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Filmkritik: "Hail, Caesar!"

Hollywood lässt grüßen

Die Coen-Brüder finden immer wieder Gefallen daran, eine bestimmte Szene oder Zeit wiederauferstehen zu lassen. In "Fargo" zeigten sie ihre Heimat, die Provinz des Mittleren Westens, was sie in "A Serious Man" mit einer Beschreibung der dortigen jüdischen Gemeinde fortsetzten. In "The Big Lebowski" ging es um die schillernde Szene und die Typen von Los Angeles und in "Inside Llewyn Davis" um die New Yorker Folkszene in den frühen 60er Jahren. Mit "Hail, Caesar!" führen sie diese Tradition fort und nehmen sich Hollywood in den 50er Jahren vor.

Die Parallelen zu "Big Lebowski" und "Inside Llewyn Davis" sind unübersehbar. Mit beiden Filmen teilt "Hail, Caesar!" den weitgehenden Verzicht auf eine tragende Story. Wie in "Big Lebowski" geht es um eine dilettantisch ausgeführte Entführung. Der große Hollywood-Star Baird Whitlock (George Clooney) spielt in einem typischen Sandalenfilm mit biblischen Motiven eine Figur, die verdächtig an Charlton Heston in einem Werk von Cecil B. DeMille erinnert. Als ihn eine Gruppe von kommunistischen Drehbuch-Autoren entführt und ein Lösegeld von 100.000 Dollar fordert, nimmt Studioboss Eddie Mannix (Josh Brolin) die Sache selbst in die Hand. Dabei gibt es noch so viele andere Sachen, um die er sich kümmern muss.

Mannix ist die Hauptperson der Geschichte, wir folgen ihm von einem Set und einem Meeting zum nächsten. Die gesamte Handlung umfasst gerade einmal 24 Stunden, der ständige Wechsel der Szenerien, Kostüme und Personen vermittelt einen Eindruck von dem Stress und der Hysterie in der Filmszene. In vielerlei Hinsicht erinnert der "Hail, Caesar!" an einen Bilderbogen aus jenen Jahren. Es ist alles mit drin, was die damaligen Filme ausmachte: ein toll choreographiertes Wasserballett wie aus einem Musical von Busby Berkeley mit einer dauerlächelnden Scarlett Johansson als Mittelpunkt, ein Gene-Kelly-Musical mit Männern in Matrosenanzügen und einem stepptanzenden Channing Tatum, ein Western mit einem jungen, gutaussehenden Cowboy (Alden Ehrenreich), dem die Schauspielkunst leider nicht in die Wiege gelegt wurde, sowie die bereits erwähnte Bibelverfilmung mit George Clooney als römischem Kriegsherren, auch er nicht gerade die hellste Kerze am Kronleuchter. Wer sich an diese Filme erinnert, wie es die Coen-Brüder zweifellos tun, für den ist "Hail, Caesar!" ein Riesenspaß. Für alle anderen gibt es einige witzige Szenen, etwa wenn Ralph Fiennes als feinsinniger britischer Regisseur Laurence Laurentz an seinem tumben Hauptdarsteller verzweifelt. Zwar sind diese verstreuten Gags nicht in der Lage, "Hail, Caesar!" zu einer großen Komödie zu machen. Doch das sind die Coen-Filme eigentlich nie. Ihr Humor animiert nicht zum Schenkelklopfen, sondern zielt eher auf ein Grinsen im Gesicht der Zuschauer ab.

Das jedoch konnten "Fargo" und "Big Lebowski" besser. "Hail, Caesar!" ist lustiger als "Inside Llewyn Davis", der stark von der dunklen, verrauchten Atmosphäre in den Folkkneipen im Greenwich Village und der melancholischen Musik geprägt war. Seine Stars, außer den bereits Erwähnten noch Tilda Swinton (in einer Doppelrolle), Frances McDormand oder Jonah Hill haben ganz offensichtlich Spaß an ihren Auftritten, sind jedoch alle nur wenige Minuten zu sehen. Hauptdarsteller Josh Brolin, einer der meistbeschäftigten Schauspieler der letzten Jahre, entwickelt seine Leinwandpräsenz erneut ein Stück weiter. Obwohl er immer sehr ruhig und mit viel Understatement agiert, wirkt er in allen seinen Rollen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, wie die nahezu perfekte Besetzung. Manchmal hat man den Eindruck, die Rollen passen sich an ihn an und nicht umgekehrt.

"Hail, Caesar!" ist keiner der großen Coen-Filme, dazu ist er zu sehr Reminiszenz und bietet zu wenig Originalität. Doch in der Rangfolge ihrer Werke nimmt er einen guten Mittelplatz ein.

"Hail, Caesar!" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Donnerstag 25 Februar 2016 um 11:28 von Roland Freist

Bearbeitet: Donnerstag 25 Februar 2016 11:54

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