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Filmkritik: "Die Tribute von Panem: Catching Fire"

Alles nur gespielt

Es könnte alles so schön sein: Nachdem Katniss Everdeen (Jennifer Lawrence) und Peeta Mellark (Josh Hutcherson) im ersten Teil von "Die Tribute von Panem" die Hungerspiele gewonnen hatten, gehören sie nun einer Kaste von Auserwählten an. Haymitch Abermathy (Woody Harrelson), ebenfalls ein früherer Gewinner, drückt es so aus: Die beiden haben nichts weiter zu tun, als zu lächeln und Texte, die für die Spiele werben, von einem Zettel abzulesen. Und das ihr Leben lang. Wenn sie das widerspruchslos tun, brauchen sie sich um nichts mehr Sorgen zu machen. Doch da die Tribute auch diesem zweiten Teil den Titel geben, ahnt man bereits, was geschehen wird.

Im ersten Teil hatten sich Katniss und Peeta zum Schluss geweigert, einen eindeutigen Sieger zu bestimmen, und wollten sich lieber gemeinsam das Leben nehmen. Zu Beginn des zweiten Teils erfahren wir, dass das Volk in den zwölf Distrikten das als einen Akt der Rebellion interpretiert hat und nun den Aufstand gegen die Zentralgewalt probt. Katniss Everdeen ist zu einer Heldin geworden. Präsident Snow (Donald Sutherland) sieht die Gefahr, dass sich die Unruhen ausbreiten. Er hat daher mit Plutarch Heavensbee (Philip Seymour Hoffman) einen neuen Spielleiter geholt, der ihm Vorschläge machen soll, wie man Katniss als Ikone des Widerstands demontieren kann. Heavensbee schlägt vor, aus Anlass des 75. Jubiläums jeweils zwei ehemalige Gewinner aus jedem Distrikt auszulosen und diese 24 Spieler gegeneinander antreten zu lassen. Es läuft also auf eine Art Champions League der Hungerspiele hinaus. Einer der Spieler soll natürlich Katniss Everdeen sein. Diese neue Spielrunde würde dem Publikum zeigen, dass sie nun auf Seiten der Mächtigen steht, dass sie genauso brutal und kaltblütig mordet wie die anderen Spieler. Ihr Image als Vertreterin des Volkes wäre dahin.

Das ist absurd. Wenn Katniss das macht, was sie in der ersten Spielrunde zur Siegerin und Heldin hat werden lassen, entzieht ihr das Volk seine Sympathien? Aber weiter:

Bis die Spiele beginnen, sind etwa 80 Minuten des rund zweieinhalb Stunden langen Films vergangen. Während in der Hauptstadt Pläne geschmiedet werden, taucht in Distrikt 12 Gale (Chris Hemsworth) wieder auf, der Freund von Katniss. Doch obwohl an und für sich Zeit genug wäre, lernt man ihn auch in "Catching Fire" nicht näher kennen. Wir erfahren lediglich, dass er als Bergmann arbeitet, zudem zeigt er in einer Szene starken Gerechtigkeitssinn. Was Katniss an ihm gefällt (außer seinem zugegebenermaßen guten Aussehen), was ihn bewegt, was für ein Typ er ist – Fehlanzeige. Am Schluss des ersten Films hatte man den Eindruck, dass Katniss sich für Peeta entschieden hat. Aber das stimme nicht, erklärt sie Gale, das sei nur fürs Fernsehen gewesen. Nicht nur an dieser Stelle wirkt der Film äußerst unglaubwürdig.

Diese Ereignisse, und noch einige mehr, werden in einem gleichbleibenden, mittelschnellen Rhythmus erzählt. Man hängt im Kinosessel, verfolgt die Geschehnisse mit Interesse, ist jedoch andererseits auch nicht besonders gefesselt von dem, was da gerade passiert. Es fehlt an Dramatik, an Tempowechseln, an Überraschungen. Dabei sind hier Könner am Werk, erstklassige Schauspieler, Drehbuchschreiber (Simon Beaufoy hat einen Oscar für "Slumdog Millionär", Michael Arndt einen für "Little Miss Sunshine"), Kameraleute und Cutter. Sie können immerhin verhindern, dass es tatsächlich langweilig wird. Spannung kommt jedoch auch nicht auf.

Das setzt sich bei der Inszenierung der Hungerspiele fort. Dieses Mal kämpfen die Spieler weniger gegeneinander als gegen einige fiese Tricks, die die Techniker in die Natur der Arena eingebaut haben. Doch auch dieser Teil kann keine Faszination auslösen. Man fragt sich beispielsweise, wo da der Wettkampf bleiben soll, wenn die Spieler von giftigen Nebelschwaden umgebracht werden. Insgesamt ist auch dieser Akt des Films ein Flop.

Die einzige echte Überraschung, die man gerne etwas früher erlebt hätte, hebt sich der Film bis zum Schluss auf. Die Figuren, die dort plötzlich zusammenstehen, erzählen zudem von einigen Geschehnissen, die man so nicht erwartet hatte. Ausgerechnet davon gibt es jedoch keine Bilder. An dieser Stelle beginnt man sich wirklich zu ärgern, zumal direkt nach dieser Szene der Abspann erscheint.

"Die Tribute von Panem: Catching Fire" ist eine Art "Star Wars: Episode II – Angriff der Klonkrieger": Es geht um Politik, um eine Übergangsphase. Der Film konzentriert sich auf die Hauptfiguren und die Veränderungen, die in ihnen vorgehen, die Hungerspiele sind nur ein Auslöser. Es ist schwierig, solche Prozesse spannend in Szene zu setzen. Regisseur Francis Lawrence gelingt es jedenfalls nicht. "Catching Fire" ist zu lang, zu dialoglastig, in weiten Stecken auch einfach zu vorhersehbar. Doch immerhin ebnet er den Weg für einen hoffentlich wieder etwas spannenderen dritten Teil.

"Die Tribute von Panem: Catching Fire" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Samstag 23 November 2013 um 16:46 von Roland Freist

Bearbeitet: Donnerstag 28 November 2013 23:17

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