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Filmkritik: "Haywire"

Superwoman schlägt zu

Steven Soderbergh findet offenbar immer mehr Vergnügen daran, sich ein Filmgenre nach dem anderen vorzunehmen. Nach dem Seuchenthriller "Contagion" im letzten Herbst schiebt er nun "Haywire" hinterher, einen Agententhriller mit ausgeprägtem Martial-Arts-Anteil. Mit seinen ausgefeilten Kampfszenen ist der Film auch ein wenig eine Reminiszenz an das Hongkong-Kino vergangener Tage, wenn auch die typischen Massenkeilereien einer gegen alle fehlen.

Das heißt eigentlich müsste es ja eine gegen alle heißen. Denn die Hauptperson ist eine Frau, Mallory Kane, gespielt von der ehemaligen Kampfsportlerin Gina Carano. Mallory ist Mitarbeiterin eines Unternehmens, das vornehmlich für Regierungen Geheimaufträge in aller Welt erledigt. Und das ist tatsächlich alles, was man über die Handlung wissen muss. Der Film folgt seiner Protagonistin zu den Schauplätzen in New York, Barcelona, Dublin und New Mexico und sieht ihr zu, wie sie ihre Gegner mit Fäusten und Füßen bearbeitet und in die Kniekehlen tritt, wie sie ihnen den Arm bricht und immer wieder gegen die Wand knallt. Einige erschießt sie auch einfach nur. Es geht um den rätselhaften Auftrag einer amerikanischen Regierungsorganisation, um mysteriöse Hintermänner (darunter Antonio Banderas mit zotteligem, grauem Vollbart), um viel Geld und um Verrat.

Der Film behält die ganze Zeit einen gleichbleibenden Rhythmus bei, es gibt keine Spannungsspitzen, aber auch keine Ruhepausen. Und er bewahrt eine seltsame Distanz zu den Geschehnissen und seinen Figuren. Es ist nicht viel Dialog zu hören, Mallory ist nicht nur während ihrer Kampfszenen eher kurz angebunden. Die Musik, die während dieser langen, sprachlosen Passagen eingeblendet wird, erinnert stark an die "Ocean’s Eleven"-Filme, ebenfalls von Soderbergh gedreht. Doch es fehlt "Haywire" an der Ironie, die diese Passagen in den Gaunerkomödien zum Vergnügen machte.

Durchaus vergleichbar ist dagegen die Prominenz der Schauspieler. Neben dem bereits erwähnten Antonio Banderas treten Ewan McGregor, Michael Douglas, Bill Paxton und Michael Fassbender auf. Für Gina Carano ist es dagegen die erste Hauptrolle ihrer Karriere. Aber hoffentlich nicht die letzte: Denn nicht nur in den Kampfszenen spürt man, dass hier jemand weiß, was er tut.

"Haywire" kommt einem eher vor wie eine Studie über Action- und Agentenfilme, als dass er selber als ein solcher durchginge. Die erforderlichen Zutaten sind zwar alle vorhanden: Eine Geiselbefreiung, das Ausspähen eines Verdächtigen während einer rauschenden Upper-Class-Party, Verfolgungsjagden durch die Altstädte von Barcelona und Dublin, die Hightech-Gadgets und der Kampf in einem einsam gelegenen Haus, in dem die Heldin nacheinander alle ihre Gegner ausschaltet. Soderbergh weiß, was in einen solchen Film reingehört, doch er verzichtet darauf, spektakulär Neues zu entwickeln. Die originellste Idee dieses Films ist daher die Wahl einer Hauptdarstellerin, einer professionellen Kämpferin, die zudem auch noch aussieht wie eine Mischung aus Superwoman und Kate Beckinsale in "Underworld". "Haywire" gewinnt dadurch einen Hauch von Unernst und Comic-Verfilmung. Zusammen mit der professionellen Kameraführung entschädigt das ein wenig für die insgesamt etwas zu verkopfte Machart.

"Haywire" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Geschrieben am Samstag 10 März 2012 um 16:54 von Roland Freist

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:23

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