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Archiv vom April 2013

Die Drei-Punkt-Landung

Geschrieben am Dienstag 30 April 2013 um 10:57 von Roland Freist

Wenn in dieser Woche der dritte Teil von "Iron Man" in die Kinos kommt, wird man sie mit Sicherheit wieder sehen: die Drei-Punkt-Landung des Helden. Nach einem Sprung oder einer Flugshow erreicht er den Boden auf beiden Füßen und stützt sich vornübergebeugt vorzugsweise mit der rechten Hand ab, während der linke Arm nach hinten gestreckt wird. Anschließend hebt er den zunächst gesenkten Kopf und schaut seinem Gegenüber direkt in die Augen. Einige schöne Beispiele zeigt dieses Video:

Filmkritik: "Mama"

Geschrieben am Samstag 20 April 2013 um 17:23 von Roland Freist

Mutti kommt zu Besuch

Schade. "Mama" ist über vier Fünftel der Zeit hinweg ein gut funktionierender, altmodischer Horrorfilm, mit einem bösen Geist, zwei Kindern, mit denen er kommuniziert, alten, verwinkelten Häusern, einem düsteren Geheimnis, Wahnsinn und Psychiatrie. Doch das letzte Fünftel, die letzten 15 bis 20 Minuten, verdirbt alles. Die ganze wohlige, gruselige Stimmung ist weg, man kommt etwas enttäuscht aus dem Kino und schläft anschließend viel zu gut.

Zu Anfang sieht man einen Mann namens Jeffrey (Nicolaj Coster-Waldau, "Game of Thrones"), der innerlich völlig aufgewühlt seine beiden kleinen Töchter (ein und drei Jahre alt) abholt und mit ihnen in die Wildnis fährt. Er hat gerade seinen Geschäftspartner und seine Frau umgebracht und ist jetzt auf der Flucht. Nachdem ihr Wagen von der Straße abgekommen ist, stoßen die drei auf eine alte, leere Hütte im Wald. Dort will der Mann zunächst die beiden Mädchen und anschließend sich selbst erschießen. Doch wutsch – plötzlich zeigt sich, dass die Hütte doch nicht so verlassen war, wie es anfangs aussah. Anschließend ist Jeffrey tot, und seine beiden Töchter bleiben zusammen mit Was-auch-immer im Wald zurück.

Fünf Jahre später werden die Mädchen gefunden. Sie sind völlig verwildert, verdreckt, sie haben das Sprechen verlernt und laufen auf allen Vieren. Man bringt sie in eine Klinik, wo sich ein Psychiater (Daniel Cash) um sie kümmert. Einige Monate später werden sie ihrem Onkel Lucas übergeben, Jeffreys Bruder, ebenfalls gespielt von Nicolaj Coster-Waldau. Er lebt mit der Rock-Bassistin Annabel (Jessica Chastain) zusammen, Kinder hatten sie bislang keine. Doch die beiden Mädchen werden von jemandem begleitet, den sie "Mama" nennen, der sich aber zunächst nur ihnen zeigt. Und in dieser Patchwork-Familie kommt es dann auch bald zu ernsthaften Konflikten.

Der Film macht vieles richtig. Der Geist ist zu Anfang niemals komplett zu sehen, man kann seine Gestalt anhand von Schattenwürfe etc. nur erahnen (als die Figur dann zum ersten Mal in voller Größe studiert werden kann, lässt die Spannung denn auch prompt deutlich nach). Die Bilder sind sorgfältig arrangiert – sie zeigen immer wieder, dass da noch jemand oder etwas im Haus ist, ohne dass es selbst in Erscheinung tritt. Es gibt viele "Huch!"-Momente, in denen eine blitzschnelle Bewegung den Zuschauer zusammenzucken lässt. Und mit Jessica Chastain ("The Help", "Zero Dark Thirty") hat der Film eine ausgezeichnete Hauptdarstellerin, die so wandlungsfähig ist, dass man ihr den Rollentausch von der Rockerbraut zur liebenden Mutter ohne weiteres abnimmt. Doch das kitschige, völlig übertriebene Ende verdirbt dann alles. Es sieht so aus, als habe Regisseur Andrés Muschietti keine Idee gehabt, wie er der Geschichte ein würdiges Ende geben könnte. Und so entringt sich einem zum Schluss ein tiefer Seufzer, und man verlässt das Kino, noch bevor der Abspann komplett durchgelaufen ist.

"Mama" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Filmkritik: "Oblivion"

Geschrieben am Donnerstag 11 April 2013 um 23:30 von Roland Freist

Tom Cruise räumt die Erde auf

Alles nur geklaut – so hieß einmal ein Hit von den Prinzen. Es könnte aber auch als Motto über diesem Film stehen. Denn nahezu alle Elemente sind wohlbekannt, aus "WALL-E", "Matrix", "Planet der Affen" oder auch "Independence Day". Das muss nichts Schlechtes sein. Lieber schaue ich mir einen Film an, der gute Ideen respektvoll zitiert, als dass ich mich langweile bei einem Streifen, dessen Handlung und Figuren nicht einmal den Anflug eines Gedankens erkennen lassen. Doch die Versatzstücke von "Oblivion" sind einfach nur effekthascherisch aneinandergereiht.

Es geht um einen Techniker namens Jack (Tom Cruise), der wie einst Pixars WALL-E den Auftrag hat, auf einer weitgehend verwüsteten Erde nach dem Rechten zu sehen und alles in Schuss zu halten. Denn nachdem Aliens die Menschheit angegriffen und die Menschen sich mit Atomwaffen gewehrt hatten, besteht der Planet zu weiten Teilen aus einer trockenen Wüstenlandschaft, mit großen, radioaktiv verseuchten Gebieten. Doch immerhin haben die Menschen gewonnen, allerdings zum Preis eines weitgehend unbewohnbaren Heimatplaneten. Bereits seit vielen Jahren läuft die Vorbereitung für die Emigration zum Saturn-Mond Titan. Der Erden-Mond war von den Angreifern im Zuge der Kriegshandlungen zerstört worden.

Jacks Aufgabe ist es, die riesigen Maschinen zu schützen, die nach und nach das Wasser aus den Weltmeeren saugen, um daraus Energie für die neue Heimat zu gewinnen. Sie werden bedroht von versprengten Gruppen der Aliens, die den Krieg überlebt haben und nicht ohne Grund Plünderer genannt werden. Meist sieht man sie nur als schattenhafte Gestalten vorüberhuschen. Nur hin und wieder richten sie sich auf, und man kann einen Helm erkennen, der sie aussehen lässt wie eine Kreuzung aus einem Predator und Darth Vader. Sie werden in Schach gehalten von einigen weitgehend automatisch arbeitenden Drohnen, einer Art fliegenden Kugeln mit hoher Feuerkraft.

Ganz allein ist Jack allerdings nicht. In seiner Basis, einem hoch über den Wolken fliegenden, futuristischen Gebäude lebt er mit Victoria (Andrea Riseborough) zusammen, die in der Hierarchie über ihm steht und ihm seine Aufträge gibt, gleichzeitig jedoch seine Freundin ist. Sie wiederum steht in Kontakt mit Sally (Melissa Leo), die in der zentralen menschlichen Siedlung, einer fliegenden, auf dem Kopf stehenden Pyramide, die Arbeiten überwacht. Eines Tages beobachten Jack und Victoria den Absturz eines Raumschiffs. Als er die Trümmer erreicht, findet er in einer Überlebenskapsel Julia (Olga Kurylenko. "Ein Quantum Trost"), die 60 Jahre im Tiefschlaf zugebracht hat. Gemeinsam mit ihr beginnt Jack, den Rätseln rund um den Krieg gegen die Plünderer auf den Grund zu gehen.

"Oblivion" erfüllt viele der Voraussetzungen für einen guten, klassischen Science-Fiction-Film. Es gibt geheimnisvolle Aliens, Hightech-Fluggeräte, staubige Landschaften, böse Roboter und eine Story, die auf den ersten Blick gar nicht so verkehrt ist. Doch was Regisseur Joseph Kosinski ("Tron Legacy") aus dem Stoff gemacht hat, verströmt über weite Strecken pure Langeweile. Spätestens ab der Mitte des Films möchte man nur noch wissen, wie’s ausgeht, und das möglichst schnell, damit man das Kino endlich verlassen kann. Doch dann geht es noch einmal eine ganze Stunde weiter – die Laufzeit beträgt geschlagene 126 Minuten. Die Handlung schleppt sich quälend langsam dahin und droht immer wieder, in den ausgedehnten Wüstenlandschaften zu versanden. Hinzu kommt ein grundlegender Konstruktionsfehler der Story: Je länger der Film vor sich hin döst, desto mehr Charaktere tauchen auf, darunter beispielsweise Morgan Freeman als Chef einer Untergrund-Bewegung. Doch nun ist die Zeit viel zu knapp, als dass der Zuschauer noch Gelegenheit hätte, diese Menschen kennenzulernen. Und so sind sie einem denn auch ziemlich egal.

Wie anfangs bereits erwähnt, hat Kosinski überall geklaut, und zwar sowohl bei der Story wie auch bei den Bildern. Die Antriebe der Raumschiffe etwa hat er aus "Matrix" übernommen, die dreieckigen Formen der Zentrale aus "Independence Day", die aus dem Sand ragenden Artefakte von New York aus "Planet der Affen". Dieses schamlose Kopieren ist umso verwunderlicher, da Kosinski auch für die literarische Vorlage für "Oblivion" verantwortlich ist, eine gleichnamige Graphic Novel, die Mitte des letzten Jahrzehnts herauskam. Das lässt nur den Schluss zu, dass er sich bereits dort, vielleicht mangels eigener Ideen, bei den filmischen Vorbildern bedient hat.

"Oblivion" war mit Sicherheit nicht billig. Tom Cruise allein dürfte bereits einen zweistelligen Millionenbetrag gekostet haben, und die Special Effects sind, wenn schon nicht originell, so doch wenigstens sauber ausgearbeitet. Vielleicht liegt es daran, dass man dem Autor der Comic-Vorlage auch die Regie anvertraut hat, so dass eine Kontrollinstanz fehlte, die einige Fehler hätte ausbügeln können. Insgesamt bleibt der Eindruck, dass die Chance vertan wurde, einen zwar nicht bahnbrechenden, aber doch wenigstens annehmbaren Film zu drehen.

"Oblivion" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Montag 15 April 2013 17:47

Filmkritik: "Dead Man Down"

Geschrieben am Donnerstag 04 April 2013 um 23:30 von Roland Freist

Die Rache der Entmieteten

Die ungarische Armee muss ein Ausbildungsniveau haben, dass ein Dutzend Soldaten ausreichen dürften, um einen Krieg zu gewinnen. Das ging mir durch den Kopf, während ich "Dead Man Down" sah. Denn der Protagonist dieses Streifens, der von Colin Farrell gespielte Victor, beherrscht den Umgang mit Revolvern, Sturmgewehren, Sprengsätzen und Handgranaten so gut, dass er reihenweise böse Jungs erschießen kann, ohne selbst auch nur eine Schramme abzubekommen. Und als ihn seine Verbündete, eine Frau namens Beatrice (Noomi Rapace) fragt, wo er das denn gelernt habe, erklärt er ihr knapp, er sei bei der ungarischen Armee gewesen. Im Hauptberuf ist Victor ansonsten Ingenieur. Und das Gespräch über seine Kampfkünste ist leider nicht die einzige Stelle, an der man während dieses Films hängenbleibt. Produzent und Drehbuchautor J. H. Wyman hat in den vergangenen Jahren die Mysterie-Serie "Fringe" produziert und teilweise auch geschrieben. Und genauso wie bei dieser Serie gibt es auch bei "Dead Man Down" etliche Momente, in denen man ins Grübeln gerät.

Immerhin ist Victor gebürtiger Ungar, damit ist zumindest die Ausbildung bei der ungarischen Armee erklärt. Vor einigen Jahren wanderte er mit Frau und Kind in die USA aus. Bei einer Entmietungsaktion der rüden Art wurde seine Tochter von einem Schlägertrupp des Hausbesitzers getötet, später ermordeten die gleichen Männer auch seine Frau und richteten Victor so zu, dass sie ihn für tot hielten. War er aber nicht, und nun will er Rache nehmen. Dazu hat er sich in die Bande des Hausbesitzers eingeschlichen, eines Mannes namens Alphonse (Terrence Howard). Nun beginnt er mit der Unterstützung seines Schwiegervaters (F. Murray Abraham), die Männer einen nach dem anderen zu erledigen. Eines Tages wird er dabei von seiner Nachbarin, der bereits erwähnten Beatrice, beobachtet und mit dem Handy gefilmt. Sie wurde vor einiger Zeit von einem Betrunkenen angefahren, seither ist ihr Gesicht von Narben übersäht. Der Autofahrer erhielt jedoch lediglich eine kurze Haftstrafe von drei Wochen. Sie will Rache und erpresst nun Victor mit ihrem Film. Er soll für sie den Fahrer ermorden, anderenfalls will sie mit dem Video zur Polizei gehen.

Fragen tauchen auf: Wie kann es sein, dass sich niemand mehr an Victor erinnert, den renitenten Mieter, den man monatelang aus dem Haus vertreiben wollte? Wieso kam der Gangster in Victors Wohnung und wieso brachte er ihn ausgerechnet dort und noch dazu am Fenster um, so dass Beatrice alles gut sehen konnte? Und wieso betreibt er einen solchen Aufwand, um die Gangster zu ermorden? Er schickt ihnen Teile eines Puzzles, das zum Schluss ein Foto von ihm und seiner Familie ergibt. Ein solches Verhalten passt eher zu soziopathischen Serienkillern. Je länger man über solche Fragen nachdenkt, desto weniger gefällt einem dieser Film. Und wenn man sich dann dem Sog von Handlung und Bildern erst einmal entzogen hat, fällt einem auch auf, dass die Dialoge zum Schluss hin das Niveau eines Grundschul-Lesebuchs erreichen.

Dabei sind einige Sachen recht gut gelungen. Der dänische Regisseur Niels Arden Oplev hatte vor einigen Jahren die Millennium-Trilogie von Stieg Larsson verfilmt, die stark darunter litt, dass etliche der Schauspieler kein internationales Niveau aufwiesen. Noomi Rapace, die Darstellerin der Lisbeth Salander, machte da allerdings eine Ausnahme und konnte sich seither auch in Hollywood etablieren. In "Dead Man Down" zeigt sie ein weiteres Mal, wie wandlungsfähig sie ist – ihre Beatrice ist ein völlig anderer Charakter als die freakige Lisbeth und wesentlich unsicherer und verängstigter als ihre Elizabeth Shaw aus "Prometheus". Um sie herum tauchen etliche Gesichter auf, die vielleicht nicht zu den ganz großen amerikanischen Charakterdarstellern gehören, die jedoch gut und professionell ihren Job erledigen.

Der Film ist in düsteren Farben gehalten, selten sah New York so unattraktiv aus wie hier. Es gibt einige originelle, effektvolle Kameraeinstellungen, die Gesichter sind oft von eindrucksvollen Halbschatten verdeckt. Und bei den Actionszenen können die Stunt- und Kameraleute mal wieder ihr ganzes Hollywood-Können ausspielen. Doch außer der düsteren Stimmung und einigen guten darstellerischen Leistungen bleibt von "Dead Man Down" kaum etwas zurück. Als der Film vorbei war und das Licht wieder anging, stand einige Reihen weiter eine Dreiergruppe auf, schweigend, bis dann der einzige Kommentar kam: "Naja."

"Dead Man Down" in der IMDB

Der deutsche Trailer:

Bearbeitet: Sonntag 27 April 2014 22:44

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