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Filmkritik: "Star Trek: Beyond"

Raumschiffe im Nebel

Die Serie "Raumschiff Enterprise", wie "Star Trek" hierzulande damals noch hieß, lief ab 1972 im ZDF, immer Samstagabend parallel zur "Sportschau" in der ARD. Wer damals sagen wir mal zwölf, dreizehn Jahre alt war und einen Sinn für Science-Fiction hatte, für den war diese Serie wie ein phantastischer Traum. Die Bilder der fremden Welten, die immer neuen Alien-Rassen, das riesige Raumschiff mit all der futuristischen Technik und nicht zuletzt natürlich die Multikulti-Besatzung der "Enterprise" mit ihren so unterschiedlichen Charakteren ließen einen als Jugendlichen nur noch staunen. Doch genauso wie die Serie, sieht man sie sich heute wieder an, deutlich gealtert ist, sind auch die Zuschauer von damals in die Jahre gekommen. Nur eine Minderheit von ihnen wird ab und zu noch ins Kino gehen, und wenn, dann vermutlich nicht in "Star Trek: Beyond", sondern eher in "Toni Erdmann".

Das ist der Grund, warum der Film das geworden ist, was er nun einmal ist: ein actionlastiger Science-Fiction mit knalligen Special Effects, guten und bösen Aliens, einem geheimnisvollen Artefakt, wild um sich schießenden Raumschiffen und einigen wirklich guten Gags. Regisseur Justin Lin, der bereits der "Fast & Furious"-Reihe neues Leben eingehaucht hatte, wirbt nicht um die erste Generation der "Star Trek"-Fans, sondern steigt in die Konkurrenz um den großen Sommer-Blockbuster des Jahres ein. Hier geht es nicht darum, nostalgische Sehnsüchte zu befriedigen. Stattdessen tritt "Star Trek: Beyond" gegen Titel wie "Independence Day: Wiederkehr", "Ghostbusters", "Legend of Tarzan" oder den neuen Jason Bourne an. Gegen sie muss er sich an der Kinokasse durchsetzen, und das kann nur dann gelingen, wenn er die Jugendlichen anzieht. Und die erwarten ein modernes Science-Fiction-Abenteuer auf dem letzten Stand der Technik, kein sentimentales Retrostück.

Die Story: Die Enterprise wird um Hilfe bei einer Rettungsaktion gebeten. Das Raumschiff einer fremden Rasse ist auf einem Planeten innerhalb eines unerforschten Nebels gestrandet, der von Funkwellen nicht durchdrungen werden kann. Doch die Bitte um Hilfe stellt sich als eine Falle heraus. Kaum haben sie den Nebel durchquert, werden Kirk & Co. angegriffen. Die Enterprise wird zerstört, der größte Teil der Besatzung als Geiseln genommen. Lediglich die Offiziers-Crew kann entkommen und bereitet mithilfe der Alien-Frau Jaylah (Sofia Boutella) eine Befreiungsaktion vor. Erst zum Schluss stellt sich heraus, wer tatsächlich hinter der Aktion steckt und was ihn zu dem Überfall getrieben hat.

Das Tempo, mit dem diese Geschichte erzählt wird, ist hoch, sehr hoch sogar. Justin Lin nimmt sogar einige Sprünge in der Handlung in Kauf, um ja nicht abbremsen zu müssen. Aber auch die Szenen an Bord der abstürzenden Enterprise und das Finale in einer riesigen, kugelförmigen Weltraumstadt filmt er in atemberaubender Geschwindigkeit. Die Kamera rast durch die Gänge und Räume, über Brücken und Träger und quer durch den Raum, sie wackelt und dreht sich, springt von einem Protagonisten zum nächsten, so dass man immer wieder die Orientierung verliert und nicht mehr nachvollziehen kann, was da eigentlich gerade geschieht.

Verstärkt wird die Verwirrung noch dadurch, dass dies eine der schlechtesten 3D-Umsetzungen aller Actionfilme der letzten Jahre ist. Was Lin und das Studio eigentlich wissen sollten, ist, dass die 3D-Brillen getönte Gläser haben, die das Bild auf der Leinwand etwa zehn Prozent dunkler erscheinen lassen. Viele 3D-Streifen werden daher etwas aufgehellt, um den Effekt auszugleichen. Aber nicht der neue „Star Trek“. Einige Szenen sind so dunkel, dass das Geschehen nur noch schemenhaft zu erkennen ist. Eine professionelle 3D-Produktion sieht anders aus.

Trotz der hohen Taktrate ist der Film jedoch nicht oberflächlich. Verhandelt wird unter anderem, wie sich eine Gesellschaft weiterentwickeln kann, über den Konflikt mit anderen Gesellschaften oder doch besser durch Integration der Fremden. Gleichzeitig geht es aber auch um das Gefühl der Ausgrenzung und wie daraus Gewalt entsteht. So gesehen ein sehr aktueller Film.

"Star Trek: Beyond" ist dennoch in erster Linie ein Film, der Spaß machen soll. Er verbreitet gute Laune, nicht zuletzt wegen der Schauspieler, die wie eine bereits seit Jahren zusammenspielende Fußballmannschaft aufeinander abgestimmt agieren. Vor allem die Szenen zwischen Spock (Zachary Quinto) und Dr. "Pille" McCoy (Karl Urban) werden getragen von einer ausgezeichneten Darstellerleistung. Der Film ist nicht ganz so gut wie der erste Teil mit der neuen Enterprise-Crew, doch auf jeden Fall besser als Teil 2.

"Star Trek: Beyond" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Freitag 22 Juli 2016 um 23:23 von Roland Freist

Bearbeitet: Samstag 23 Juli 2016 0:03

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