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Filmkritik: "Jupiter Ascending"

Wolf im Weltall

Gute Science-Fiction zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Lesern oder Zuschauern neue Ideen präsentiert und sie auch gleich in Form einer Erzählung experimentell ausprobiert. Manchmal scheitern diese Entwürfe im gedanklichen Praxistest, manchmal werden sie zum Erfolg. Wichtig ist lediglich, dass die Details stimmen, dass der Erzähler sich bemüht hat, alles so genau wie möglich zu durchdenken und in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Tut er das nicht, so mündet seine Arbeit schnell in einem oberflächlichen Nichts, in Trash.

"Jupiter Ascending" ist Trash. Bei diesem Film hat sich erkennbar niemand die Mühe gemacht, eine gute, logisch nachvollziehbare Geschichte zu erfinden. Stattdessen wurde sehr viel Geld – die Produktionskosten sollen bei 175 Millionen US-Dollar gelegen haben – darauf verwendet, allerlei fremdartige Wesen zu kreieren, Action-Szenen zu choreographieren und ganz allgemein CGI-Effekte zu zeichnen, bis das Rechenzentrum den Hitzetod stirbt.

Die Hauptperson trägt den schönen Namen Jupiter Jones (Mila Kunis, "Black Swan"), sie lebt in Chicago und reinigt Toiletten in einer Putzkolonne. Aus unerklärten Gründen weist ihr Genmaterial sie jedoch als die rechtmäßige Erbin der Erde aus, und zwar inklusive allem, was hier so kreucht und fleucht, also auch der Menschen. Diese Menschen, also wir, wurden auf dem Planeten in Form von Genmaterial ausgesät, wozu die Außerirdischen allerdings zunächst die störenden Dinosaurier ausrotten mussten. Nun wollen die bisherigen Besitzer, die Brüder Titus (Douglas Booth) und Balem (Eddie Redmayne) Abrasax die Ernte einfahren und zwar gleich in Form der gesamten Menschheit, weshalb ihnen die neue Konkurrentin um das Erbe äußerst ungelegen kommt, zumal beide bereits insgeheim beschlossen haben, den jeweils anderen aus dem Geschäft auszubooten.

Wirtschaftlich interessant ist die Erde, da sich aus den Menschen eine Substanz gewinnen lässt, mit der man Zellen genetisch erneuern und damit unsterblich werden kann. Die Schwester von Titus und Balem, Kalique (Tuppence Middleton), hat es aus diese Weise bereits auf das stattliche Alter von 14004 Jahren gebracht, was ihr aber noch längst nicht genug ist ("Das geht so schnell vorbei", sagt sie). Um die rechtmäßige Erbin zu finden und kaltzustellen, hat Balem einen Jäger engagiert, Caine Wise (Channing Tatum), der genetisch modifiziert halb Mensch, halb Wolf ist. Er rettet Jupiter Jones in letzter Sekunde vor den Häschern von Titus und bringt sie zu seinem alten Kumpel Stinger (Sean Bean, "Der Herr der Ringe"), ebenfalls ein Außerirdischer, der sich jedoch auf der Erde niedergelassen hat und Bienenzüchter geworden ist. Dort kommt die ganze Geschichte ans Tageslicht, da Bienen, wie wir überrascht erfahren, die Gene von außerirdischen Königinnen riechen können und sie daher niemals stechen. Der Rest des Films besteht dann mehr oder weniger aus weiteren wilden Verfolgungsjagden durchs All, ins Innere des Planeten Jupiter und quer durch riesige Raumschiffe. Während die erste halbe Stunde des Films mit den aufwendigen Special Effects noch einigermaßen unterhaltsam ist, macht sich zum Schluss hin ein deutlicher Abnutzungseffekt bemerkbar.

Der Film versucht sich an zwei oder drei Stellen an einem Witz, am angestrengtesten in einer Satire auf überbordende Bürokratie. Wesentlich lustiger und auch erheblich häufiger sind allerdings die Momente, in denen er unfreiwillig komisch wird. Etwa wenn Caine seine Raketen-Boots erklärt, die ihn mit kleinen Düsen an den Schuhsohlen durch die Lüfte und zur Not auch durchs All tragen: "Sie wandeln die Schwerkraft in einen Algorithmus um." Oder wenn Stinger der beeindruckten Jupiter das Wesen seines wölfischen Kampfgefährten näherbringen will mit den Worten: "Er vermisst sein Rudel." Am häufigsten zitiert wird jedoch folgender Dialog:

Caine: "Ihre Majestät, ich habe mehr gemein mit einem Hund als mit Ihnen."

Jupiter: "Kein Problem, ich liebe Hunde. Ich habe Hunde immer geliebt."

"Jupiter Ascending" ist der gescheiterte Versuch, einem leichten Science-Fiction-Märchen mit einem ökonomischen Unterbau etwas mehr Gewicht zu verleihen. Genau wie bei "Matrix", mit dem die Wachowski-Geschwister bekannt und berühmt geworden sind, dienen auch hier die Menschen allein als zur Ausbeutung bestimmte Ressourcen. Das wirkte schon damals nicht plausibel – wieso, so fragte man sich, können hyperintelligente Maschinen keine effizienteren Energiequellen entwickeln als aufwendig zu pflegende Menschenkörper – und funktioniert auch hier nicht. Hinzu kommen eine wirre Story, ein flacher Spannungsbogen und Schauspieler, die unter ihren Möglichkeiten bleiben. Nicht zu vergessen die 3D-Effekte, die einmal mehr völlig überflüssig sind – wenn möglich, sparen Sie sich den Aufpreis. "Jupiter Ascending" ist nur zu empfehlen für Science-Fiction-Fans, die auch das Samstagabend-Programm von Tele 5 nicht scheuen.

"Jupiter Ascending" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Sonntag 08 Februar 2015 um 22:48 von Roland Freist

Bearbeitet: Sonntag 08 Februar 2015 23:26

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