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Filmkritik: "John Carter"

Cowboys und Aliens

Es gibt Marsmenschen, und sie sehen so aus wie wir. Sie sind aber nicht identisch mit den "kleinen grünen Männchen", welche die Science-Fiction-Literatur früherer Jahrzehnte auf dem Mars vermutete. Die gibt es zwar auch, aber sie sind keineswegs von geringer Körpergröße, sondern sogar erheblich größer als ein Mensch.

Das sind zwei der wichtigsten Erkenntnisse, die "John Carter" vermittelt. Der Film erzählt die Geschichte eines verarmten, ehemaligen Offiziers der amerikanischen Südstaaten, der durch einen dummen Zufall auf den Mars verschlagen wird. Dort wird John Carter (Taylor Kitsch) von den Tharks aufgelesen, grünhäutigen Wesen mit vier Armen, die sie mit eindrucksvoller Gestik zu bewegen verstehen. Außerdem besitzen sie zwei untere Eckzähne, die wie bei einem Wildschweinkeiler als prächtige Hauer aus ihrem Unterkiefer herauswachsen. In der berühmten Bar von Mos Eisley auf Tatooine würden sie nicht weiter auffallen.

Kurz darauf beobachten die Tharks zusammen mit Carter einen Kampf zwischen den Marsmenschen. Diese teilen sich auf in die Städte Helium und Zadonga und führen seit langer Zeit Krieg gegeneinander. Praktischerweise sind die Truppen leicht durch die Farben ihrer Uniformen voneinander zu unterscheiden, Rot kämpft gegen Blau. Als Carter in den Kampf eingreift, um die schöne Prinzessin Dejah Toris (Lynn Collins) gegen eine Übermacht von roten Zadonga-Kriegern zu beschützen, erweist er sich als überaus effektiver Kämpfer. Denn wegen der geringen Schwerkraft des Mars kann er gewaltige Sprünge vollführen, die selbst die Astronauten der Apollo-Missionen in Staunen versetzt hätten.

Doch die Stadt Zadonga und ihr Kommandant Sab Than (Dominic West) haben den Krieg dank einer Wunderwaffe, die ihnen von einer mysteriösen Rasse von Unsterblichen zur Verfügung gestellt wurde, schon beinahe gewonnen. Tardos Mors (Ciarán Hinds), der Anführer der Blauen von Helium, sieht keine andere Möglichkeit mehr als zu kapitulieren und den geforderten Tribut zu zahlen, nämlich seine Tochter, eben jene Dejah Toris, für Sab Than zur Heirat freizugeben. Doch dann kommt John Carter …

"John Carter" ist in gewisser Hinsicht ein sehr altmodischer Film. Er beschreibt einen Mars, wie man ihn sich zu der Zeit vorgestellt hat, als die literarische Vorlage erschien. Das war vor ziemlich genau 100 Jahren "Die Prinzessin vom Mars", ein Roman von Edgar Rice Burroughs, der sich auch Tarzan ausgedacht hat. So kümmert sich der Film keine Minute lang um unser heutiges Wissen vom Mars, sondern stellt unseren Nachbarplaneten als eine arizonagelbe Wüste dar, wo es warm genug ist, dass John Carter über weite Strecken ohne zu frieren mit nacktem Oberkörper herumlaufen kann.

Die Flugmaschinen wiederum, mit denen die beiden Städte aufeinander losgehen, scheinen mit ihrer Gusseisen-Konstruktion aus einem Jules-Verne-Film der 50er Jahre zu stammen. Gekämpft wird gerne mit Schwertern, was jedoch einigermaßen unsinnig erscheint, da auch Schusswaffen nicht unbekannt sind. Und die Stadt Zadonga kann sich vorwärtsbewegen wie die riesige metallene Spinne aus "Wild Wild West". Die Setdesigner haben hemmungslos die Bildergeschichte des Kinos geplündert.

"John Carter" ist technisch perfektes Kino, mit sorgfältig gezeichneten Computer-Modellen und 3D-Technik. Anders als bei vielen früheren 3D-Filmen hat man bei der Ausleuchtung daran gedacht, dass durch die 3D-Brillen Farben und Details verloren gehen und entsprechend gegengesteuert. Dies ist einer der perfektesten 3D-Filme, die bisher erschienen sind. Doch leider nutzt er die Möglichkeiten der Technik nicht aus. Es gibt keine einzige Szene, die durch die dreidimensionale Darstellung aufgewertet würde oder zweidimensional so nicht machbar gewesen wäre. So bezahlt man einen erhöhten Eintrittspreis für einen Film, der in preiswerterem 2D genauso gut gewesen wäre.

Vom Typ her ist "John Carter" ein Western, mit den Marsmenschen als Cowboys und den Tharks als Indianern, dazu kommen ein paar Anteile Science-Fiction und Superhelden-Comic. Zum Schluss hin gelingen Regisseur Andrew Stanton, der vorher "Findet Nemo" und "WALL-E" für Pixar gedreht hat, einige feine Actionszenen, in denen die Guten die Bösen vermöbeln, während sich im Zuschauer ein wohliges "Jawohl, gebt’s ihnen"-Gefühl ausbreitet. Doch leider ist der Film viel zu lang. Es dauert ewig, bis die Handlung richtig in Gang gekommen ist, danach bewegt sie sich nur im Schleichgang vorwärts. Zu allem Überfluss wird das Geschehen zwischendurch in einzelnen Szenen immer wieder ausgebremst. Die 132 Minuten Laufzeit hätte man gut und gerne um 20 bis 30 Minuten verkürzen können. So ist es dann doch nicht der von Disney erhoffte Mega-Blockbuster geworden, sondern lediglich ein durchschnittlich unterhaltsamer Abenteuerfilm.

"John Carter" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Dienstag 13 März 2012 um 11:03 von Roland Freist

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:22

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