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Filmkritik: "Legend of Tarzan"

Tarzan lässt die Muskeln spielen

Die Geschichte von Tarzan, der im Dschungel von den Affen aufgezogen und zum Anführer der Tiere wurde, wurde bereits so oft verfilmt, dass sie heute fester Teil der Populärkultur ist. Jeder kennt die Figur, hat einen oder sogar mehrere Filme oder auch die Fernsehserie mit Ron Ely aus den 60er Jahren gesehen. Und die meisten kennen auch die Parodien, die Witze mit "Ich Tarzan, du Jane" und dem berühmten Schrei. Vor diesem Hintergrund ist es schwierig, einen guten, modernen Tarzan-Film zu drehen. Regisseur David Yates jedenfalls, der zuvor für die vier letzten Harry-Potter-Filme verantwortlich zeichnete, ist mit "Legend of Tarzan" an dieser Aufgabe gescheitert.

Dabei hat er durchaus versucht, der Geschichte noch einmal einen neuen Dreh zu geben. Anders als der Titel es ankündigt, erzählt der Film keine Legende, sondern schildert recht konkret die Situation am Ende des 19. Jahrhunderts, als sich der belgische König Leopold II. den Kongo als Privatbesitz einverleibt hatte, in der Folge jedoch mit dem Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur finanziell völlig überfordert war. Daraus entwickelt David Yates die Story des von Christoph Waltz gespielten Captain Rom, der im Auftrag von Leopold einen sagenumwobenen Diamantenschatz bergen soll, mit dem der König seine Schulden bezahlen will. Dieser Schatz befindet sich auf dem Gebiet eines kriegerischen Stammes, dessen Häuptling zwar durchaus bereit ist, die Diamanten zu übergeben, im Austausch dafür jedoch die Auslieferung von Tarzan alias Lord Greystoke alias John Clayton (Alexander Skarsgård) verlangt. Wie wir später erfahren, hat Tarzan einst seinen Bruder getötet. Der König des Dschungels wohnt mittlerweile allerdings mit seiner Jane (Margot Robbie) in London, leidet dort allerdings an Heimweh. Begleitet von George Washington Williams (Samuel L. Jackson), einem Gesandten des amerikanischen Präsidenten, ziehen er und Jane wieder zurück nach Afrika.

Spätestens ab der Ankunft im Kongo changiert der Film fast nur noch zwischen unfreiwillig komischen Szenen und purem Kitsch. Wenn das Trio bereits kurz nach der Ankunft im Kongo irgendwo in der Steppe auf ein befreundetes Löwenweibchen stößt und Tarzan zur Begrüßung seinen Kopf an dem der Anführerin reibt, weil Löwen das so machen, wie Jane erklärt, dann wirkt das in erster Linie komisch. Kurz tauchte bei mir die Überlegung auf, wie die Szene wohl mit einem männlichen Löwen und seiner Mähne ausgesehen hätte, aber da ging es dann auch schon weiter. Tarzan aber hat diese Form der Begrüßung ganz offensichtlich seit seiner Jugend verinnerlicht, denn später reibt er sich auf die gleiche Art und Weise auch an menschlichen Bekannten, die er längere Zeit nicht gesehen hat.

Von Kitsch erfüllt sind vor allem die Bilder, die den Dschungelkönig Tarzan zusammen mit seiner Jane zeigen. Alexander Skarsgård wurde natürlich nicht von ungefähr als Hauptdarsteller ausgewählt, denn mit seinen langen Haaren, den Muskeln und dem Waschbrettbauch sieht er aus wie ein Posterboy für pubertierende Mädchen. Margot Robbie, bekannt geworden vor allem durch ihren Auftritt in "The Wolf of Wall Street", gibt neben ihm zwar eine gute Jane Clayton ab. Doch beide sind einfach zu schöne Menschen, um glaubhaft als ehemalige Bewohner eines gefährlichen Urwalds durchzugehen. Zudem zeigt sich, dass Skarsgård, der in "True Blood" noch sehr überzeugend einen Vampir verkörpert hatte, als Darsteller dann doch nicht gut genug ist, um gegen sein Model-Image anzuspielen. Ganz im Gegensatz zu Leonardo DiCaprio übrigens.

Christoph Waltz dagegen erledigt seine Aufgabe als Oberschurke ruhig und routiniert. Kein Wunder, denn vergleichbare Charaktere hat er in den vergangenen Jahren schon mehrmals gespielt. Am besten gefallen hat mir jedoch Samuel L. Jackson, der über weite Strecken so aussieht, als würde er sich innerlich amüsieren, dass er für so einen Film auch noch einen ganzen Haufen Geld bekommt.

"Legend of Tarzan" wird in den meisten Kinos in 3D gezeigt. Das hat in diesem Fall erkennbar nur den einzigen Zweck, den Kinobetreibern einen Aufschlag auf den normalen Ticketpreis zu ermöglichen. Es gibt eine Szene, in der ein Strauß frontal von vorn aufgenommen vermeintlich in den Kinosaal pickt. Sie dient vermutlich dazu, den Zuschauern das Gefühl zu geben, dass der 3D-Aufschlag nicht ganz umsonst gewesen ist.

Die meisten, vielleicht sogar alle Tieraufnahmen, wurden am Computer generiert. Viele davon wirken wenig überzeugend und wie aus einem Comic übernommen, das gilt vor allem für die Aufnahmen von Tarzans Gorilla-Familie und einer Büffel-Stampede. Die Neuverfilmung des "Jungle Book" hat das vor einigen Monaten deutlich besser gemacht.

"Legend of Tarzan" zeigt einige gute Ansätze wie etwa die Einbeziehung des historischen Hintergrunds und die Darstellung der schwarzen Bevölkerung, die als intelligent und hilfsbereit geschildert wird. Doch kann das die zahlreichen Schwächen nicht verdecken.

"Legend of Tarzan" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Sonntag 31 Juli 2016 um 17:48 von Roland Freist

Bearbeitet: Sonntag 31 Juli 2016 18:28

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