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Archiv vom März 2012

Filmkritik: "Take Shelter"

Geschrieben am Mittwoch 28 März 2012 um 11:30 von Roland Freist

Schutzmaßnahmen

"Take Shelter" ist ein Thriller, der seine Spannung zu großen Teilen daraus gewinnt, dass er den Zuschauer im Ungewissen lässt, ob er gerade ein Psychodrama oder einen Science-Fiction-Film sieht. Er erzählt die Geschichte von Curtis LaForche (Michael Shannon), einem Bohringenieur, der mit seiner Frau Samantha (Jessica Chastain) und seiner tauben Tochter Hannah in einem kleinen Ort in Ohio ein ruhiges und zufriedenes Leben führt.

Doch dann beginnen die Albträume. Curtis sieht im Schlaf gigantische Wirbelstürme herannahen, sieht gelblichen, ölartigen Regen, sein Hund zerfleischt ihm den Arm, er wird von unheimlichen Gestalten bedroht. Die Träume wirken so real auf ihn, dass er beginnt, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Er sperrt den Hund aus, schenkt ihn schließlich seinem Bruder. Er reaktiviert den alten Tornado-Schutzraum im Garten, erweitert ihn und stattet ihn mit einem Wasseranschluss aus. Die Arbeiten kosten viel Geld. Curtis nimmt einen Kredit auf, den er sich eigentlich nicht leisten kann. Er kauft Vorräte und Gasmasken und schafft alles in den Schutzraum.

Doch Curtis weiß natürlich, dass es letztlich eben doch nur Träume sind, die ihn antreiben. Da seine Mutter ungefähr in seinem Alter an paranoider Schizophrenie erkrankte, hat er Angst, dass auch er diese Krankheit bekommt. Er geht zum Arzt, der verschreibt ihm ein Beruhigungsmittel, das jedoch nicht dauerhaft hilft. Curtis verliert seinen Job, seinen besten Freund, alles wird immer schlimmer. Und die Träume hören nicht auf.

"Take Shelter" baut seine Spannung langsam und kontinuierlich auf. Vielleicht ein wenig zu langsam. Spätestens nach einer Stunde ist einem klar, dass die Frage, ob Curtis verrückt ist oder den Weltuntergang voraussieht, erst ganz zum Schluss geklärt werden wird. Bis der Film zu einem Ende kommt, dauert es dann aber nochmal eine Stunde. Immerhin: Die Auflösung fällt komplett anders aus als man es erwartet hatte.

Bis dahin gibt es große Schauspielkunst zu bewundern. Michael Shannon und Jessica Chastain waren beide bereits für den Oscar nominiert, Shannon für seine Rolle in "Zeiten des Aufruhrs", Chastain für "The Help". Zu verfolgen, wie Curtis versucht, sein seltsames Verhalten, das seine Familie langsam zerstört, selbst zu verstehen, wie Samantha hin und hergerissen ist zwischen Wut und Verzweiflung auf der einen Seite und der Liebe und dem Vertrauen zu ihrem Mann auf der anderen, das ist schon toll.

"Take Shelter" gehört zu der Art von Filmen, die relativ unspektakulär daherkommen und ihre Spannung vor allem aus der dichten Atmosphäre beziehen. Man muss sich konzentrieren und sich auf sie einlassen, sonst wird es fad. Doch vor allem im Kino können sie einen unheimlichen Sog entwickeln.

"Take Shelter" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:22

Fan-Trailer für "John Carter"

Geschrieben am Dienstag 27 März 2012 um 15:08 von Roland Freist

Disneys Science-Fiction-Epos "John Carter" läuft offensichtlich erheblich schlechter als geplant. Es ist derzeit fraglich, ob der Film überhaupt nur die Produktions- und Marketing-Kosten von geschätzten 350 Millionen Dollar einspielen wird. Einige Fans geben dem etwas lieblos zusammengestückelten offiziellen Trailer einen Teil der Schuld. Sie haben ihn daher umgeschnitten, um einige Bilder ergänzt und die Musik ausgetauscht. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen:

Bearbeitet: Mittwoch 09 Januar 2013 16:19

Filmkritik: "Die Tribute von Panem – The Hunger Games"

Geschrieben am Samstag 24 März 2012 um 16:18 von Roland Freist

Brot und Spiele

Man könnte mittlerweile schon beinahe ein eigenes Genre "Reality-TV-Filme" aufmachen. In diese Kategorie einsortieren ließen sich neben dem visionären deutschen "Millionenspiel", entstanden zu einer Zeit, als es den Begriff Reality-TV noch gar nicht gab, Filme wie "Running Man" mit Arnold Schwarzenegger, "Die Truman Show" oder jetzt eben "Die Tribute von Panem – The Hunger Games" von Regisseur Gary Ross. Immer geht es um die Auswüchse des modernen Fernsehens, um seine Rolle zur Befriedigung niedrigster Bedürfnisse wie Voyeurismus und unterdrückter Aggression. Ob das psychologisch tatsächlich so funktioniert, sei dahingestellt. Wichtig ist nur, dass das Fernsehen gezeigt wird als eine Institution, die für die Quote und damit für Geld alle moralischen und ethischen Bedenken beiseite wischt.

"The Hunger Games" spielt in einer unbestimmten Zukunft. Nordamerika, das nun Panem heißt, wurde aufgeteilt in zwölf Distrikte, die von einer zentralen Hauptstadt regiert werden. Alljährlich muss jeder Distrikt per Los zwei Jugendliche bestimmen, die als so genannte Tribute in die Hauptstadt geschickt werden, um an den Hungerspielen teilzunehmen, einem Kampf Jeder gegen Jeden, der in einem Waldgebiet ausgetragen wird und bei dem es nur einen Überlebenden geben darf. Jede Bewegung der Kämpfer, jeder Mord an einem Konkurrenten wird mit versteckten Kameras live im Fernsehen übertragen, in einer Show, die seit 74 Jahren den Höhepunkt des TV-Jahres bildet.

Der Film beginnt mit der Auswahl der beiden Jugendlichen aus Distrikt 12. Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) meldet sich freiwillig, um ihre kleine Schwester zu retten, deren Name bei der Verlosung gezogen wurde. Das zweite Los, es muss immer einen weiblichen und einen männlichen Tribut geben, fällt auf Peeta (Josh Hutcherson), einen gutaussehenden Jungen, der Katniss bereits seit längerer Zeit heimlich angehimmelt hatte. Diese Szenen in der ländlichen Umgebung von Distrikt 12 sehen aus, als stammten sie aus einem deutschen Heimatfilm der 30er Jahre: Die Mädchen tragen Zöpfe und einfache, helle Kleider, die Jungen spießige Stoffhosen und weiße Kurzarmhemden. Das ist ein krasser Kontrast zum Outfit der Menschen in der Hauptstadt, wo die Tribute in den folgenden Tagen trainiert und dem Publikum vorgestellt werden: Hier dominieren bizarre, grellbunte Frisuren und plüschige Klamotten, und die Menschen wirken als seien sie Teil eines immerwährenden, altmodischen Maskenballs. Wir verstehen: In Panem hat sich eine Feudalgesellschaft etabliert, die reiche, dekadente Hauptstadt lebt von der Ausbeutung der Provinz. Und es ist das Fernsehen, das für die Spiele sorgt, mit denen wie im alten Rom die Bevölkerung ruhiggestellt wird.

Doch die Medienkritik und die gesellschaftlichen und ethischen Fragen bilden lediglich den Hintergrund für die Geschichte von Katniss. Der Film ist ganz auf sie fixiert, begleitet sie zu den Personen, die sie bei der Vorbereitung auf den Wettkampf unterstützen, zu ihrem Modeberater Cinna, überzeugend gespielt von Lenny Kravitz, und zu ihrem persönlichen Ratgeber Haymitch (Woody Harrelson), einem zumeist betrunkenen, desillusionierten, ehemaligen Gewinner der Hungerspiele. Auch danach, als es endlich losgeht und das blutige Massaker unter den Jugendlichen beginnt, bleibt die Kamera bei Katniss. Und Jennifer Lawrence ist genau die richtige Besetzung für diese Rolle. Ohne sich groß verrenken zu müssen, bringt sie die Angst und Unsicherheit, aber auch die Entschlossenheit ihrer Figur glaubwürdig rüber.

"The Hunger Games" ist ein interessanter Film, bei dem einen die spannenden Jagdszenen im Wald mit der etwas langatmigen Einleitung versöhnen. Doch am Schluss hat man den Eindruck, man habe die entschärfte Version eines Films gesehen, der ursprünglich für ein erwachsenes Publikum gedacht war. Regisseur und Produzenten haben offensichtlich darauf geachtet, die Blut- und Gewaltszenen so weit zu entschärfen und zu schneiden, dass der Film eine Freigabe ab 13 (USA) beziehungsweise zwölf Jahren bekommt und so auch für Jugendliche zugänglich ist. Das Ergebnis ist eine Art Märchenfilm mit der Story eines Horrorschockers. Irgendetwas passt hier nicht.

1999 erschien der japanische Film "Battle Royale", dessen Grundstruktur – Jugendliche werden in einer zukünftigen Gesellschaft gezwungen, bis zum Tod gegeneinander zu kämpfen – weitgehend mit der von "The Hunger Games" übereinstimmt. Ohne dessen lakonisch inszenierte Gewaltszenen verherrlichen zu wollen – "Battle Royale" hat eine strikte 18er Freigabe – ein wenig von seiner Kraft und Konsequenz würde man sich auch für "The Hunger Games" wünschen. Denn der wirkt über weite Strecken wie ein Erlebnisbericht aus dem Pfadfinderlager.

"Die Tribute von Panem – The Hunger Games" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:22

Filmkritik: "John Carter"

Geschrieben am Dienstag 13 März 2012 um 11:03 von Roland Freist

Cowboys und Aliens

Es gibt Marsmenschen, und sie sehen so aus wie wir. Sie sind aber nicht identisch mit den "kleinen grünen Männchen", welche die Science-Fiction-Literatur früherer Jahrzehnte auf dem Mars vermutete. Die gibt es zwar auch, aber sie sind keineswegs von geringer Körpergröße, sondern sogar erheblich größer als ein Mensch.

Das sind zwei der wichtigsten Erkenntnisse, die "John Carter" vermittelt. Der Film erzählt die Geschichte eines verarmten, ehemaligen Offiziers der amerikanischen Südstaaten, der durch einen dummen Zufall auf den Mars verschlagen wird. Dort wird John Carter (Taylor Kitsch) von den Tharks aufgelesen, grünhäutigen Wesen mit vier Armen, die sie mit eindrucksvoller Gestik zu bewegen verstehen. Außerdem besitzen sie zwei untere Eckzähne, die wie bei einem Wildschweinkeiler als prächtige Hauer aus ihrem Unterkiefer herauswachsen. In der berühmten Bar von Mos Eisley auf Tatooine würden sie nicht weiter auffallen.

Kurz darauf beobachten die Tharks zusammen mit Carter einen Kampf zwischen den Marsmenschen. Diese teilen sich auf in die Städte Helium und Zadonga und führen seit langer Zeit Krieg gegeneinander. Praktischerweise sind die Truppen leicht durch die Farben ihrer Uniformen voneinander zu unterscheiden, Rot kämpft gegen Blau. Als Carter in den Kampf eingreift, um die schöne Prinzessin Dejah Toris (Lynn Collins) gegen eine Übermacht von roten Zadonga-Kriegern zu beschützen, erweist er sich als überaus effektiver Kämpfer. Denn wegen der geringen Schwerkraft des Mars kann er gewaltige Sprünge vollführen, die selbst die Astronauten der Apollo-Missionen in Staunen versetzt hätten.

Doch die Stadt Zadonga und ihr Kommandant Sab Than (Dominic West) haben den Krieg dank einer Wunderwaffe, die ihnen von einer mysteriösen Rasse von Unsterblichen zur Verfügung gestellt wurde, schon beinahe gewonnen. Tardos Mors (Ciarán Hinds), der Anführer der Blauen von Helium, sieht keine andere Möglichkeit mehr als zu kapitulieren und den geforderten Tribut zu zahlen, nämlich seine Tochter, eben jene Dejah Toris, für Sab Than zur Heirat freizugeben. Doch dann kommt John Carter …

"John Carter" ist in gewisser Hinsicht ein sehr altmodischer Film. Er beschreibt einen Mars, wie man ihn sich zu der Zeit vorgestellt hat, als die literarische Vorlage erschien. Das war vor ziemlich genau 100 Jahren "Die Prinzessin vom Mars", ein Roman von Edgar Rice Burroughs, der sich auch Tarzan ausgedacht hat. So kümmert sich der Film keine Minute lang um unser heutiges Wissen vom Mars, sondern stellt unseren Nachbarplaneten als eine arizonagelbe Wüste dar, wo es warm genug ist, dass John Carter über weite Strecken ohne zu frieren mit nacktem Oberkörper herumlaufen kann.

Die Flugmaschinen wiederum, mit denen die beiden Städte aufeinander losgehen, scheinen mit ihrer Gusseisen-Konstruktion aus einem Jules-Verne-Film der 50er Jahre zu stammen. Gekämpft wird gerne mit Schwertern, was jedoch einigermaßen unsinnig erscheint, da auch Schusswaffen nicht unbekannt sind. Und die Stadt Zadonga kann sich vorwärtsbewegen wie die riesige metallene Spinne aus "Wild Wild West". Die Setdesigner haben hemmungslos die Bildergeschichte des Kinos geplündert.

"John Carter" ist technisch perfektes Kino, mit sorgfältig gezeichneten Computer-Modellen und 3D-Technik. Anders als bei vielen früheren 3D-Filmen hat man bei der Ausleuchtung daran gedacht, dass durch die 3D-Brillen Farben und Details verloren gehen und entsprechend gegengesteuert. Dies ist einer der perfektesten 3D-Filme, die bisher erschienen sind. Doch leider nutzt er die Möglichkeiten der Technik nicht aus. Es gibt keine einzige Szene, die durch die dreidimensionale Darstellung aufgewertet würde oder zweidimensional so nicht machbar gewesen wäre. So bezahlt man einen erhöhten Eintrittspreis für einen Film, der in preiswerterem 2D genauso gut gewesen wäre.

Vom Typ her ist "John Carter" ein Western, mit den Marsmenschen als Cowboys und den Tharks als Indianern, dazu kommen ein paar Anteile Science-Fiction und Superhelden-Comic. Zum Schluss hin gelingen Regisseur Andrew Stanton, der vorher "Findet Nemo" und "WALL-E" für Pixar gedreht hat, einige feine Actionszenen, in denen die Guten die Bösen vermöbeln, während sich im Zuschauer ein wohliges "Jawohl, gebt’s ihnen"-Gefühl ausbreitet. Doch leider ist der Film viel zu lang. Es dauert ewig, bis die Handlung richtig in Gang gekommen ist, danach bewegt sie sich nur im Schleichgang vorwärts. Zu allem Überfluss wird das Geschehen zwischendurch in einzelnen Szenen immer wieder ausgebremst. Die 132 Minuten Laufzeit hätte man gut und gerne um 20 bis 30 Minuten verkürzen können. So ist es dann doch nicht der von Disney erhoffte Mega-Blockbuster geworden, sondern lediglich ein durchschnittlich unterhaltsamer Abenteuerfilm.

"John Carter" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:22

Filmkritik: "Haywire"

Geschrieben am Samstag 10 März 2012 um 16:54 von Roland Freist

Superwoman schlägt zu

Steven Soderbergh findet offenbar immer mehr Vergnügen daran, sich ein Filmgenre nach dem anderen vorzunehmen. Nach dem Seuchenthriller "Contagion" im letzten Herbst schiebt er nun "Haywire" hinterher, einen Agententhriller mit ausgeprägtem Martial-Arts-Anteil. Mit seinen ausgefeilten Kampfszenen ist der Film auch ein wenig eine Reminiszenz an das Hongkong-Kino vergangener Tage, wenn auch die typischen Massenkeilereien einer gegen alle fehlen.

Das heißt eigentlich müsste es ja eine gegen alle heißen. Denn die Hauptperson ist eine Frau, Mallory Kane, gespielt von der ehemaligen Kampfsportlerin Gina Carano. Mallory ist Mitarbeiterin eines Unternehmens, das vornehmlich für Regierungen Geheimaufträge in aller Welt erledigt. Und das ist tatsächlich alles, was man über die Handlung wissen muss. Der Film folgt seiner Protagonistin zu den Schauplätzen in New York, Barcelona, Dublin und New Mexico und sieht ihr zu, wie sie ihre Gegner mit Fäusten und Füßen bearbeitet und in die Kniekehlen tritt, wie sie ihnen den Arm bricht und immer wieder gegen die Wand knallt. Einige erschießt sie auch einfach nur. Es geht um den rätselhaften Auftrag einer amerikanischen Regierungsorganisation, um mysteriöse Hintermänner (darunter Antonio Banderas mit zotteligem, grauem Vollbart), um viel Geld und um Verrat.

Der Film behält die ganze Zeit einen gleichbleibenden Rhythmus bei, es gibt keine Spannungsspitzen, aber auch keine Ruhepausen. Und er bewahrt eine seltsame Distanz zu den Geschehnissen und seinen Figuren. Es ist nicht viel Dialog zu hören, Mallory ist nicht nur während ihrer Kampfszenen eher kurz angebunden. Die Musik, die während dieser langen, sprachlosen Passagen eingeblendet wird, erinnert stark an die "Ocean’s Eleven"-Filme, ebenfalls von Soderbergh gedreht. Doch es fehlt "Haywire" an der Ironie, die diese Passagen in den Gaunerkomödien zum Vergnügen machte.

Durchaus vergleichbar ist dagegen die Prominenz der Schauspieler. Neben dem bereits erwähnten Antonio Banderas treten Ewan McGregor, Michael Douglas, Bill Paxton und Michael Fassbender auf. Für Gina Carano ist es dagegen die erste Hauptrolle ihrer Karriere. Aber hoffentlich nicht die letzte: Denn nicht nur in den Kampfszenen spürt man, dass hier jemand weiß, was er tut.

"Haywire" kommt einem eher vor wie eine Studie über Action- und Agentenfilme, als dass er selber als ein solcher durchginge. Die erforderlichen Zutaten sind zwar alle vorhanden: Eine Geiselbefreiung, das Ausspähen eines Verdächtigen während einer rauschenden Upper-Class-Party, Verfolgungsjagden durch die Altstädte von Barcelona und Dublin, die Hightech-Gadgets und der Kampf in einem einsam gelegenen Haus, in dem die Heldin nacheinander alle ihre Gegner ausschaltet. Soderbergh weiß, was in einen solchen Film reingehört, doch er verzichtet darauf, spektakulär Neues zu entwickeln. Die originellste Idee dieses Films ist daher die Wahl einer Hauptdarstellerin, einer professionellen Kämpferin, die zudem auch noch aussieht wie eine Mischung aus Superwoman und Kate Beckinsale in "Underworld". "Haywire" gewinnt dadurch einen Hauch von Unernst und Comic-Verfilmung. Zusammen mit der professionellen Kameraführung entschädigt das ein wenig für die insgesamt etwas zu verkopfte Machart.

"Haywire" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:23

Wes Anderson macht Werbung

Geschrieben am Dienstag 06 März 2012 um 16:56 von Roland Freist

Viele Filmregisseure arbeiten immer mal wieder für die Werbung, zum einen aus dem ganz einfachen Grund, weil sie das Geld brauchen, oder auch, weil sie die kurze Form der Clips reizt. Die Arbeiten von David Lynch habe ich in diesem Blog bereits hier und hier vorgestellt. Aber auch Wes Anderson, Regisseur von, sagen wir mal, ungewöhnlichen Filmen wie "Die Tiefseetaucher" oder "Der fantastische Mr. Fox", übernimmt hin und wieder Auftragsarbeiten für die werbetreibende Wirtschaft. Neu angelaufen sind von ihm zwei Clips für den Autohersteller Hyundai, die beide recht Anderson-mäßig ausgefallen sind:

2012 Hyundai Azera "Modern Life"

2012 Hyundai Azera "Talk to My Car"

Von den früheren Spots von Wes Anderson hat besonders sein Clip für American Express Aufsehen erregt. Der Regisseur tritt darin auch selber auf:

Ein schöner Spot ist auch der für AT&T:

Inspiriert von Jacques Tatis Film "Die Ferien des Monsieur Hulot" ist dieses Video für den japanischen Mobilfunkanbieter Softbank. Der Mann in Gelb ist übrigens Brad Pitt.

Am untypischsten für Anderson ist zweifellos diese Werbung für IKEA:

Filmkritik: "Die Eiserne Lady"

Geschrieben am Sonntag 04 März 2012 um 18:49 von Roland Freist

Die vergessliche Lady

Dieser Film ist von vorne bis hinten ein Zeugnis von Unentschlossenheit und fehlendem Konzept. Er ist weder das, was man nach Titel, Trailer und Ankündigungen erwartet, noch das, was vielleicht ursprünglich mal die Idee hinter diesem Projekt war. Man kann sich "Die Eiserne Lady" anschauen und die oscarprämierte Schauspielkunst von Meryl Streep und das ebenfalls mit einem Oscar ausgezeichnete Makeup bewundern. Ansonsten ist der Film weitgehend misslungen.

Wenn jemand einen Film dreht über eine der wichtigsten Politikerinnen des 20. Jahrhunderts und als Titel dann auch noch den politischen Spitznamen seiner Protagonistin verwendet, vermutet man zunächst mal, dass es um Politik geht, dass man vielleicht sogar eine politische Biographie zu sehen bekommt. Aber weit gefehlt.

Tatsächlich ist "Die Eiserne Lady" in erster Linie die Beschreibung einer älteren, zunehmend dementen Frau, der ehemaligen britischen Premierministerin Margaret Thatcher, und ihres Lebens in einer geräumigen Altbauwohnung, wo sie ständig umgeben ist von Bediensteten, Sicherheitsbeamten und ihrer Tochter Carol (Olivia Colman). Alle sorgen sich um sie, achten auf jeden ihrer Schritte, und ganz offensichtlich ist Thatcher von der Fürsorge ihrer Umgebung gewaltig genervt. Doch es hilft nichts, denn aufgrund ihrer Demenz vergisst sie ständig Dinge, will etwa ihren Sohn treffen, der seit Jahren in Südafrika wohnt und dergleichen mehr.

Gleichzeitig geht es um die Beziehung von Margaret zu ihrem Mann Denis (Jim Broadbent), der sie bewunderte und während ihrer gesamten Karriere unterstützte. Zwar starb Denis Thatcher im Jahr 2003. Doch so wie das Drehbuch es darstellt, war er damit dennoch nicht aus Margarets Leben verschwunden. Stattdessen hat sie immer wieder Halluzinationen, in denen sie ihn in ihrem Zimmer sieht und er mit ihr spricht. Auch seine Anzüge, seine Schuhe sind noch da, und Margaret tut sich schwer, die Schränke zu räumen.

Zwischendurch zeigt Regisseurin Phyllida Lloyd ("Mamma Mia!") in Rückblicken die Stationen der politischen Karriere von Thatcher, ihren Kampf um einen Parlamentssitz und den anschließenden Aufstieg zur Premierministerin, ihren Feldzug gegen die Gewerkschaften und ihre harte Haltung während des Falkland-Kriegs. Es endet mit dem Komplott innerhalb ihres Kabinetts, das schließlich zu ihrer Abwahl als Parteivorsitzender und ihrem Rücktritt als Premierministerin führte.

Zu sagen, der Film habe einige Längen, wäre stark untertrieben. Denn die Szenen mit der alten Margaret Thatcher in ihrer Wohnung, mit ihren ständigen Gedächtnisausfällen und ihrer Trauer um den verstorbenen Mann, berühren einen nicht sonderlich. Das wiederum liegt daran, dass sich der Film auf ihr politisches Leben konzentriert, während man von der Person Thatcher, ihren Gedanken und Gefühlen, nur wenig erfährt.

Als politische Biographie andererseits ist "Die Eiserne Lady" ein Schuss in den Ofen. Über die Hintergründe der Gewerkschaftsproteste oder die Gründe für ihren Sturz durch die eigene Partei schweigt sich der Film nämlich ebenso aus wie über ihre private Entwicklung. Man könnte "Die Eiserne Lady" mit etwas gutem Willen als die Geschichte einer Ehe und einer großen Liebe bezeichnen, da sich die Szenen mit Denis Thatcher wie ein roter Faden durch die Handlung ziehen. Doch das erscheint angesichts von Thatchers politischer und historischer Bedeutung, der ja in den Rückblicken durchaus Rechnung getragen wird, einigermaßen lächerlich.

"Die Eiserne Lady" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:23

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