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Filmkritik: "The Counselor"

Gut, dass wir geredet haben

Dies ist vermutlich der ambitionierteste Film des Jahres. Einer der erfolgreichsten Regisseure der vergangenen Jahrzehnte verfilmt das Drehbuch eines Kult-Schriftstellers und heuert dafür einige der besten und teuersten Schauspieler unserer Tage an. Das ist eine Protzerei sondergleichen, das Versprechen auf einen absoluten Ausnahmefilm. Und dann das. In den USA, wo "The Counselor" bereits im Oktober anlief, wurde er von der Kritik weitgehend verrissen. Und auch die deutschen Wertungen drehen den Daumen überwiegend nach unten. Dabei ist der Film so schlecht nun auch wieder nicht. Er ist allerdings sehr anders.

Die Hauptfigur wird gespielt von Michael Fassbender ("Prometheus"). Er ist Strafverteidiger von Beruf und wird daher nur Counselor genannt. Er hat eine schöne Freundin (Penélope Cruz), der er zur Verlobung einen außergewöhnlich teuren Diamantring schenkt (von den Diamantrechnern im Internet erfahre ich, dass ein Stein, wie er im Film vorgestellt wird, einen sechsstelligen Betrag kostet). Um den Ring zu finanzieren, hat er Kontakt mit Reiner (Javier Bardem) aufgenommen, dem lokalen Drogenboss von El Paso. Der lässt den Counselor in einen Drogentransport von Kolumbien nach Chicago investieren, an und für sich eine sichere Sache. Doch etwas geht schief, und sehr schnell richtet sich der Verdacht des kolumbianischen Kartells auf den Counselor und alle, die mit dem Geschäft in Verbindung stehen.

Neben den bereits Genannten sind in weiteren Hauptrollen Cameron Diaz als die Luxus-Geliebte von Reiner sowie Brad Pitt zu sehen. Aber auch die Nebenrollen sind mit Bruno Ganz, Rosie Perez, Édgar Ramírez ("Carlos") und Dean Norris ("Breaking Bad") nicht schlecht besetzt. Sie alle spielen gut, Javier Bardem und Cameron Diaz als die eiskalte, berechnende Verführerin sogar sehr gut. Dazu kommen Ridley Scott als Regisseur und Cormac McCarthy ("No Country for Old Men") als Autor.

Vielleicht ist der außergewöhnliche Cast das Resultat der Überlegungen von Ridley Scott, dass dieses Drehbuch und dieser Film nur mit wirklich guten Schauspielern funktionieren können. Denn es handelt sich größtenteils um echte Sprechrollen mit viel Text. Tatsächlich wird die recht einfache Handlung immer nur wenige Minuten lang weitererzählt, dazwischen wird geredet und philosophiert, über Frauen, Sexualität, Moral, Schicksal und das Leben an sich. All diese Drogenhändler, Mörder und Mafiabosse predigen und halten Monologe, und stünden sie auf einer Theaterbühne. Sie verwenden keinen Slang, sondern drücken sich in einer eleganten, elaborierten Sprache aus.

Das schafft einen seltsamen Verfremdungseffekt. Menschen, die zu unsäglichen Verbrechen fähig sind, unterhalten sich, als seien sie eine an der philosophischen Fakultät geschulte, intellektuelle Elite. In scharfem Kontrast dazu stehen die Bilder der Gewalt, die von ihren Fußtruppen verübt wird, und ihrer eigenen sexuellen Leidenschaft: Ein Motorradkurier wird von einem aufgespannten Draht enthauptet, Cameron Diaz vögelt den Ferrari ihres Liebhabers.

Diese Monologe sowie die knappen, schnellen Dialoge dürften mehr als die Hälfte des Films ausmachen. Da sie von ausgezeichneten Schauspieler gesprochen werden, macht es zumindest im Kino Spaß ihnen zuzusehen. Auf dem kleineren Fernsehbildschirm wird sich diese Wirkung vermutlich nicht einstellen. Spannung kommt dabei jedoch nicht auf, zumal bereits nach etwa einem Drittel des Films klar ist, wie der restliche Gang der Handlung und das Ende aussehen werden.

Mehr noch als "No Country for Old Men" ist "The Counselor" ein Kunstfilm, der den Drogenthriller gezielt dekonstruiert und nur noch Trümmer übriglässt. Zum Schluss waren die Toten völlig sinnlos, Schuldige wie Unschuldige haben ihr Leben verloren, ohne dass es für den Fortgang der Ereignisse irgendeine Bedeutung gehabt hätte. Doch im Unterschied zum Film der Coen-Brüder gelingt es bei "The Counselor" nicht, aus den Bruchstücken wieder eine interessante und packende Geschichte zu machen.

"The Counselor" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Freitag 29 November 2013 um 15:14 von Roland Freist

Bearbeitet: Freitag 29 November 2013 15:57

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