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Filmkritik: "Frankenweenie"

Hunde wollen ewig leben

Als ich ein Junge von etwa 13 oder 14 Jahren war, begann die ARD oder vielleicht auch das ZDF eine Reihe mit klassischen Horror- und Science-Fiction-Streifen. Jeden Samstagabend nach 23 Uhr liefen da die Dracula-Filme mit Christopher Lee, Frankenstein, Klassiker wie "Kampf der Welten" oder "Der Tag, an dem die Erde stillstand", aber auch neuere Produktionen aus den späten 60er und frühen 70er Jahren wie "Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All" und "Jahr 2022 … die überleben wollen" (mit der unsterblichen und kürzlich auch in "Cloud Atlas" zitierten Zeile "Soylent Green ist Menschenfleisch!"). Den Türspalt sorgfältig mit einem zusammengerollten Teppich abgedeckt, damit kein Lichtschein nach außen fiel, und den Ton auf kaum noch hörbar heruntergeregelt, saß ich in meinem Zimmer wenige Zentimeter vor dem Fernseher und tauchte in faszinierende Welten voller Untoter, Monster und bösartiger Wesen aus dem All ein. Beim Sehen von "Frankenweenie" kamen diese Erinnerungen wieder auf, und es keimte der Verdacht auf, dass Tim Burton eine ähnliche Geschichte erzählen könnte.

Es geht um einen Jungen namens Victor Frankenstien, einen Außenseiter, der sich in erster Linie für Naturwissenschaften und Technik interessiert. Victor hat einen Hund namens Sparky, der eines Tages von einem Auto überfahren wird. Victor ist untröstlich, er hat seinen besten Freund verloren. Gemeinsam mit seinen Eltern vergräbt er ihn auf dem örtlichen Tierfriedhof. Der Ort hat eine Atmosphäre, dass man meint, bereits die Pfoten der ersten Vampirhunde zu sehen, die sich durch die noch lockere Erde nach oben arbeiten.

In der Schule hat ein neuer Physiklehrer angefangen, ein Mr. Rzykruski. Mit osteuropäischem Akzent zeigt er den Kindern, dass die Muskeln eines toten Froschs anfangen zu zucken, wenn man ihn an die Steckdose anschließt. Das bringt Vincent auf eine Idee: Wenn man noch mehr Strom durch ein Tier leiten würde – wäre es dann möglich, dass es wieder ganz lebendig wird? Er buddelt Sparky wieder aus und baut eine Apparatur, die bei einem Blitzeinschlag die Energie durch den Körper des Hundes führt.

Spätestens ab dieser Stelle beginnt Tim Burton lustvoll alte Horrorstreifen aus den 30er, 40er und 50er Jahren zu zitieren. So erkennt man beispielsweise die von schweren Eisenketten nach oben gezogene Pritsche mit dem noch toten, zusammengeflickten Monster, es gibt ein Faktotum in Gestalt eines buckligen Jungen mit einem sehr, sehr schlechten Gebiss, Frankensteins Braut mit der bizarren Hochspannungsfrisur taucht auf, und während des großen Finales stapft eine überdimensionale Schildkröte auf zwei Beinen durch einen Vergnügungspark und brüllt wie Godzilla.

"Frankenweenie" ist als Stop-Motion-Animation stilecht in Schwarzweiß umgesetzt. Das schafft eine zusätzliche ironische Distanz zu der Handlung, die ansonsten mit den bewährten, klassischen Schock- und Gruseleffekten arbeitet. Der Film ist für Kinder ab zwölf Jahren freigegeben – mit jüngeren sollte man ihn nicht besuchen, denn einige Effekte erweisen sich auch nach 60 oder mehr Jahren immer noch als wirkungsvoll. Wie alle Disney-Produktionen ist "Frankenweenie" in 3D ausgeführt, was selten so überflüssig war wie hier. Es gibt keine einzige Einstellung, die von dieser Technik profitieren würde. Wer kann, soll sich den Film in 2D ansehen und ein paar Euro sparen.

Die Kinder im Kino mochten den Film, vor allem wohl wegen seiner sympathischen Protagonisten, die sich gut als Identifikationsfiguren eignen. Ihre Eltern amüsierten sich eher über die Filmzitate und kicherten in sich hinein. "Frankenweenie" ist vielleicht nicht Tim Burtons bester Film, aber er macht Spaß, und das gilt für alle Altersklassen. Und was will man eigentlich mehr?

"Frankenweenie" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Samstag 26 Januar 2013 um 22:11 von Roland Freist

Bearbeitet: Samstag 26 Januar 2013 22:57

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