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Archiv vom August 2011

Filmkritik: "Cowboys & Aliens"

Geschrieben am Freitag 26 August 2011 um 11:13 von Roland Freist

Colts gegen Strahlenwaffen

Eigentlich müsste der Titel ja "Cowboys & Indianer & Aliens" heißen. Zum einen spielt eine Gruppe von Apachen eine wichtige Rolle, zum anderen, und da lassen Sie sich bitte nichts anderes erzählen, ist dies ein Western, in der lediglich die Rolle der Bösewichte von einer, nun ja, etwas ungewöhnlichen Gruppe übernommen wird. Das aber macht den Film noch lange nicht zu Science-Fiction. Denn ansonsten ist alles da, was zu einem klassischen Western gehört: Ein Fremder, der in eine kleine Stadt reitet, eine Bande von Posträubern, ein überforderter Sheriff (Keith Carradine), ein schmächtiger Arzt mit Nickelbrille (Sam Rockwell), ein reicher Farmer, der mit seinem nichtsnutzigen Sohn (Paul Dano) und seinen Getreuen außerhalb der Stadt lebt, in Wirklichkeit jedoch das echte Machtzentrum bildet, und nicht zuletzt die bereits erwähnten Indianer, die sich um einen stolzen Häuptling (Raoul Trujillo) scharen und natürlich auch einen Medizinmann beschäftigen.

Den Fremden verkörpert der aktuelle Bond-Darsteller Daniel Craig, den Farmer gibt Harrison Ford. Beide spielen die Rolle, die sie am besten beherrschen, nämlich den wortkargen Macho. Der Fremde heißt in Wirklichkeit Jake Lonergan und wird wegen Raub und Mord per Steckbrief gesucht. Als er jedoch zu Beginn in der Wüste aufwacht, kann er sich an nichts mehr erinnern, nicht einmal an seinen Namen. Was er jedoch weiß, ist, dass die enorme Metallmanschette, die er an seinem linken Handgelenk trägt, nicht zur normalen Ausrüstung eines Cowboys gehört. Entfernen lässt sie sich aber auch nicht. Erst als er in die Stadt kommt wird klar, wozu die Manschette da ist. Denn bei einem nächtlichen Ufo-Angriff aktiviert sie sich plötzlich, und Lonergan holt damit eins der Flugobjekte vom Himmel. Das wurde aber auch Zeit, denn die Aliens fingen ansonsten völlig unbehindert die Bewohner der Stadt mit ihren Stahllassos ein und verschleppten sie. Später bestätigt sich, dass sie mit den Menschen das anstellen, was alle Aliens mit Menschen machen, sie führen nämlich allerlei undurchsichtige Experimente mit ihnen durch.

Nach einigem Hin und Her wird schließlich klar, dass die Aliens hier im Westen das Gleiche suchen wie die Menschen, nämlich Gold. Das erfahren die mittlerweile vereint reitenden Cowboys, Indianer & Posträuber von einer Frau namens Ella Swenson (Olivia Wilde, die "Dreizehn" aus "Dr. House"), die sich in der Folge ebenfalls als Außerirdische zu erkennen gibt, allerdings von einem Planeten, den die nun auf der Erde wütenden Aliens bereits ausgelöscht haben. Sie habe die menschliche Gestalt angenommen, um besser akzeptiert zu werden, erklärt sie. Kurz überlegt man sich, ob es in dieser männerdominierten Gessellschaft nicht besser gewesen wäre als Mann aufzutreten. Aber sei's drum.

Diese Spezial-Außerirdische also ist ein netter, kleiner Kunstgriff der Drehbuchschreiber, denn einem Alien können sie alle Eigenschaften zuschreiben, die sie benötigen, um noch einige Lücken in der Story zu schließen. So weiß Ella nicht nur Bescheid über die Ziele und die Schwächen der bösen Aliens, sondern beherrscht Englisch genauso gut wie die Apachen-Sprache, so dass auch gleich noch ein Dolmetscher abfällt. Und natürlich funkt es zwischen ihr und Daniel Craig. Als sie sich später jedoch in einer Szene küssten, fragte ich mich einen Moment lang, ob es auf ihrem Heimatplaneten wohl ebenfalls zwei Geschlechter gibt beziehungsweise gab. Und einmal, wirklich nur einmal möchte ich es erleben, dass der oder die Außerirdische sich in einem solchen emotionalen Moment aus Versehen wieder in seine Originalgestalt verwandelt.

Die ganze Geschichte von "Cowboys & Aliens" ist natürlich bizarr. Doch der Film ist gut gemacht und in vielen Passagen auch durchaus spannend. Er nimmt seine Charaktere ernst, verleiht ihnen eine glaubwürdige Entschlossenheit, und Craig und Harrison sind so gute Schauspieler, dass man ihnen ihre Figuren ohne jeden Zweifel abkauft. Es passt einfach alles: Auch die Nebenrollen sind gut besetzt, die Landschaft ist klassisches Western-Land, die Stadt sieht so aus, wie man sich eine Westernstadt vorstellt, die Kostüme und der allgegenwärtige Staub und Dreck wirken echt, und die Special Effects kommen von Industrial Lights & Magic, der immer noch besten Adresse in diesem Bereich. Und auch die Aliens sind keine Enttäuschung – sie sind groß, erheblich stärker als die Menschen, besitzen einen Panzer und sind darunter schön schleimig.

Jon Favreau wurde als Regisseur bekannt mit den beiden "Iron Man"-Filmen, beide gehören zu den besten Superhelden-Verfilmungen der letzten Jahre. Bei "Cowboys & Aliens" wurde er unterstützt durch Steven Spielberg als ausführendem Produzenten, das Drehbuch stammt von Roberto Orci und Alex Kurtzman, die bereits den letzten "Star Trek" geschrieben hatten. Man merkt dem Film in jeder Phase an, dass hier Profis am Werk waren und alles taten, um einen guten, unterhaltsamen Sommerfilm auf die Leinwand zu bekommen. Und das ist ihnen ohne Zweifel gelungen.

"Cowboys & Aliens" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Samstag 12 Januar 2013 16:13

Chaos Cinema

Geschrieben am Dienstag 23 August 2011 um 11:38 von Roland Freist

Ein scharfsinniger Videoessay von Matthias Stork über die Trends im modernen Actionkino, zuerst veröffentlicht auf Indiewire. Dort findet man den Kommentar auch nochmal in schriftlicher Form zum Nachlesen.

Stork kritisiert zu Recht, dass den Actionfilmen in den vergangenen zehn Jahren die visuelle Verständlichkeit abhanden gekommen ist. Anstatt die Szenen so zu drehen, dass der Zuschauer jederzeit weiß, was wo passiert, wo die Protagonisten stehen und aus welcher Perspektive die Kamera sie zeigt, setzten Regisseure wie Michael Bay heute darauf, dem Zuschauer die Orientierung zu nehmen. Die Actionszenen etwa in "Transformers", "Die Bourne Verschwörung" oder "Déjà Vu" zielten zu diesem Zweck bewusst auf eine Überlastung der Sinne des Zuschauers ab. Das Ergebnis ist ein Filmstil, den Stork "Chaos Cinema" nennt.

Und ich frage mich, ob das Kino damit vielleicht auf die moderne Hightech-Kriegsführung und -Berichterstattung im Irak oder in Libyen reagiert. Denn die Medien, und allen voran das Fernsehen, vermitteln einem nicht zuletzt durch die zunehmende Einbindung privater, nicht verifizierter Videoaufnahmen aus Youtube und nicht überprüfter Aussagen angeblicher Zeugen ebenfalls nur noch das Bild eines völlig undurchsichtigen Chaos anstatt mit Recherchen, Analysen und Hintergrund-Berichten für Orientierung zu sorgen.

Chaos Cinema, Teil 1:

Chaos Cinema, Teil 2:

Bearbeitet: Sonntag 31 Mai 2015 18:53

Filmkritik: "Captain America"

Geschrieben am Freitag 19 August 2011 um 21:22 von Roland Freist

Ein Hänfling rettet Amerika

Nazis! Wunderwaffen! Okkultismus! Dazu ein Held in einem albernen Ganzkörperanzug, der als einzige Waffe einen Schild akzeptiert, den er wie einen Frisbee benutzt – was bitteschön braucht ein Superheldenfilm mehr? Vor allem, wenn er wie "Captain America" noch eine gewisse Ironie beweist und offensichtlich mit viel Liebe zu phantasievollen Designs gestaltet wurde. Dies ist einer der besseren Titel aus der offenbar nicht enden wollenden Reihe von Marvel-Comic-Verfilmungen.

Die angesprochene Ironie liefert allerdings nicht allein die Filmversion. Bereits in der Heftvorlage ist Steve Rogers (Chris Evans) ein Hänfling, dünn, asthmageplagt und mindestens einen Kopf kleiner als die Durchschnitts-Amerikaner um ihn herum. Es ist das Jahr 1941. Zu Beginn der Geschichte sehen wir, wie er gerade zum fünften Mal versucht, die Musterungsprüfung zu bestehen. Wieder einmal vergeblich. Doch diesmal kommt ihm der Zufall zu Hilfe: Der fürs Militär arbeitende Wissenschaftler Dr. Abraham Erskine (Stanley Tucci) hat Rogers beobachtet und erkannt, dass dieser Junge genau das Versuchskaninchen ist, das er braucht. Er will mit einem neuen Medikament und sehr viel Elektrizität – "halb Brooklyn wird eine Weile ohne Strom sein" – aus normalen Menschen Supersoldaten mit übermenschlichen Kräften machen, was ihm in der Folge mit Rogers auch gelingt. Anstatt jedoch das Ergebnis, einen Bodybuilder mit einer geschätzten Größe von 1,90, an die Front zu verfrachten, beschließt die Armee in Gestalt des knarzigen Colonel Phillips (Tommy Lee Jones), aus dem potenziellen Superhelden die Werbefigur Captain America zu machen, die, begleitet von einer Balletttruppe, den US-Bürgern Kriegsanleihen verkaufen soll.

Dass Rogers später dennoch in den Kampf geschickt wird, ist gewissermaßen das Verdienst des Bösen in dieser Geschichte, eines deutschen Offiziers namens Johann Schmidt (Hugo Weaving, der Agent Smith aus "Matrix"), der die geheime Nazi-Wissenschaftsabteilung Hydra leitet und Hitler als Schwächling verachtet. Mit einem mystischen, leuchtenden Würfel, der angeblich von den nordischen Gottheiten stammt, bauen er und sein Wissenschaftsknecht Dr. Arnim Zola (Toby Jones) eine nie versiegenden Energiequelle, die nicht nur Waffen von der Pistole bis zum Panzergeschütz einen mächtigen Bums verleiht, sondern auch Schmidt in Red Skull verwandelt, einen Superschurken mit einem Totenkopf, der im gleichen satten Rot leuchtet wie der Kopf von Uli Hoeneß bei einem 0:3 der Bayern.

Die Figur des Captain America war ursprünglich für die Kriegspropaganda erfunden worden. Dafür ist der Film überraschend unpathetisch. Natürlich gibt es da diesen Steve Rogers, der aus innerer Überzeugung heraus immer wieder erklärt, dass er unbedingt für sein Land kämpfen will. Doch allein schon die Werbeauftritte mitsamt den Ballettszenen in der Provinz machen die romantische Soldaten- und Heldenverklärung zu einem Witz. Zwar bleiben immer noch genügend Szenen übrig, in denen die Hauptfigur in waghalsigen Stunts und unter Einsatz seines Lebens seine durchweg kernigen, sympathischen GI-Kameraden vor dem Tod rettet. Aber das ist dann auch schon wieder so übertrieben, dass es an eine Parodie grenzt.

"Captain America" ist nicht sonderlich spannend, aber gut gemacht und amüsant. Die Atmosphäre der 40er Jahre ist schön nachempfunden, außerdem hat die Design-Abteilung tolle Artefakte geschaffen: Futuristische Nazi-Motorräder, ein U-Boot, das aussieht wie ein Jet, ein riesiges Nurflügel-Flugzeug mit propellergetriebenen, fliegenden Bomben, mysteriöse Strahlenwaffen, versteckte Forts und Fabriken – allein schon das Set-Design muss einen Riesenspaß gemacht haben. Und auch der fertige Film macht Spaß. Regisseur Joe Johnston ("Jumanji", "Jurassic Park III") ist es gelungen, die vielen kleinen Fettnäpfchen, die bei einer solchen Geschichte lauern, souverän zu umgehen. Das Ergebnis kann sich im wahrsten Sinne des Wortes wirklich sehen lassen.

Zum Schluss noch ein Tipp: Bleiben Sie während des Abspanns sitzen, denn danach gibt es noch einen Trailer für "The Avengers", next year’s superhero movie.

Und noch ein Tipp: Sehen Sie sich den Film wenn möglich in 2D an. Die Tickets sind günstiger, und Sie haben nicht die ganze Zeit über den Eindruck, hinter einer grau getönten Glasscheibe zu sitzen.

"Captain America" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Freitag 19 August 2011 21:53

Happy Birthday Steve Martin

Geschrieben am Montag 15 August 2011 um 0:34 von Roland Freist

Mist, schon wieder einen Geburtstag knapp verpasst. Diesmal geht es um Steve Martin, der gestern 66 Jahre alt geworden ist. Nicht gerade mein Lieblings-Comedian, aber in früheren Jahren konnte er wirklich witzig sein, etwa mit "King Tut", seiner Hommage an Pharao Tutanchamun:

Bearbeitet: Montag 02 Dezember 2013 17:37

Filmkritik: "Planet der Affen: Prevolution"

Geschrieben am Freitag 12 August 2011 um 21:33 von Roland Freist

Die Affen rasen durch den Wald

Man kann von diesem Film nicht erzählen, ohne auf das große Vorbild einzugehen. Als Charlton Heston Ende der 60er Jahre auf dem "Planet der Affen" landete, hatten Menschen und Affen ihre Rollen bereits vertauscht: Schimpansen, Orang-Utans und Gorillas regierten die Welt, während die Menschen in den Wäldern hausten, in Zoos gehalten wurden und für wissenschaftliche Experimente herhalten mussten. Ungeklärt blieb, was diese Veränderung ausgelöst hatte, was oder wem die Affen ihren evolutionären Entwicklungssprung verdankten und wie die Menschen ihre zivilisatorischen Errungenschaften eingebüßt hatten.

"Planet der Affen: Prevolution" (nebenbei: ein grauenhafter Titel) zeigt nun, was davor geschah. Der junge Wissenschaftler Will Rodman (James Franco) will ein Mittel gegen Alzheimer entwickeln, getrieben unter anderem von dem Wunsch, seinem Vater (John Lithgow) zu helfen, der an ebenjener Krankheit leidet. In der Biotech-Firma, in der er arbeitet, benutzt er Schimpansen als Versuchstiere. Als eins der Tiere während einer sehr hoffungsvoll begonnenen Versuchsreihe ausrastet und Menschen angreift, ordnet Rodmans Chef (David Oyelowo) an, alle Affen einzuschläfern. Lediglich ein Neugeborenes überlebt, wird von Rodman und seiner Freundin Caroline (Freida Pinto) aufgenommen und auf den Namen Cäsar getauft. Es stellt sich als überaus intelligent heraus und kann offenbar sogar die menschliche Sprache verstehen. Um es kurz zu machen: Nach dem Überfall auf einen Menschen (David Hewlett, der Rodney McCay aus "Stargate: Atlantis") kommt Cäsar in ein Tierheim, kann fliehen, mobilisiert die anderen Affen, und der Kampf beginnt.

Es gibt zwei Argumente dafür, warum man sich "Planet der Affen: Prevolution" durchaus anschauen kann. Das erste ist Andy Serkis. Er spielt den Schimpansen Cäsar, verleiht ihm seine Gesten, seine Bewegungen, seine Mimik. Per CGI wurde anschließend ein Affe daraus generiert. Das Ergebnis ist beeindruckend. Cäsars Charakter-Entwicklung lässt sich an seinen immer klarer und weiter in die Ferne sehenden Augen und an seiner immer aufrechteren und selbstbewussteren Körperhaltung klar ablesen. Cäsar ist ein Menschenaffe, der vom Affen zum Menschen wird, und Serkis zeigt diesen Prozess in einer eindrucksvollen Performance. Übrigens nicht das erste Mal: In Peter Jacksons gleichnamigen Film hat er King Kong verkörpert, und Jackson hatte ihn in "Herr der Ringe" auch schon als den vom Ring der Macht verführten Flussmenschen Gollum eingesetzt.

Das zweite Argument ist, dass "Prevolution" einfach ein gut gemachter Abenteuerfilm ist. Er hat ausgezeichnete Schauspieler, eine nachvollziehbare Story, eine professionell konstruierte Spannungskurve und effektvolle Actionszenen. Nur die, nun ja, Kameraführung geht einem manchmal etwas auf den Keks, die rasanten Fahrten durch die düsteren Gänge des Tierheims oder über und unter der Golden Gate Bridge haben etwas arg Selbstverliebtes und beinahe schon Prahlerisches. Dabei sind zumindest die letztgenannten Szenen erkennbar komplett am Computer entstanden. Das soll keine Kritik an der CGI-Technik sein – viele neuere Filme wären ohne sie nicht möglich gewesen – es geht nur um das Wie ihres Einsatzes.

Und natürlich handelt es sich bei "Prevolution" um reines Popcorn-Kino. Von dem gesellschaftskritischen Ansatz des Charlton-Heston-Films, von der darin geäußerten Angst vor dem Atomkrieg, vor radioaktiver Verseuchung und Zerstörung der Zivilisation, und auch von der Kritik an einer Wissenschaft mit ideologischen Scheuklappen, ist nichts mehr übrig geblieben. So ist einfach nur ein schöner Sommerfilm daraus geworden, einer von der Sorte, bei der man am Schluss auf die Straße tritt und sich erst einmal nach dem nächsten Eissalon umschaut.

"Planet der Affen: Prevolution" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Und weil's so schön war, hier noch einmal die berühmte Schlussszene aus dem Originalfilm. Heute strahlt ihr Pathos allerdings eine unfreiwillige Komik aus:

Bearbeitet: Samstag 13 August 2011 11:02

Alle Cameo-Auftritte von Alfred Hitchcock

Geschrieben am Mittwoch 10 August 2011 um 11:50 von Roland Freist

Bereits 1927 trat Alfred Hitchcock in "Der Mieter" als Statist auf. Was zunächst aus der Not geboren war, wurde bald zu einer Art Running Gag in seinen Filmen. Dieses Video fasst die Szenen zusammen:

Zur Entstehung des Begriffs "Cameo-Auftritt" gibt es hier einen Wikipedia-Artikel. Eine Liste aller Hitchcockschen Cameos findet sich hier.
Bearbeitet: Mittwoch 10 August 2011 12:04

Filmkritik: "Super 8"

Geschrieben am Mittwoch 03 August 2011 um 9:26 von Roland Freist

Unheimliche Begegnung mit E.T., dem weißen Hai

"Super 8" ist der beste Spielberg-Film, den Steven Spielberg nicht gedreht hat. Es ist eine Hommage an die frühen Werke des Meisters, an seine Monster, seine Helden, seine Bösen, an die Art und Weise, wie er Filme macht(e) und die Spannung aufbaut(e) und nicht zuletzt an die Kinder in "Jurassic Park" und, mehr noch, in "E.T.". Und es ist auch eine Geschichte über die Jugend und die ersten Drehversuche von Spielberg, der in Ohio aufwuchs (wo auch der Film spielt) und bereits als Zehnjähriger mit einer Super-8-Kamera herumexperimentierte. Gedreht wurde "Super 8" von J. J. Abrams ("Lost", "Fringe", "Star Trek"), und Spielberg hat ihn als ausführender Produzent unterstützt.

Der Film spielt Ende der 70er Jahre in einer Kleinstadt. Auf den Straßen fahren noch echte Straßenkreuzer, breit und bequem und mit Motoren wie Schiffsdiesel, im Radio laufen Electric Light Orchestra und "My Sharona" von The Knack. Eine Gruppe von sechs Schülern hat sich zusammengetan, um unter der Regie des enthusiastischen Charles einen Zombie-Film zu drehen. Eines Nachts wollen sie mit ihrer Super-8-Kamera ein paar Aufnahmen an einem verlassenen Bahnhof machen, als sie Zeugen werden wie ein Güterzug entgleist. Obwohl – entgleist ist nicht das richtige Wort. Die Lokomotive knallt in voller Fahrt auf einen Pickup-Truck, der sich ihr in den Weg gestellt hat, wird aus den Gleisen gedrückt, die Waggons prallen unter ohrenbetäubendem Kreischen von Metall auf sie, fliegen aus den Gleisen, werden gequetscht und zusammengestaucht und verbogen, Bleche und Träger schnalzen durch die Luft. Der Bahnhof wird komplett zerstört, alles geht in Flammen auf. Eine großartige CGI-Szene. Die Kinder können sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen, müssen jedoch die Kamera zurücklassen. Und die nimmt auf, dass sich aus einem Waggon etwas befreien kann, was in den Biologie-Lehrbüchern bislang fehlte.

In der Folge geht es um die Abenteuer der Kinder. Sie sind vielleicht 13, 14 Jahre alt, fünf Jungs und ein hübsches Mädchen, in das sich nicht nur Charles, der Regisseur, verknallt, sondern auch Joe, der bei ihrem Filmprojekt für Modellbau und Makeup zuständig ist und im Laufe der Geschichte zur Hauptperson wird. Die Zeichen nehmen zu, dass irgendetwas nicht stimmt. Wie in "Unheimliche Begegnung der dritten Art" wird das Elektrizitätsnetz instabil, immer wieder flackern im ganzen Ort die Lichter und fallen stundenlang aus, und man weiß, dass bald etwas passieren wird. Wie in "E.T." kommt das Militär, die Air Force, untersucht die Unfallstelle, riegelt das Gelände ab und beginnt, das öffentliche Leben in der Stadt zu bestimmen. Wie in "E.T." fahren die Kinder mit BMX-Rädern. Wie in "Jurassic Park" kommt es zu einem Angriff des Monsters auf ein Auto, das es schließlich umwirft. Und wie in "Der weiße Hai" ist das Wesen erst zum Schluss in voller Größe zu sehen.

Alles wird zusammengehalten von der Geschichte (und den Geschichten) der Kinder, von ihrer Begeisterung über den eigenen Film, von ihren Schwierigkeiten mit ihren Eltern, von der Romanze zwischen Joe und dem blonden Mädchen mit Namen Alice, von Joes Trauer über den Tod seiner Mutter und von Alices betrunkenem und gewalttätigen Vater. Nur weil man die Hauptpersonen so genau kennenlernt und sich für sie interessiert, können die Actionszenen funktionieren, nicht umgekehrt. Ein Fakt, den Filme wie "Transformers 3" immer wieder vergessen.

"Super 8" ist ein Spielberg-Film reinsten Wassers. Spielberg selbst hätte ihn in seiner besten Zeit vielleicht noch einen Tick besser hinbekommen, hätte das Militär vielleicht etwas weniger martialisch auftreten lassen und die Kinder ein klein wenig kindlicher gezeigt. Aber das sind Kleinigkeiten. Insgesamt ist es ein großer, toller Abenteuerfilm für schöne, warme Sommerabende geworden.

"Super 8" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Alle Michael-Bay-Filme in weniger als einer Minute

Geschrieben am Montag 01 August 2011 um 10:35 von Roland Freist

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