« Eine Ode an "Chinatown" | Zurück zur Startseite dieses Blogs | Filmkritik: "A Most Violent Year" »

Filmkritik: "Shaun das Schaf – Der Film"

Shaun in der großen Stadt

Seit seinem Debüt im Jahr 1995 in "Wallace & Gromit unter Schafen" hat Shaun eine beeindruckende Karriere als Hauptdarsteller einer nach ihm benannten Fernsehserie hingelegt. Rechtzeitig zu seinem 20-jährigen Jubiläum hat ihn das britische Studio Aardman Animation nun endlich zum Star seines eigenen Kinofilms gemacht. Und auch wenn sich das Muster der Gags eng an die populären TV-Clips hält, ist es doch gelungen, nicht nur eine zusammengestückelte Folge von Miniepisoden zu produzieren, sondern eine große, zusammenhängende Geschichte zu erzählen.

Shaun lebt bekanntlich dort, wo andere Leute Urlaub machen, nämlich in der schönen, grünen Landschaft des südlichen England. Doch sind er und die anderen Schafe der täglichen Routine auf dem Hof überdrüssig und beschließen, einen Tag wegzufahren und Urlaub zu machen. Doch der Plan, mit dem sie den Herrn ihrer kleinen Welt und Hund Bitzer austricksen wollen, geht schief: Der Wohnwagen, in dem die Schafe den Bauern eingeschläfert haben, rollt den Berg hinab und landet schließlich in der nahen Großstadt, wo der Farmer bei einem Zusammenstoß mit einer Straßenlaterne das Gedächtnis verliert und anschließend orientierungslos durch die Straßen läuft. Die Schafe machen sich zusammen mit Bitzer auf die Suche nach ihm, werden jedoch bald von einem finsteren Tierfänger verfolgt. Wie sie anschließend versuchen, sich in Kleidung, Verhalten und nicht zuletzt Frisuren an die Menschen anzupassen, um möglichst nicht aufzufallen, das bringt einige der großen, komischen Momente dieses Kinojahres hervor.

Eine der besten Entscheidungen beim Entwerfen von Shauns Welt war es, auf jedes gesprochene Wort zu verzichten. Die Tiere können sich zwar sprachlich verständigen – man sieht die Schafe oft beisammen stehen und sich beraten –, doch man hört kein Wort. Auch der namenlose Bauer gibt nur eine Art Grummeln von sich. Tatsächlich steht "Shaun das Schaf" in der großen Tradition der Stummfilm-Komödie und nutzt geschickt und sehr effektiv viele Elemente, die ursprünglich von Chaplin oder Laurel und Hardy entwickelt wurden. Man denke nur an das augenrollende Seufzen von Shaun oder an seine Mimik, wenn er überlegt. Auch viele Slapstick-Szenen von Serie und Film lassen sich direkt auf Vorbilder aus der Stummfilm-Ära zurückführen. Dabei handelt es sich allerdings keinesfalls um Kopien. Da die Hauptfiguren Tiere sind, die ganz eigene Wünsche und Probleme haben, entsteht noch einmal eine zusätzliche Humorebene, auf der sich die Macher von Aardman mit viel Spaß und Freude am Detail austoben.

"Shaun das Schaf" bringt die Qualitäten der Fernsehserie 1:1 auf die Kinoleinwand. Der Film ist witzig, perfekt animiert und erzählt eine dramaturgisch gut aufgebaute Geschichte. Er ist damit einer der Favoriten für den Oscar als bester animierter Spielfilm des Jahres.

"Shaun das Schaf – Der Film" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Sonntag 22 März 2015 um 17:33 von Roland Freist

*
blog comments powered by Disqus

« Eine Ode an "Chinatown" | Zurück nach oben | Filmkritik: "A Most Violent Year" »

Impressum/Kontakt