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Archiv vom August 2013

Aber Hola!

Geschrieben am Dienstag 27 August 2013 um 11:43 von Roland Freist

Nachdem das hier bereits vorgestellte Proximize.me immer öfter Performance-Probleme hatte und zudem bei einigen amerikanischen Videosites nicht funktionierte, bin ich vor einigen Monaten auf Hola umgestiegen. Dieser Unblocker ist als Addon für Google Chrome und Mozilla Firefox sowie als Stand-Alone-Version für Windows, Android und Mac OS erhältlich (http://hola.org). Ich verwende die Chrome-Version und bin sehr zufrieden: Sobald sich etwa ein Youtube-Video nicht abspielen lässt, klickt man einfach auf das Icon neben der Adresszeile. Im folgenden Fenster schaltet man den Dienst ein und bekommt anschließend eine Liste mit passenden Proxy-Servern angezeigt. Die Geschwindigkeit war immer ausreichend für eine ruckelfreie Darstellung von Standardvideos, bei hochaufgelösten Filmen könnte es allerdings kritisch werden.

 

Bearbeitet: Dienstag 27 August 2013 12:17

Seltsames Ladeproblem

Geschrieben am Montag 05 August 2013 um 11:04 von Roland Freist

Vor einigen Tagen ließ sich mein Smartphone plötzlich nicht mehr aufladen. Ich habe seit März 2012 ein Samsung Galaxy Nexus, das bislang tadellos funktionierte. Die aktuelle Betriebssystemversion ist Android 4.2.1. Der genannte Fehler trat auf, als ich das Telefon wie gewohnt über Nacht an die Steckdose hängte. Es begann eine lange Odyssee auf der Suche nach der Ursache des Fehlers:

Laut einer alten Helpdesk-Weisheit ist in 90 Prozent aller Fälle das Kabel die Ursache der Probleme. Ich schließe daher das Ladekabel von meinem Google Nexus 10 an. Keine Wirkung. Vielleicht eine fehlerhafte Anzeige? Doch auch "Einstellungen – Akku" meldet nur lapidar, dass das Gerät nicht geladen wird.

Als ich den Browser aufrufe – ich verwende Google Chrome – geschieht etwas Seltsames: Er öffnet eine mir bis dato unbekannte Website, die eine Software namens "Akku Retter" anpreist (siehe Screenshot). Ein Popup erscheint und fordert mich auf "Hole dir die Kontrolle über deinen Akku zurück". Darunter steht ein großer Button mit der Aufschrift "Weiter", an dessen oberem Rand in kleiner Schrift "Premium-Apps" für 4,99 Euro im Monat angepriesen werden. Ich zähle eins und eins zusammen und komme zu dem Schluss: Ich habe mir einen Virus in Form einer Ransomware eingefangen.

Mit Ransomware bezeichnet man Schadprogramme, die den Zugriff auf einen Computer oder seine Dateien behindern, indem sie sie beispielweise verschlüsseln. Der Zugriff wird zumeist erst nach Zahlung eines Lösegelds von ein paar Hundert Euro wieder freigegeben. Das Opfer bekommt dazu eine spezielle Software oder ein Passwort zugeschickt – so lautet zumindest das Versprechen der Erpresser. Wer sich intensiver mit dem Thema befassen will, dem empfehle ich die Lektüre des entsprechenden Wikipedia-Artikels.

In diesem Fall würde ich mit dem Antippen von "Weiter" vermutlich ein Abo für die angeblichen Premium-Apps abschließen und mit dem Akku Retter eine Lösung für das Problem bekommen. Die Bezahlung erfolgt dann üblicherweise über die Telefonrechnung. Das kommt für mich nicht in Frage. Ich schließe die Seite und mache mich auf die Suche nach dem Virus.

Die erste Erkenntnis: Wenn es ausgeschaltet ist, lässt sich das Smartphone problemlos aufladen. Zu meiner Überraschung funktioniert sogar das Laden über den USB-Port des PCs. Bloß eingeschaltet an der Steckdose zeigt es keine Reaktion. Immerhin ist also nicht zu befürchten, dass das Telefon in wenigen Stunden unbrauchbar wird. Nervig ist die Sache trotzdem.

Erster Ansatz zur Lösung des Problems: Ein Antiviren-Programm muss her. Bislang hatte ich auf dem Telefon keines installiert und auf die Sicherheit von Android und meine eigene Achtsamkeit vertraut. Ich beziehe meine Apps ausschließlich aus dem Google Play Store und bin vorsichtig mit Mail-Attachments. Vorsichtshalber suche ich zunächst mit dem Addons Detector nach installierten Apps, die unbemerkt Addons laden. Das Tool findet ein Programm, in das ein Werbenetzwerk eingebunden ist, und ich deinstalliere es.

In der c’t, Ausgabe 17/2013, hatte ich einen Artikel zum Thema Android-Trojaner gesehen, in einem Kasten findet sich dort auch eine Liste mit Antiviren-Software. Nacheinander installiere ich Avast, ESET, Lookout und, aufgrund einer Empfehlung im Internet, auch noch Dr.Web. Ich scanne jeweils das System, teilweise inklusive SIM-Karte, und deinstalliere die Software wieder. Denn keines der Programme findet eine Schadsoftware. Laut Jürgen Schmidt, dem Autor des genannten Artikels, ist das auch nicht verwunderlich. Denn die AV-Software für Android arbeite nur mit sehr einfachen Signaturen, schreibt er, auch die unscharfe Entdeckung mit Heuristik sei, falls überhaupt vorhanden, eher einfach gestrickt. Die Erkennungsraten bei neuen Schädlingen lägen bei "nahe null", zudem würden die meisten Programme ohnehin nur bei der Installation von Software-Paketen aktiv. Von dieser Seite ist also keine Hilfe zu erwarten.

Ich verbringe einige Stunden mit Google-Suchen nach "android akku lädt nicht", "android virus akku", "android battery problems" und auch nach "hole dir die kontrolle über deinen akku zurück", ohne auf Erfahrungsberichte zu stoßen, die die gleichen Symptome schildern.

Es bleibt nur eine Lösung: der Reset auf die Werkseinstellungen. In Android finden Sie diese Funktion unter "Einstellungen – Sichern & zurücksetzen – Auf Werkszustand zurück". Vorsicht: Falls Sie das selber einmal machen wollen, sollten Sie wissen, dass dabei alle Ihre Fotos, Klingeltöne, SMS und sonstigen persönlichen Dateien gelöscht werden. Sie sollten Ihre Daten daher zuvor sichern. Auch werden sämtliche Apps und Ihre Kontakte aus dem Speicher entfernt. Falls Sie jedoch bei Google ein Sicherungskonto eingerichtet haben – Sie finden diese Option ebenfalls unter "Sichern & zurücksetzen" – werden zumindest die Apps und Kontakte anschließend automatisch wiederhergestellt. Da hierbei ein hohes Download-Volumen zusammenkommen kann, sollten Sie sicherstellen, dass Sie per WLAN am Internet hängen.

Reset und Wiederherstellung funktionieren einwandfrei. Doch das Smartphone lässt sich immer noch nicht laden.

Jetzt wurde es mysteriös. Da sämtliche Apps zwischenzeitlich gelöscht worden waren und aus dem Play Store sauber neu installiert wurden, muss der Virus etwas am Betriebssystem verändert haben. Doch das sollte eigentlich nicht passieren können. Android ist ein Linux-Derivat, der Zugriff auf die Betriebssystem-Dateien ist ohne Root-Rechte unmöglich. Und gerootet hatte ich das Smartphone nie (unter "rooten" versteht man einen Vorgang, mit dem sich der Benutzer Root- beziehungsweise Administrator-Rechte auf das Android-System verschafft). Ich befrage einige Kollegen, doch niemand kennt einen vergleichbaren Fall. Essential Media, die PR-Agentur von Kaspersky, bietet an, mir einen direkten Draht zur Hotline zu vermitteln, wo ich mit einem Experten sprechen könne. Ich hebe mir das als letzte Möglichkeit auf.

Ich nerve weitere Kollegen mit dem Fall. Wolf Hosbach vom PC Magazin hat schließlich die rettende Idee, beziehungsweise sogar zwei. Zum einen weist er mich darauf hin, dass es keinen Beweis für einen Zusammenhang zwischen dem Erscheinen der Website mit dem Popup und den Ladeproblemen gebe. Das könne auch Zufall sein. Zum anderen empfiehlt er mir das XDA Developers Forum, wo sich viele Android-Entwickler austauschen. Dort solle ich es mal versuchen.

In den XDA Developers Foren lese ich, dass die Ladeprobleme beim Galaxy Nexus ein weit verbreitetes Problem sind. Die meisten Tipps beziehen sich auf den USB-Anschluss des Geräts: Man solle ihn reinigen, eventuell sei innen auch eine Lasche verbogen, so dass es zu einem Kurzschluss komme etc. Keiner dieser Tricks funktioniert bei mir. Schließlich führt mich ein Link zu einer Google Group, in der es ebenfalls um das Galaxy Nexus und seine Ladeprobleme geht. Dort finde ich schließlich den entscheidenden Hinweis von einem User namens Camorda: "Power off, remove battery and SIM card, hold power on for 10 seconds, replace battery and sim, power on". Auf Deutsch: Telefon ausschalten, Akku und SIM-Karte herausnehmen, den Ein-/Ausschaltknopf zehn Sekunden lang gedrückt halten, SIM-Karte und Akku wieder einlegen und Smartphone einschalten. Und tatsächlich: Plötzlich lädt es wieder. Grund: unklar.

Die Website mit dem ominösen Akku Retter existiert nach wie vor, allerdings erscheint zumindest bei mir kein Popup mehr. Offensichtlich ist die Software nicht frei verfügbar, sondern wird ausschließlich Mitgliedern von Werbenetzwerken angeboten. Was genau das Programm anstellt, war nicht zu ermitteln.

Bearbeitet: Donnerstag 09 Januar 2014 16:03

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