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Filmkritik: "Three Billboards outside Ebbing, Missouri

Wut und Vergebung

Dies ist ein Film über die Wut. Er zeigt, wie sie entsteht, wie sie aus den Menschen herausbricht und was sie mit ihnen macht. Aber er zeigt gleichzeitig, dass die Wut durch Verständnis und Vergebung überwunden werden kann und sollte. Ein großer Film.

Mildred Hayes (Frances McDormand) ist wütend. Vor einem halben Jahr ist ihre Tochter ermordet worden. Während das Mädchen bereits im Sterben lag, hat der Mörder sie auch noch vergewaltigt. Die örtliche Polizei mit Sheriff Willoughby (Woody Harrelson) an der Spitze hat den Täter bisher nicht gefasst, hat noch nicht einmal eine Spur. Sie geht in das Büro einer kleinen, lokalen Werbeagentur, bucht für 5000 Dollar drei Reklametafeln und lässt sie beschriften mit "Raped While Dying", "And Still No Arrests?", "How Come, Chief Willoughby?". Ab diesem Moment beginnt die Situation zu eskalieren.

Willoughby hat Krebs im Endstadium, er wird nicht mehr lange leben. Er hat einen Hilfssheriff, Dixon (Sam Rockwell), der nur mit Mühe die Abschlussprüfung an der Polizeischule geschafft hat. Er ist im Ort bekannt dafür, dass er in der Vergangenheit Schwarze gefoltert und verprügelt hat. Auch er wird wütend, geht zum Inhaber der Werbeagentur (Caleb Landry Jones), wirft ihn aus dem Fenster im ersten Stock und schlägt ihn auf der Hauptstraße von Ebbing vor den Augen des neuen Polizeichefs und des ganzen Ortes zusammen. Aber auch das ist noch nicht das Ende der Eskalation.

Frances McDormand ist in diesem Film von einer Reihe guter bis sehr guter Schauspieler umgeben (mit dabei sind unter anderem noch Abbie Cornish als Willoughbys Frau, Zeljko Ivanek als ein weiterer Polizist sowie Peter Dinklage ("Game of Thrones") als ein Verehrer von Mildred). Doch in jeder Situation beherrscht sie die Leinwand mit ihrem eiskalten Zorn, ihrem Sarkasmus, aber später auch mit ihrer Verletzlichkeit und Trauer. Für "Fargo" hat sie damals den Oscar als beste Hauptdarstellerin erhalten, jetzt könnte noch eine weitere Statue dazukommen. Mildred Hayes schlägt wild um sich, es ist ihr egal, wen sie dabei wie hart trifft. Sie beleidigt den örtlichen Priester, der sie zur Mäßigung auffordert, und erklärt ihm, sie würde keine Ratschläge annehmen von Männern, die im Hinterzimmer heimlich Ministranten ficken. Sie weiß auch von Willoughbys Krebserkrankung und sagt ihm, dass die Reklametafeln ja wohl keinen Sinn mehr machen würden wenn er bereits tot wäre. Als jemand eine Büchse auf ihr Auto wirft, während sie morgens ihren Sohn in die Schule bringt, steigt sie aus und tritt auf der Suche nach dem Täter zwei Kinder zusammen. Das alles ist so übertrieben, dass es schon wieder witzig ist. Doch je länger der Film dauert, desto deutlicher zeigen uns Frances McDormand und Regisseur Martin McDonagh ("Brügge sehen… und sterben?", "7 Psychos"), was tatsächlich hinter der versteinerten Fassade dieser Frau vorgeht. Und das ist dann nicht mehr lustig.

"Three Billboards" zeichnet das Bild einer Gruppe von Menschen, von denen keiner nur das ist, was er zu Anfang zu sein scheint. Keiner von ihnen ist nur schuldig oder verdammenswert, alle haben auch ihre guten Seiten. Sogar Hilfssheriff Dixon, der wegen seines Rassismus zur am stärksten diskutierten Figur des Films wurde, erweist sich zum Schluss als passabler Ermittler. McDonagh hat darauf verzichtet, die Welt von Ebbing, Missouri, in Gute und Böse einzuteilen. Es gibt nur normale Menschen. Und diese Menschen können einander auch vergeben, egal, was sie sich angetan haben. Das ist zum Schluss dann auch der Hoffnungsschimmer, mit dem der Film die Zuschauer aus dem Kino entlässt.

"Three Billboards outside Ebbing, Missouri" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Dienstag 30 Januar 2018 um 22:08 von Roland Freist

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