Mad Max: Fury Road" gibt genau so viel von den Hauptpersonen preis, dass man versteht, was sie antreibt und was in ihnen vorgeht. Tom Hardy gelingt ein überzeugender Mad Max, er spielt ihn als wortkargen, von Selbstzweifeln und Albträumen geplagten Einzelgänger. Allerdings besitzt Hardy nicht das Charisma, das einst Mel Gibson auszeichnete. Ihre Ausstrahlung ist jedoch mittlerweile die Stärke von Charlize Theron. Zwar ist sie mit Stoppelfrisur und ölverschmiertem Gesicht kaum wiederzuerkennen, dennoch sie besitzt sie eine Präsenz, die sie zu einer echten Co-Hauptdarstellerin macht.

"Fury Road" ist vermutlich der beste Actionstreifen des Jahres, mit viel Spaß und unter souveräner Beherrschung der filmischen Mittel gemacht von echten Könnern. Zugleich bildet er eine Weiterentwicklung der alten Reihe, der Fokus liegt nicht mehr so sehr auf der Hauptfigur, sondern verlagert sich auf die Darstellung einer ganzen Gruppe von Personen und ihres Kampfs ums Überleben. Für Actionfans ist der Film ein Muss.

"Mad Max: Fury Road" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Freitag 15 Mai 2015 um 19:28 von Roland Freist

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