« Chaos Cinema | Zurück zur Startseite dieses Blogs | "Mad Men", zweite Staffel »

Filmkritik: "Cowboys & Aliens"

Colts gegen Strahlenwaffen

Eigentlich müsste der Titel ja "Cowboys & Indianer & Aliens" heißen. Zum einen spielt eine Gruppe von Apachen eine wichtige Rolle, zum anderen, und da lassen Sie sich bitte nichts anderes erzählen, ist dies ein Western, in der lediglich die Rolle der Bösewichte von einer, nun ja, etwas ungewöhnlichen Gruppe übernommen wird. Das aber macht den Film noch lange nicht zu Science-Fiction. Denn ansonsten ist alles da, was zu einem klassischen Western gehört: Ein Fremder, der in eine kleine Stadt reitet, eine Bande von Posträubern, ein überforderter Sheriff (Keith Carradine), ein schmächtiger Arzt mit Nickelbrille (Sam Rockwell), ein reicher Farmer, der mit seinem nichtsnutzigen Sohn (Paul Dano) und seinen Getreuen außerhalb der Stadt lebt, in Wirklichkeit jedoch das echte Machtzentrum bildet, und nicht zuletzt die bereits erwähnten Indianer, die sich um einen stolzen Häuptling (Raoul Trujillo) scharen und natürlich auch einen Medizinmann beschäftigen.

Den Fremden verkörpert der aktuelle Bond-Darsteller Daniel Craig, den Farmer gibt Harrison Ford. Beide spielen die Rolle, die sie am besten beherrschen, nämlich den wortkargen Macho. Der Fremde heißt in Wirklichkeit Jake Lonergan und wird wegen Raub und Mord per Steckbrief gesucht. Als er jedoch zu Beginn in der Wüste aufwacht, kann er sich an nichts mehr erinnern, nicht einmal an seinen Namen. Was er jedoch weiß, ist, dass die enorme Metallmanschette, die er an seinem linken Handgelenk trägt, nicht zur normalen Ausrüstung eines Cowboys gehört. Entfernen lässt sie sich aber auch nicht. Erst als er in die Stadt kommt wird klar, wozu die Manschette da ist. Denn bei einem nächtlichen Ufo-Angriff aktiviert sie sich plötzlich, und Lonergan holt damit eins der Flugobjekte vom Himmel. Das wurde aber auch Zeit, denn die Aliens fingen ansonsten völlig unbehindert die Bewohner der Stadt mit ihren Stahllassos ein und verschleppten sie. Später bestätigt sich, dass sie mit den Menschen das anstellen, was alle Aliens mit Menschen machen, sie führen nämlich allerlei undurchsichtige Experimente mit ihnen durch.

Nach einigem Hin und Her wird schließlich klar, dass die Aliens hier im Westen das Gleiche suchen wie die Menschen, nämlich Gold. Das erfahren die mittlerweile vereint reitenden Cowboys, Indianer & Posträuber von einer Frau namens Ella Swenson (Olivia Wilde, die "Dreizehn" aus "Dr. House"), die sich in der Folge ebenfalls als Außerirdische zu erkennen gibt, allerdings von einem Planeten, den die nun auf der Erde wütenden Aliens bereits ausgelöscht haben. Sie habe die menschliche Gestalt angenommen, um besser akzeptiert zu werden, erklärt sie. Kurz überlegt man sich, ob es in dieser männerdominierten Gessellschaft nicht besser gewesen wäre als Mann aufzutreten. Aber sei's drum.

Diese Spezial-Außerirdische also ist ein netter, kleiner Kunstgriff der Drehbuchschreiber, denn einem Alien können sie alle Eigenschaften zuschreiben, die sie benötigen, um noch einige Lücken in der Story zu schließen. So weiß Ella nicht nur Bescheid über die Ziele und die Schwächen der bösen Aliens, sondern beherrscht Englisch genauso gut wie die Apachen-Sprache, so dass auch gleich noch ein Dolmetscher abfällt. Und natürlich funkt es zwischen ihr und Daniel Craig. Als sie sich später jedoch in einer Szene küssten, fragte ich mich einen Moment lang, ob es auf ihrem Heimatplaneten wohl ebenfalls zwei Geschlechter gibt beziehungsweise gab. Und einmal, wirklich nur einmal möchte ich es erleben, dass der oder die Außerirdische sich in einem solchen emotionalen Moment aus Versehen wieder in seine Originalgestalt verwandelt.

Die ganze Geschichte von "Cowboys & Aliens" ist natürlich bizarr. Doch der Film ist gut gemacht und in vielen Passagen auch durchaus spannend. Er nimmt seine Charaktere ernst, verleiht ihnen eine glaubwürdige Entschlossenheit, und Craig und Harrison sind so gute Schauspieler, dass man ihnen ihre Figuren ohne jeden Zweifel abkauft. Es passt einfach alles: Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, die Landschaft ist klassisches Western-Land, die Stadt sieht so aus, wie man sich eine Westernstadt vorstellt, die Kostüme und der allgegenwärtige Staub und Dreck wirken echt, und die Special Effects kommen von Industrial Lights & Magic, der immer noch besten Adresse in diesem Bereich. Und auch die Aliens sind keine Enttäuschung – sie sind groß, erheblich stärker als die Menschen, besitzen einen Panzer und sind darunter schön schleimig.

Jon Favreau wurde als Regisseur bekannt mit den beiden "Iron Man"-Filmen, beide gehören zu den besten Superhelden-Verfilmungen der letzten Jahre. Bei "Cowboys & Aliens" wurde er unterstützt durch Steven Spielberg als ausführendem Produzenten, das Drehbuch stammt von Roberto Orci und Alex Kurtzman, die bereits den letzten "Star Trek" geschrieben hatten. Man merkt dem Film in jeder Phase an, dass hier Profis am Werk waren und alles taten, um einen guten, unterhaltsamen Sommerfilm auf die Leinwand zu bekommen. Und das ist ihnen ohne Zweifel gelungen.

"Cowboys & Aliens" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Freitag 26 August 2011 um 11:13 von Roland Freist

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:13

*
blog comments powered by Disqus

« Chaos Cinema | Zurück nach oben | "Mad Men", zweite Staffel »

Impressum/Kontakt