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Archiv vom Juli 2010

Filmkritik: "Moon"

Geschrieben am Dienstag 20 Juli 2010 um 14:58 von Roland Freist

The Dark Side of the Moon

Die Einsamkeit und Isolation von Menschen im Weltall hat Science-Fiction-Autoren und -Regisseure schon immer fasziniert. Filme wie "Lautlos im Weltraum", "Alien" oder auch "2001: Odyssee im Weltraum" gewinnen viel von ihrem Reiz aus dem Umstand, dass die Protagonisten fern von der Erde auf sich allein gestellt sind. Die Funksignale aus der Heimat brauchen Stunden, um sie zu erreichen, Hilfe von der Erde ist, wenn überhaupt, erst nach Tagen oder Wochen zu erwarten. Die Astronauten sind ähnlich abgeschnitten von der Zivilisation wie die Soldaten eines Forts im Indianergebiet.

Die gleiche Grundkonstellation schafft auch "Moon", der erste Spielfilm des britischen Regisseurs Duncan Jones. Er ist der Sohn von David Bowie, der in seiner ersten Hitsingle "Space Oddity" ebenfalls einen einsamen Astronauten auftreten ließ ("Ground Control to Major Tom"). Allerdings hat Jones den Schauplatz seines Films nicht in ein Raumschiff, sondern auf die Rückseite des Mondes verlegt, was jedoch in Sachen Isolation keinen Unterschied macht. Die Hauptfigur Sam Bell (Sam Rockwell) ist dort der einzige Bewohner einer Station, die eine Reihe von Sammlern zum Abbau von Mondgestein steuert. Aus dem Gestein wird Helium-3 gewonnen, das auf der Erde zur Energiegewinnung genutzt wird. Sam ist Techniker, er wartet die weitgehend automatisch arbeitenden Maschinen und schickt das Helium zur Erde. Er hat einen Drei-Jahres-Vertrag, der fast erfüllt ist. In zwei Wochen kann er zurück auf die Erde, wo seine Frau und seine Tochter auf ihn warten. Leider ist die direkte Funkverbindung bereits seit längerer Zeit ausgefallen, so dass er nur per Videobotschaft mit ihnen verkehren kann, was den gleichen Effekt hat, als wenn die Entfernung zwischen Erde und Sam mehrere Millionen Kilometer betragen würde – die Kommunikation wird durch lange Wartezeiten behindert.

Jones hat die Mondstation nach dem Vorbild des Raumschiffs in "2001: Odyssee im Weltraum" gestaltet. Alles ist ganz in Weiß gehalten, die einzelnen Abschnitte der Station sind mit großen Buchstaben-Zahlen-Codes beschriftet, und das Essen holt man sich aus Fächern in der Wand. Und auch ein allwissender Computer fehlt nicht, in diesem Fall heißt er GERTY und wird gesprochen von Kevin Spacey. GERTY ähnelt einem Roboter, kann sich allerdings nicht frei bewegen, sondern hängt in einer an der Decke verlegten Führungsschiene. Er ist eine Art Diener, der Sam auch mal die Haare schneidet oder nachfragt, wie es ihm geht. Sein eigenes Befinden zeigt er mit einem Smiley auf einem kleinen Monitor an.

Eines Tages will Sam einen der großen Gesteinssammler außerhalb der Station reparieren. Doch dann hat er mit seinem Mondfahrzeug einen Unfall und wird bewußtlos. Als er wieder aufwacht, ist er auf der Krankenstation, und GERTY versorgt ihn. Sam kann sich an nichts erinnern. In der Folgezeit stellt er jedoch fest, dass es auf dieser Station Bereiche und Geheimnisse gibt, die ihm bisher verborgen geblieben waren.

"Moon" nimmt nicht nur Anleihen bei "2001", sondern auch bei anderen SF-Klassikern wie etwa "Blade Runner" und der "Alien"-Serie. Aber das ist in Ordnung – wenn gute Ideen von späteren Generationen als Standards akzeptiert werden, müssen die Regisseure das Rad nicht immer wieder von neuem erfinden. Insgesamt ist "Moon" ein feiner, kleiner Film geworden, der ganz nebenbei demonstriert, wie man mit einem intelligenten Drehbuch auch bei einem geringeren Budget optisch und inhaltlich eindrucksvolle Science Fiction schaffen kann.

"Moon" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Sonntag 03 Juli 2011 16:34

Filmkritik: "Predators"

Geschrieben am Dienstag 13 Juli 2010 um 16:45 von Roland Freist

Die Jagdsaison ist eröffnet

Die gute Nachricht zuerst: Es gibt da draußen Planeten, die der Erde so ähnlich sind, dass sie nicht nur die gleiche Schwerkraft und Atmosphäre aufweisen, sondern auch eine identische Pflanzenwelt. Und nun die schlechte Nachricht: "Predators" ist kein besonders spannender, geschweige denn ein guter Film. Daher hat man Zeit und Muße, sich über solche und andere Details und Ungereimtheiten Gedanken zu machen.

So stellt sich beispielsweise heraus, dass sich die Sonne über diesem Exoplaneten nicht bewegt. Warum es dann zum Schluss trotzdem dunkel werden kann, bleibt unklar. Vermutlich weil die Explosionen so besser zur Geltung kommen. Schon die ganze Ausgangssituation ist rätselhaft. Zu Anfang sieht man sieben Männer und eine Frau vom Himmel fallen – die Szene erinnert verdächtig an die erste Folge von "Lost". Mit Mühe und Not schaffen sie es, ihre Fallschirme zu öffnen. Sie landen in einem subtropischen Dschungel und bilden eine Gruppe. Schnell stellt sich heraus, dass keiner weiß, wie er hierhergekommen ist. Offensichtlich hat jemand sie gezielt ausgewählt, denn es handelt sich um Angehörige amerikanischer Spezialeinheiten, einen russischen Tschetschenienkämpfer, einen japanischen Yakuza (der in der Folge, etwas unpassend gekleidet, mit Anzug und Krawatte durch den Wald stapft), ein Mitglied mittelamerikanischer Todesschwadronen und so weiter. Erfahrene Killer eben. Wer sie nach welchen Kriterien ausgesucht hat – ebenfalls unklar.

Klar ist jedoch bald, dass sie in der Tradition der "Predator"-Filme stehen, in deren vorangegangenen Teilen Außerirdische auf die Jagd nach Menschen und einmal auch nach Ridley Scotts Aliens gingen. Dieses Mal haben sie auch ihre Hunde mitgebracht, die ein wenig so aussehen, als hätten sich Dalmatiner Knochenschmuck angelegt. Solche Begleiter wären in einem Wald normalerweise äußerst unpraktisch, da sie mit ihren Hauern ständig im Unterholz hängenbleiben würden. Hat den Regisseur – er heißt übrigens Nimród Antal – aber nicht weiter gestört.

Anschließend tauchen dann ihre Herrchen auf, die außerirdischen Hobbyjäger. Es sind immer noch die gleichen Predators, die wir bereits seit 1987 kennen, als der erste Film aus dieser Reihe ins Kino kam. Leider ist von dessen Spannung nicht viel übrig geblieben. Stattdessen schleppt sich die Handlung so dahin: Zu den Regeln des Genres gehört es, dass eine Figur nach der anderen abgemurkst wird, bis es dann zum Schluss zum Showdown kommt. So auch hier. Und es überrascht auch nicht, dass das letzte Duell von Adrien Brody ("Der Pianist", "King Kong") ausgetragen wird, dem vermutlich bekanntesten Schauspieler in diesem Film.

"Predators" wurde produziert von Robert Rodriguez ("Desperado", "Sin City"), dessen Name in der Werbung deutlich größer gefahren wird als der des Regisseurs. Ihm ist es wohl auch zu verdanken, dass der Film zumindest ein anständiges Budget bekam, so dass die Special Effects größtenteils ganz ordentlich aussehen. Auch Farb- und Bildkomposition sind so, wie man es in solchen Filmen haben will, also düster und geheimnnisvoll. Die Gefahr ist zunächst unsichtbar, dann kommt es immer wieder zu blitzartigen Überraschungsangriffen. Fans von SF- und Dschungelkämpfer-Filmen werden sich "Predators" ohnehin ansehen. Alle anderen können aber abwarten, bis im Fernsehen mal wirklich nichts anderes als Musikantenstadl läuft, und sich dann die DVD ausleihen.

"Predators" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Sonntag 03 Juli 2011 16:34

"El secreto de sus ojos"

Geschrieben am Dienstag 06 Juli 2010 um 17:27 von Roland Freist

Passend zur Fußball-WM ein kurzer Beitrag zu dem argentinischen Film "El secreto de sus ojos" (was auf Deutsch etwa so viel bedeutet wie "Das Geheimnis in ihren Augen"), der bei der diesjährigen Oscar-Verleihung als bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet wurde. Darin gibt es eine spektakuläre Sequenz, bei der die Kamera quasi aus dem Nachthimmel aus einigen Hundert Metern Entfernung auf ein Fußballstadion zuschwebt, einen Spielzug der argentinischen Mannschaft verfolgt und sich anschließend in der Zuschauermenge den Hauptdarsteller herauspickt, um ihn die nächsten Minuten während einer Verfolgungsjagd durch die Katakomben zu begleiten. Tatsächlich sind das Stadion, der Großteil der Zuschauer und auch die Mannschaften auf dem Platz am Computer entstanden. Es handelt sich um den ersten visuellen Effekt dieser Art in der Geschichte des argentinischen Kinos. Die gesamte Sequenz und wie sie entstanden ist dokumentiert eine Webseite der CG Society, der Society of Digital Artists. "El secreto de sus ojos" soll Ende Oktober in Deutschland anlaufen.

Bearbeitet: Sonntag 20 Februar 2011 21:59

Rhythmus und Timing

Geschrieben am Freitag 02 Juli 2010 um 12:03 von Roland Freist

Wie sich die Bilder gleichen: Schaut man sich die beiden folgenden Regisseurs-Duelle an, so wird klar, wie viel bei einem Film von präziser Schnittarbeit und dem richtigen Rhythmus der Bilder abhängt. Und es wird deutlich, wie gut die Coen-Brüder, Tarantino, Kubrick und Martin Scorsese darin sind, ihren Filmen diesen Rhythmus zu verpassen. Gleichzeitig muss man aber auch Leandro Braga Respekt zollen, der diese Filmszenen auf den Punkt genau montiert hat. Besuchen Sie seine Homepage unter http://leandrocopperfield.blogspot.com.

Achtung: Einige der gezeigten Szenen sind recht gewalttätig.

Tarantino vs Coen Brothers:

Kubrick vs Scorsese:

Kubrick vs Scorsese from Leandro Copperfield on Vimeo.

Bearbeitet: Sonntag 31 Mai 2015 18:56

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