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Filmkritik: "Dunkirk"

Warten am Strand

Die Schlacht um die nordfranzösische Küstenstadt Dünkirchen im Mai und Juni 1940 war eine der größten Niederlagen der französischen und britischen Armee während des Zweiten Weltkriegs. Eingekesselt von deutschen Truppen, sammelten sich Hunderttausende Soldaten, darunter zahlreiche Angehörige des Britischen Expeditionskorps, am Strand, um per Schiff nach England evakuiert zu werden, während immer wieder neue deutsche Luftangriffe die wartenden Soldaten ins Visier nahmen.

Regisseur Christopher Nolan nimmt diese Ereignisse als Hintergrund für seinen neuen Film "Dunkirk". Allerdings versucht er nicht einmal, die Schlacht selbst darzustellen, das interessiert ihn offensichtlich nicht. Stattdessen konzentriert er sich auf drei Handlungsstränge mit einigen wenigen Personen, die er zum Schluss in gemeinsamen Szenen zusammenführt. Strang Nummer eins ist die Geschichte eines jungen Soldaten namens Tommy (Fionn Whitehead), der wohl nicht nur aufgrund seines Namens stellvertretend für die britischen Truppen steht. Der Film zeigt ihn, wie er versucht zu überleben und auf ein Schiff zu kommen, das ihn über den Kanal nach Hause bringt, während nahezu alle Personen um ihn herum nacheinander sterben. Der zweite Handlungsfaden verfolgt den britischen Spitfire-Piloten Farrier (Tom Hardy), der von England aus aufbricht, um die britischen Kriegsschiffe und die Truppen am Strand vor den Angriffen deutscher Bomber und Jagdflugzeuge zu schützen. Die dritte Story erzählt die Geschichte eines Fischers (Mark Rylance), der nach einem Aufruf der britischen Regierung mit seinem Boot nach Frankreich aufbricht, um bei der Evakuierung der Truppen zu helfen.

"Dunkirk" ist zwar ein Kriegsfilm, allerdings ein sehr ungewöhnlicher. Er spielt in einem Zeitrahmen von etwa einem halben Tag, als die Schlacht schon lange vorbei und verloren ist. Seine Dramatik gewinnt er allein durch die verzweifelte Lage der Soldaten am Strand, auf groß angelegte Gefechtsszenen verzichtet er. Mit Ausnahme einer wenige Sekunden dauernden Szene am Schluss sieht man während des gesamten Films keine deutschen Soldaten. Die Engländer nennen sie nur "die Krauts" oder "der Gegner", es bleiben anonyme Figuren. All das trägt zu dem Eindruck bei, dass die Geschichten, die der Film erzählt, in jedem beliebigen Krieg spielen könnten. Es geht um Soldaten, die nur noch nach Hause wollen, und um andere, die einfach das Richtige tun wollen. Ob das Szenario nun im besetzten Frankreich des Jahrs 1940, in Vietnam oder im Irak angesiedelt ist, wird zur Nebensache. Hier geht es um ganz normale Menschen in Kriegszeiten, was in ihnen vorgeht, wie sie handeln. Sehr wohltuend ist, dass Nolan auf patriotische Überhöhungen weitgehend verzichtet.

Leider gelingt es dem Regisseur aber auch dieses Mal nicht, seine Figuren zu echtem Leben zu erwecken. Seine Filme waren schon immer ein wenig zu kopflastig, zu konstruiert, nie hat man den Eindruck, dass er mit all seinem Herzblut hinter einem Projekt steht. Selbst bei einem so brillanten Streifen wie "Interstellar", der auf faszinierende Weise Astrophysik mit Reflexionen über die Liebe verknüpft und dessen Hauptfiguren von großartigen Schauspielern verkörpert werden, blieb zwischen den Charakteren und den Zuschauern immer eine gewisse Distanz bestehen.

"Dunkirk" ist aber vielleicht gerade deswegen ein sehr guter Film geworden. Natürlich sind auch die Bilder toll, die unübersehbaren Massen der Truppen am Strand, die in langen Schlangen auf Transportschiffe warten, die einfach nicht kommen wollen, die Luftkämpfe über dem Kanal zwischen den britischen Spitfires und den deutschen Messerschmidt-Jägern. Doch seine wahre Faszination entwickelt der Film, da er ein Massenereignis nimmt und es in drei einfachen Geschichten rund um ein halbes Dutzend Männer widerspiegelt.

"Dunkirk" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Mittwoch 02 August 2017 um 10:54 von Roland Freist

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