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Filmkritik: "Hitchcock"

Psychokrieg im Hause Hitchcock

Auf diese Idee muss man erst einmal kommen: die Geschichte eines Horrorfilms zu erzählen wie eine Beziehungskomödie. Dabei weckt der Titel "Hitchcock" die Erwartung, dass es in erster Linie um die Geschichte des berühmten Regisseurs geht. Doch das ist nicht einmal zur Hälfte richtig. Denn zum einen spielt Hitchcocks Frau eine genauso große Rolle. Zum anderen dreht sich die Handlung zumindest vordergründig in erster Linie um die Produktion von "Psycho", einen der bekanntesten Filme des Meisters.

Als die Geschichte beginnt, hat Alfred Hitchcock (Anthony Hopkins) gerade "Der unsichtbare Dritte" beendet, und es wird ein Riesenerfolg. Er sucht nach einer neuen Herausforderung und wird fündig bei dem Horrorroman "Psycho". Doch Paramount will ihm für diesen Stoff kein Geld geben. So beschließt er kurzerhand, den Film mit seinem geschätzten Budget von 800000 Dollar selbst zu finanzieren, und setzt als Sicherheit sein Haus ein. Seine Frau Alma Reville (Helen Mirren) ist nicht begeistert, kann aber nichts mehr machen. Die Dreharbeiten beginnen, und da dieses Mal seine eigene finanzielle Existenz auf dem Spiel steht, verspürt Hitchcock einen besonders starken Druck auf sich lasten. Genau in dieser Zeit ist seine Frau, die als Ratgeber und Cutter eine äußerst wichtige Rolle für seine Arbeit spielt, oft tagelang nicht am Set. Sie trifft sich stattdessen mit dem Autor Whitfield Cook (Danny Huston), um ihm bei einem Drehbuch zu helfen. Und obwohl es nicht ausgesprochen wird, wird doch deutlich, dass ihr sein ständiges Umgarnen von kühlen, blonden Frauen wie etwa der "Psycho"-Hauptdarstellerin Janet Leigh (Scarlett Johansson) unglaublich auf den Geist geht. Sie ist froh, mit jemandem wie Cook den Tag verbringen zu können, der ihr mit seinen Avancen schmeichelt.

Hitchcock wirkt in diesem Film ein wenig wie der von Bluthochdruck geplagte Sir Wilfrid Robarts aus "Zeugin der Anklage", der ständig versucht, an einen guten Schluck Cognac zu kommen. Mit einem Fat Suit und viel Latex ums Kinn haben die Maskenbildner Anthony Hopkins eine Statur gegeben, die der von Charles Laughton nicht unähnlich ist, zudem leidet Hitchcock unter ähnlichen Gesundheitsproblemen wie der Rechtsanwalt. Hopkins ist ein großer Schauspieler, und es gelingt ihm, den britischen Regisseur in seiner ganzen Gestik und im Auftreten perfekt nachzuahmen. Und es war eine kluge Entscheidung von Regisseur Sacha Gervasi, ihm Helen Mirren als weibliche Hauptdarstellerin entgegenzusetzen. Mit ihrer Souveränität und Ausstrahlung kann sie Hopkins glaubwürdig Kontra geben. Der trockene, britische Humor der Dialoge sorgt schließlich für die heitere Grundstimmung der Geschichte.

Doch so gut die Gags auch funktionieren: Man hätte gerne lieber etwas mehr über die Entstehung von "Psycho" erfahren. Zwar lernt man beispielsweise einiges darüber, wie etwa die Duschszene zustande gekommen ist. Doch so, wie der Film es interpretiert, ist sie auch oder vielleicht sogar vor allem Ausdruck der Ehekrise bei den Hitchcocks. Des Weiteren thematisiert "Hitchcock" den Voyeurismus des Regisseurs, dem er sowohl in seinen Werken wie auch privat ganz unverhohlen nachgab. Doch "Psycho" nur mit den Obsessionen des Regisseurs zu erklären, ist letztlich unbefriedigend.

"Hitchcock" lässt einen letztlich zwiegespalten zurück. Er erzählt eine überzeugende Geschichte, hat viele witzige Momente, tolle Schauspieler – zu nennen sind beispielsweise noch Toni Collette als Hitchcocks Assistentin Peggy Robertson und Michael Stuhlbarg als sein Agent Lew Wasserman –, den beiden Hauptdarstellern macht die gemeinsame Arbeit sichtlich Spaß, und alles geschieht vor dem Hintergrund der Dreharbeiten zu einem der berühmtesten Werke der Filmgeschichte. Doch vielleicht ist das alles einfach etwas zu viel. Dies ist kein schlechter Film, aber der Funke will einfach nicht überspringen.

"Hitchcock" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Donnerstag 14 März 2013 um 23:39 von Roland Freist

Bearbeitet: Freitag 15 März 2013 0:40

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