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Filmkritik: "Die Verlegerin"

Gegen alle Widerstände

Die späten 60er und frühen 70er Jahre sind eine der wichtigsten Perioden der amerikanischen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Mit Nixon hatte ein machtbesessener Paranoiker das Weiße Haus erobert, in einem Tausende von Kilometern entfernten Land lernten die USA, dass ihr moralischer Anspruch und die eigene militärische Überlegenheit mehr als zweifelhaft waren, und in der Heimat kämpfte eine starke Bürgerrechtsbewegung gegen Rassendiskriminierung und den Versuch, die Meinungs- und Pressefreiheit einzuschränken. Dutzende, vielleicht sogar Hunderte von Filmen sind über diese Zeit entstanden. Einer der besten ist der neue Film von Steven Spielberg, "Die Verlegerin".

Allerdings ist der deutsche Titel unglücklich gewählt. Im Original heißt der Film "The Post", weil er Geschehnisse rund um die Washington Post im Jahr 1971 erzählt. Vermutlich hatte der deutsche Verleih Angst, dass hierzulande zu wenig Menschen mit dem Namen der Zeitung etwas anfangen könnten. Und "Die Post" wäre ja nun wirklich keine passende Übersetzung gewesen. "Die Verlegerin" reduziert die Story jedoch auf Kay Graham, gespielt von Meryl Streep, die damalige, noch recht unerfahrene Verlegerin der Zeitung. Und das wird dem Film nicht gerecht, denn es geht nicht um eine einzelne Person, sondern um Journalismus und die politischen, wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeiten, in denen er sich befindet und gegen die er ständig ankämpfen muss.

Der Film erzählt von der Veröffentlichung der Pentagon Papers. Der ehemalige Verteidigungsminister Robert McNamara (Bruce Greenwood) hatte diese Studie einige Jahre zuvor in Auftrag gegeben, um mit internen Regierungsinformationen die Vorgeschichte und den Verlauf der amerikanischen Beteiligung am Vietnamkrieg für spätere Generationen zu dokumentieren. Viele der Ergebnisse der Studie standen im Widerspruch zu offiziellen Aussagen der amerikanischen Regierungen unter Truman, Eisenhower, Kennedy, Johnson und Nixon. Unter anderem zeigten die Pentagon Papers, dass McNamara den Krieg bereits Mitte der 60er Jahre verlorengegeben hatte. Die Studie wurde daher unter Verschluss gehalten.

1971 wurden die Dokumente jedoch der New York Times zugespielt, die in der Folge in mehreren Ausgaben Teile davon veröffentlichten und kommentierten. Die Washington Post war zu dieser Zeit ein Regionalblatt, außerhalb der Hauptstadt wurde sie kaum gelesen. Doch sie hatte mit Ben Bradlee (Tom Hanks) einen begeisterten Journalisten als Chefredakteur. Als es einem seiner Redakteure gelingt, eine Kopie der Pentagon Papers zu beschaffen, zögert er keine Sekunde, das Thema auf die Titelseite zu heben. Doch dem stehen die enge Freundschaft der Verlegerin Kay Graham mit Robert McNamara, der geplante Börsengang der Post und auch die Freundschaft von Bradlee mit dem ermordeten Kennedy entgegen.

Steven Spielberg spielt bei "Die Verlegerin" seine ganze Routine aus. Vielleicht sogar etwa zu viel: Der Film beginnt, natürlich, könnte man schon fast sagen, mit Szenen aus dem Vietnamkrieg, untermalt mit "Run through the jungle" von Creedence Clearwater Revival. "Nicht schon wieder", denkt man sich, doch dann wird’s schnell besser. Wie der Film anschließend die Vorgeschichte und die aktuelle Situation der Zeitung skizziert, die Figuren vorstellt und die Story an Fahrt aufnehmen lässt – das ist wirklich meisterhaft. Dazu kommen die Perfektion von Kamera (Janusz Kaminski) und Schnitt (Sarah Broshar, Michael Kahn) und die hohe Qualität der beiden Hauptdarsteller, von denen sich Tom Hanks in seiner Rolle ein klein wenig wohler zu fühlen scheint als Meryl Streep. Alles zusammen ergibt einen der besten Filme des Jahres.

"Die Verlegerin" ist ein altmodischer Film. Er arbeitet mit den jahrzehntelang erprobten Stilmitteln von Hollywood, baut Spannung und Emotion unglaublich präzise und gekonnt auf. Spielberg demonstriert, welche Kraft das Hollywood-Konzept immer noch entfalten kann, vor allem, wenn es um die Verteidigung der bürgerlichen Freiheiten geht. Der Film wurde in gerade einmal anderthalb Monaten im Sommer 2017 abgedreht, in einer Zeit also, in welcher der amtierende amerikanische Präsident die Presse der Verbreitung von Fake News beschuldigte und die freie Berichterstattung in Frage stellte. Spielberg hat darauf eine wunderbar souveräne Antwort gegeben.

"Die Verlegerin" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Sonntag 25 Februar 2018 um 22:29 von Roland Freist

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