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Filmkritik: "The Equalizer"

Er macht es zu seinem Projekt

Robert McCall, gespielt von Denzel Washington, ist der perfekte Mitarbeiter: Der Angestellte eines Baumarkts ist pünktlich, trinkt nicht, er ist beliebt bei den Kollegen, arbeitet ruhig, zuverlässig und unauffällig. "The Equalizer", der neue Film von Antoine Fuqua ("Training Day"), nimmt sich viel Zeit, um dem Zuschauer die Hauptperson vorzustellen. Dabei führt McCall ein sehr langweiliges Leben: Nach der Arbeit geht er sofort nach Hause, in eine kleine Zweizimmer-Wohnung im Zentrum von Boston. Er macht sich etwas zu essen, liest noch ein wenig und geht dann ins Bett, wo er weiter liest.

Dann wird es langsam interessant. Denn McCall kann nicht einschlafen, es ist jede Nacht dasselbe. Wach im Bett zu liegen und auf den Schlaf zu warten, hat er längst aufgegeben. Stattdessen packt er einen Teebeutel ein und geht ein paar Straßen weiter in einen 24-Stunden-Imbiss, wo er um heißes Wasser bittet, seinen Tee trinkt und weiterliest. Der geregelt Tagesablauf, die Art, wie er den Teebeutel in eine Serviette einschlägt und einsteckt, seine Angewohnheit, das Besteck auf dem Tisch des Lokals sorgfältig beiseitezulegen, um anschließend mit dem Esslöffel den Tee umzurühren, erinnert ein wenig an Adrian Monk.

Nahezu jede Nacht kommt auch Teri (Chloë Grace Moretz, "Hugo Cabret") in den Imbiss, eine Prostituierte, die hier auf den Anruf ihres Zuhälters wartet. Ab und an unterhalten sie sich ein wenig. Eines Nachts sieht McCall, dass jemand Teri hart geschlagen hat. Er stellt ihren Zuhälter zur Rede, einen Mann namens Slavi (David Meunier), doch der reagiert nicht. Als Teri dann einige Nächte überhaupt nicht mehr kommt und er sie auf der Intensivstation des Krankenhauses aufstöbert, brutal zusammengeschlagen, sucht er Slavi in seinem Hauptquartier auf, und es folgt die im Trailer gezeigte "16-Sekunden"-Szene. Doch das ist erst der Anfang. Denn Slavi gehört zur Russenmafia, und die schickt nun immer stärkere Gegner gegen McCall ins Feld. Der wiederum hat sich mittlerweile als CIA-Agent im Ruhestand entpuppt und nimmt nun, wenn auch widerstrebend, den Kampf gegen das Böse auf.

"The Equalizer" ist ein nahezu perfekter Thriller, mit gut eingeführten Charakteren, deren Motivation man versteht, schnellem, aber nicht überhastetem Tempo und hoher Spannung. Der Film ist brutal, gewiss, doch er ist nicht effekthascherisch und giert nicht nach dem Applaus des Publikums. Viele Gewaltszenen spart er sogar aus und überlässt den genauen Ablauf der Phantasie des Zuschauers.

Denzel Washington zeigt einmal mehr, was für ein großartiger Schauspieler er ist. Robert McCall ist keine sonderlich schwierige Rolle, viele hätten ihn spielen können. Doch wäre es wohl kaum jemand anderem gelungen, diesem Racheengel in Gestalt eines Lagerarbeiters ein solches Charisma zu verleihen und diesen Moment, wenn er vom Baumarkt- in den Killermodus umschaltet, so verhalten und dennoch klar erkennbar zu gestalten.

Wenn man "The Equalizer" etwas vorwerfen kann, dann nur, dass er sich an einem altbekannten Muster orientiert. Überraschungen und unvorhergesehene Wendungen hält die Handlung nicht bereit. Der Film basiert auf der gleichnamigen Fernsehserie aus den 80er Jahren. Das Motiv des zurückgezogen lebenden, ehemaligen CIA-Agenten/Marshalls/Marine etc., der durch den Tod einer ihm nahestehenden Person aufgerüttelt wird und die Bösen zur Strecke bringt, ist jedoch wesentlich älter. Man kennt die Geschichte, hat sie bereits Dutzende Male gesehen und weiß, wie sie ausgeht. Doch diese Version ist so gut gemacht, dass es einem den Spaß am Film nicht verdirbt.

"The Equalizer" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Donnerstag 16 Oktober 2014 um 21:34 von Roland Freist

Bearbeitet: Dienstag 21 Oktober 2014 17:53

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